So stellt sich der Laie Deutsch gegen Welsch vor. Die Deutschschweizer clever, rau, cool, diszipliniert und berechnend. Die Welschen leidenschaftlich, undiszipliniert, spielerisch spektakulär, naiv und chancenlos. Achtmal hintereinander hatte der SC Langenthal in La Chaux-de-Fonds oben verloren. Aber dieses siebte Viertelfinalspiel gewannen sie gleich 7:3. Torhüter Remo Giovannini liess sechs haltbare Treffer zu. Nun folgt das Halbfinale Langnau gegen Langenthal.
Das Halbfinale beschert den Langenthalern und ihrem Präsidenten Stephan Anliker (er ist auch GC-Präsident) ab Sonntag eine «Jahrhundert-Serie». Noch nie waren die beiden Klubs Gegner in den Playoffs. Beide sind 1946 gegründet worden. Der ewige Traum der Langenthaler ist es, besser zu sein als Langnau.
Für die NLA hat es noch nie gereicht und in der NLB waren sie am Ende der Saison nie besser als Langnau. Aber sie haben in ihrer Zeit in der NLB (1974 bis 1985, seit 2002) einen bemerkenswerten Rekord herausgespielt. Sie besiegten ausser Kloten schon jedes aktuelle Nationalliga-Team in einem Meisterschaftsspiel. Also auch die Titanen Davos, Bern, ZSC oder Lugano. Gegen Kloten war bis heute kein Sieg möglich, weil die beiden Teams noch nie gemeinsam in der gleichen Liga gespielt haben.
Diese Halbfinal-Serie ist ein reizvolles Duell zwischen einem extremen «Erstlinien-Kapitalisten» und einem «Viertlinien-Sozialisten». Langenthal steht und fällt mit seinem ersten Sturm, der besten Angriffsreihe der NLB. Sie stürmt seit vier Jahren in dieser Zusammensetzung.
In der Mitte der Kanadier Brent Kelly (33), auf den Aussenbahnen sein Landsmann Jeff Campbell (33) und der ehemalige SCB-Junior Stefan Tschannen (30). In der Viertelfinalserie gegen La Chaux-de-Fons hat dieses Trio 13 von 23 Treffern erzielt.
Jason O’Leary (36) hat die Mannschaft am 10. Dezember von Cheftrainer Olivier Horak (wird Nachwuchschef) übernommen. Der Kanadier gemahnt an eine sonntagsschultaugliche Light-Version von Chris McSorley. Er hätte auch noch für nächste Saison einen Vertrag als Assistent. Nach der Halbfinal-Qualifikation wird er nun auch nächste Saison Langenthals Chefcoach sein.
Der Kanadier forciert in diesen Playoffs den ersten Sturm extrem. Mit Eiszeiten von mehr als 30 Minuten. Er sagt, das sei für dieses Trio kein Problem. Er habe seine erste Linie in der Qualifikation bei weitem nicht so stark forciert. «Die drei können diese Belastung in den Playoffs gut verkraften. Wenn nicht jetzt die Zeit ist, die besten Spieler zu forcieren, wann dann?»
In Langnau hat der Schwede Bengt-Ake Gustafsson die ausgeglichenste Mannschaft der NLB zur Verfügung. Wie eine grosse, mächtige Hockeymaschine rollten die SCL Tigers durch die Saison und gewannen die Qualifikation mit 23 Punkten Vorsprung auf Martigny. Langenthal auf Rang 6 hatte sogar 36 Punkte weniger.
Scheitern in diesem Halbfinale wäre für die SCL Tigers eine «Jahrhundert-Pleite». Langnaus Problem: Langenthals erster Sturm bekommt so viel Eiszeit, dass es gar nicht möglich ist, eine eigene Linie auf dieses Trio anzusetzen. Die Strategie auf den Gegner auszurichten hiesse, die grösste eigene Stärke, die Ausgeglichenheit, preiszugeben. Es bleibt nur die Flucht nach vorne: Das eigene Spiel von A bis Z mit vier Blöcken durchsetzen und so die Langenthaler zermürben.
Anton Gustafsson, der Sohn des Trainers (er hat eine Schweizer Lizenz), erzielte im Viertelfinale gegen Thurgau sieben Treffer – sechs davon an der Seite des charismatischen und hitzköpfigen kanadischen Topskorers Chris DiDomenico. Aber diese Statistik erweckt einen falschen Eindruck von Langnaus offensiver Feuerkraft. Alle vier Linien können offensiv ein Spiel entscheiden und das Duo Gustafsson/DiDomenico hat höchstens halb so viel Eiszeit wie Langenthals Trio Grande um Brent Kelly.
Die SCL Tigers sind in dieser Saison noch nie gefordert worden. Sie haben von Anfang an die Qualifikation dominiert. Die Viertelfinalserie gegen Hockey Thurgau hat niemand wirklich ernst genommen. In den beiden Viertelfinal-Heimpartien kamen weniger Zuschauer als im Durchschnitt in der Qualifikation. Das Weiterkommen in vier Partien war eine Selbstverständlichkeit. Nun dürften die Emmentaler zum ersten Mal überhaupt gefordert werden. Von einem Gegner, gegen den sie diese Saison immerhin zwei von sechs Partien (4:5, 2:10) verloren haben.
Der Vertrag mit Bengt-Ake Gustafsson ist nach wie vor nicht verlängert worden. Scheitert er gegen Langenthal, dann wird er unverzüglich des Amtes enthoben. Für die Langnauer ist dieses Halbfinale eine Pflichtübung auf dem Weg zurück in die NLA. Sie können nur verlieren. Für die Langenthaler hingegen ist es ein aufregendes Abenteuer bei dem sie nichts zu verlieren haben. Die Langnauer schaffen den Finaleinzug trotzdem glatt in vier Partien.