58 Jahre ist es her, seit England den letzten und einzigen Titel in der Geschichte des Mutterlands des Fussballs holte. 1966 gewannen die «Three Lions» den Weltmeister-Titel im eigenen Land. Das Team um Captain Bobby Moore und Manchester-United-Legende Sir Bobby Charlton setzte sich damals im Final gegen die Bundesrepublik Deutschland durch. Beim 4:2-Sieg nach Verlängerung glänzte Geoff Hurst mit einem Hattrick im Londoner Wembley-Stadion.
Seit da begann die Leidenszeit der Engländer. Bei einer Europameisterschaft stand England erst einmal im Final – an der multinationalen Corona-EM vor drei Jahren. Auch 2021 fand das Endspiel im Wembley statt. Dort mussten sich die Engländer gegen Italien aber im Penaltyschiessen geschlagen geben.
Erfolgreicher sieht es da bei der «Furia Roja» aus. Einmal Weltmeister und dreimal Europameister dürfen sich die Spanier nennen. Zuletzt siegte Spaniens Goldene Generation um Xavi, Iniesta und David Villa zwischen 2008 und 2012 an gleich drei Turnieren hintereinander. Der einzige Verbliebene aus Spaniens Weltmeister-Team von 2010 ist der mittlerweile 38-jährige Jesús Navas.
Vor der Goldenen Generation wurde Spanien schon 1964 an der Heim-EM zum ersten Mal Europameister. In einem Final geschlagen geben mussten sich die Spanier erst einmal. An der EM 1984 in Frankreich verlor man im Endspiel gegen die Gastgeber mit 0:2. Gewinnt die «Furia Roja» am Sonntag, wird Spanien zum Rekord-Europameister. Momentan teilt man sich diesen Titel noch mit Deutschland. Beide konnten bislang an einer EM dreimal triumphieren.
Einen Rekord haben die Spanier schon inne. Die spanische Mannschaft hat bisher jedes seiner sechs EM-Spiele gewonnen, das gelang zuvor noch keinem Team.
Gareth Southgate und Luis de la Fuente starteten ihre Karriere als Nationaltrainer gar nicht so unähnlich. Beide machten den Weg über die Nachwuchsteams ihrer Verbände. Und beide haben in ihrer Laufbahn nie einen grossen Verein betreut und hatten es deshalb nicht immer einfach. Der Fussball der beiden Erfolgstrainer ist dafür sehr unterschiedlich.
De la Fuente erwartet ein «riesiges Spektakel» und will seinen Offensivfussball mit den traumhaften Kombinationen durchsetzen. Der Engländer Southgate liess seine Offensivstars bislang noch kaum von der Leine und setzt auf eine gesicherte Defensive. Für Southgate ist es nach 2021 der zweite EM-Final hintereinander und er will seine 2016 gestartete Mission mit den «Three Lions» endlich mit einem Titel krönen.
Für de la Fuente, der schon mit Spaniens U19 und U21 Titel holte und seit 2022 als spanischer A-Nationaltrainer amtet, ist es die Turnier- und Finalpremiere bei den Erwachsenen.
Der todkranke Fussball-Trainer Sven-Göran Eriksson hat vor dem EM-Finale emotionale Worte an Englands Chefcoach Gareth Southgate gerichtet. In einem im «Telegraph» veröffentlichten offenen Brief mit dem Titel «Lieber Gareth, tu es für mich, Bobby Robson und England» schreibt Eriksson: «Der Job als englischer Trainer bringt einen enormen Druck mit sich. Man hört so viel über 1966 und das Team von Sir Alf Ramsey. Sie wissen, wie gross die Erwartungen an Sie sind, all diese Jahre voller Schmerzen zu beenden. Ich habe es gefühlt. Sir Bobby Robson spürte es. Jeder der 13 Manager seit Sir Alf wird es gespürt haben. Man kann gar nicht hoch genug einschätzen, wie wichtig der Sonntag für die Zukunft des englischen Fussballs sein könnte. Für kommende Generationen. Kleine Jungs und Mädchen werden inspiriert. Dieses Team hat die Chance, dem ganzen Land zu zeigen, dass wir da sind.»
