Zum ersten Mal in der Geschichte treten die SCL Tigers und der SC Langenthal im Rahmen einer Playoffserie gegeneinander an. Es ist eines der letzten wahren Derbys im Schweizer Hockey.
Beide Klubs sind im gleichen Jahr (1946) gegründet worden, und seit dieser Gründung sind die Langenthaler von einer Mission beseelt: einmal besser sein als Langnau. Bis heute ist das noch nie gelungen. Einzelne grosse Siege hat es wohl gegeben – aber am Ende der Saison waren die Langnauer bis heute halt immer besser und im Gegensatz zu den Langenthalern haben sie es bis in die NLA, ja bis zum Schweizer Meister (1976) gebracht. Aber jetzt diese goldene Gelegenheit: in einer Playoffserie die Langnauer bodigen. Es wäre der grösste Triumph in der Klubgeschichte. Die Erfüllung eines Traumes. Es wäre vollbracht.
Aber der Traum wird nicht in Erfüllung gehen. Langnau führt bereits 2:0. Mit 10:2 und 9:4 ist Langenthal gedemütigt worden. Und wie einstmals zu Gotthelfs Zeiten wird ordentlich mit Stecken dreingeschlagen. Bisher sind 188 Strafminuten verhängt worden.
Die Aufregung ist so gross, dass sogar Videos verloren gehen. Nach dem 9:4 in Langenthal war der Zorn der Langnauer über die raue Spielweise des Gegners gross. Sportchef Jörg Reber verkündete, man werde Videos einreichen. «Ich bin kein Fan von solchen Aktionen, aber das können wir uns nicht bieten lassen.» Jawohl! Gut gebrüllt!
Den markigen Worten folgten keine Taten. Seine Video-Eingabe kam zwar unverzüglich auf das Onlineportal der nationalen Tageszeitung «Blick», aber dummerweise nie beim Einzelrichter an. Es deshalb bleibt bei der automatischen Spielsperre nach einer Matchstrafe gegen Joël Fröhlicher, Langenthals Mann fürs Sackgrobe.
Jörg Rebers Ausrede: Dummerweise habe Nick Hess, in Langnau für die Bildermaschine verantwortlich, das Video Supervisor Heinz Ramseier statt dem Einzelrichter zugestellt – und dort blieb es dann auch. Erst am Donnerstag, nach mehreren Nachfragen, warum nichts gehe, kamen die Bilder doch noch an der zuständigen Stelle der Liga-Hierarchie an. Viel zu spät – die Eingabefrist war schon am Vortag um 10 Uhr abgelaufen.
Um die Gemüter zu beruhigen und die Peinlichkeit zu mildern, erklärte Einzelrichter Reto Steinmann den Langnauern, er habe nachträglich die Bilder analysiert und er hätte so oder so kein Verfahren eröffnet. Es ging um einen Stockschlag von Anton Ramov gegen Chris DiDomenico.
Sportchef Jörg Reber weiss jetzt wenigstens, dass er die Videos direkt beim Einzelrichter und nicht bei irgendwelchen Funktionären oder beim Online-Portal einer Boulevard-Zeitung einreichen muss. Langenthals Geschäftsführer Gian Kämpf hat Verständnis für die Aufregung. «Ich kann gut nachvollziehen, dass es für die Langnauer eine Zumutung ist, in unserem kleinen Stadion spielen zu müssen. Aber so ist es halt, wenn man in der gleichen Liga spielt …»
Die Frage ist ja schon: Wie kommt es, dass im tiefen Herzen des Schweizer Landes doch noch ein Rest der Derby-Kultur bewahrt worden ist? Heute haben die Bewohner der urbanen Zentren ja kaum mehr eine Vorstellung von der reichen Kultur der echten Dorfrivalitäten. Selbst die Partien zwischen dem SC Bern und den SCL Tigers sind seit Jahren keine echten Derbys mehr.
Aber Langenthal (14'944 Einwohner) und Langnau (8956 Einwohner) sind eben von der Mentalität her keine urbanen Zentren, sondern grosse Dörfer im Emmental und im Oberaargau. In beiden Landesteilen hat einst der grosse Dichterfürst Jeremias Gotthelf gelebt und gearbeitet. Im oberaargauischen Herzogenbuchsee und im emmentalischen Lützelflüh.
Wenn wir «Uli der Pächter» zur Hand nehmen (ein Klassiker der Weltliteratur!), dann verstehen wir, warum die Fetzen zwischen Langnau und Langenthal fliegen, und was ein Derby im Emmental und im Oberaargau bedeutet. Hier der mehr als 150 Jahre alte Bericht über einen sportlichen Wettkampf zwischen Brönzwyl und Erdöpfelkofen in der Region Emmental/Oberaargau – aus der Feder des grossen Dichterfürsten. Mit ein paar sprachlichen Handgriffen wird daraus eine vortreffliche Schilderung, wie es in diesen Tagen zwischen den SCL Tigers und dem SC Langenthal zu und her geht.
«Es war schon lange davon die Rede gewesen, dass die Langnauer und Langenthaler ein Wetthockeylen abhalten sollten. Zur Zeit, als nun die beiden Dörfer miteinander hockeylen wollten, war auch der Dorfhass in vollem Leben. Es war nämlich eine Zeit im Kanton Bern, wo jedes Dorf das andere hasste, jedes Dorf seinen Spottnamen hatte, wo dieser Hass bei jedem Tanz, an jedem Markt und zwischendurch im Jahr noch sehr oft mit Prügeleien neu besiegelt wurde, daher nie veraltete, sondern in seiner gleichen Schärfe von einem Geschlecht zum anderen überging. Damals schlug man sich noch mehr als jetzt, es war ein nationales Schlagen mit Scheitern, Stuhlbeinen, Zaun- und Hockeystecken, und die harten Bernergrinde wurden wohl sturm dabei, aber brachen nicht ein.
Schon lange hatten sie sich während der Qualifikation gegenseitig verhöhnt, ehe man dazu kam, sich im Halbfinale zu begegnen. Nun entstand in beiden Dörfern ein reges Leben, jede Abendstunde wurde zum Training genutzt. Die Alten brummten über viel Zeitversäumnis, sagten voraus, das werde eine schöne Geschichte absetzen, und nahmen doch eifrig Teil an allem. Die Auswahl der Spielenden geschah mit der grössten Sorgfalt und nach langem Prüfen und Wägen; denn die Ehre des Dorfes stand auf dem Spiele.»
Nächste Runde: Freitag, 19.45 Uhr an der Ilfis zu Langnau.
So einen Schwachsinn habe ich noch selten gelesen. Heieiei... "Die Erfüllung eines Traumes. Es wäre vollbracht". Hat ihnen das ein Güggel auf dem Miststock gekräht!?
Ganz ehrlich: Die Serie gegen Tschaux war etwas vom geilsten was ich bis jetzt mit dem SCL erlebt habe. Nicht weil wir gewonnen haben, rein vom emotionalen, stimmungsmässigen und leidenschaftlichen Aspekt her!