🖊 Sven-Goran Eriksson writes: "History awaits England in Berlin on Sunday – for all the fans, players and managers-past, I hope they beat Spain in Euro 2024 final" #TelegraphFootball | #EURO2024 | #ThreeLions
— The Telegraph (@Telegraph) July 12, 2024
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Der 76 Jahre alte Schwede Eriksson betreute Englands Nationalteam von 2001 bis 2006. Anfangs dieses Jahres machte er seine Erkrankung an Bauchspeicheldrüsenkrebs öffentlich.
Im EM-Final stehen mit Harry Kane und Lamine Yamal gleich zwei Spieler die die Rekorde nur so purzeln lassen. Mit seinem Penalty zum 1:1 gegen die Niederlande traf Kane schon zum sechsten Mal in einem K.-o.-Spiel einer EM. Damit liess er Antoine Griezmann mit dessen fünf Toren hinter sich.
Lamine Yamal brach an dieser EM fast alle Altersrekorde. Jüngster Spieler: 16 Jahre und 338 Tage. Jüngster Torschütze: 16 Jahre und 362 Tage. Diesen Rekord hatte übrigens zuvor der Schweizer Johan Vonlanthen inne. Spielt Yamal im Final, einen Tag nach seinem 17. Geburtstag, wird er auch zum jüngsten Finalspieler einer EM.
Nicht nur der jüngste, auch der älteste Spieler aller Zeiten spielte an dieser EM. Das portugiesische Raubein Pepe war im Spiel gegen Frankreich ganze 41 Jahre und 126 Tage alt. Und Luka Modric wird mit seinem Tor gegen Italien zum ältesten Torschützen einer EM.
Das schnellste Tor aller Zeiten schoss Nedim Baijrami im albanischen Auftaktspiel gegen Italien, dafür brauchte er nur 23 Sekunden. Da kommen einem die 57 Sekunden, die Merih Demiral für sein Tor gegen Österreich brauchte, schon fast lang vor. Trotzdem war es das schnellste Tor in einer K.-o.-Runde einer Europameisterschaft.
Auch die Rekordmaschine Cristiano Ronaldo ging nicht leer aus. Der Portugiese ist der erste Spieler, der bei sechs Europameisterschaften spielte. Ein Rekord wurde Ronaldo aber von Xherdan Shaqiri weggeschnappt. Als einziger Spieler traf der Schweizer Zauberwürfel an jeder WM oder EM seit 2014.
Schauen wir die Finalspiele der letzten 20 Jahre an, werden wir am Sonntag wohl nicht mit einem Fussballleckerbissen verwöhnt, dafür waren die Spiele meist knapp. Nur 2012 beim 4:0 von Spanien gegen Italien ist das Resultat klar ausgefallen. 2004 setzten sich die Griechen mit 1:0 gegen Portugal an deren Heim-EM durch. Genau so hoch gewannen die Spanier gegen Deutschland im 2008.
2016 ging es zwischen Portugal und Frankreich in die Verlängerung, wo Éder die Portugiesen in der 109. Minute zu deren ersten EM-Titel schoss. An der letzten Europameisterschaft im Jahr 2021 setzte sich Italien im Penaltyschiessen gegen England durch.
Aktuell haben sechs Spieler je drei Tore erzielt. Im Final dabei sind noch zwei, Spaniens Dani Olmo und der Engländer Harry Kane. Für den Fall, dass im Final keiner trifft (und auch sonst niemand die Drei-Tore-Marke überflügelt), geht die Trophäe an Olmo, weil er mehr Assists aufweist. Am meisten Tore während einer EM hat 1984 der Franzose Michel Platini erzielt (9). Gefolgt von Landsmann Antoine Griezmann, der 2016 sechsmal traf.
Der Favorit für die Buchmacher heisst Spanien. Die Quote auf einen Sieg der Iberer beträgt bei bwin beispielsweise 1,66, jene der Engländer dagegen 2,2. Die Quoten für einen Sieg bereits nach 90 Minuten betragen bei Spanien 2,45, bei England 3,4. (aargauerzeitung.ch)