Was war das für ein hörbares Aufatmen im Fussballverband, nachdem Murat Yakin im August 2021 die Fussball-Nati übernommen hat. Die toxische Stimmung aus Misstrauen und Kontrolle, die unter Vladimir Petkovic geherrscht hatte, war wie weggeblasen. Yakin kam, gliederte sich ein, nahm sich nicht zu wichtig und gab allen um ihn herum das Gefühl, sich innerhalb der Leitlinien frei bewegen zu können. Das Resultat: Die Nati setzte sich im Kampf um das WM-Ticket gegen Europameister Italien durch.
Yakin war der Held. Selbst in den Augen jener, die ihm stets argwöhnisch begegnen. Vielleicht triggert er gewisse Menschen allein mit seiner lässigen Art. Dabei ist gerade diese Gelassenheit ein Segen. Starspieler verletzt? Dann suchen wir nach Alternativen. Starspieler schimpft über die Trainingsqualität? Kein Konter aus der Emotion, sondern erst mal runterschlucken und danach die Sache ausdiskutieren.
Starspieler nicht in der besten körperlichen Verfassung? Den Spieler nicht fallen lassen, aber ihm unmissverständlich klarmachen, welche Rolle er übernehmen soll. Die Aufregung, weil man gegen Weissrussland, Kosovo und Israel nicht mehr gewinnen kann? Yakin lässt sich nicht verrückt machen und verweist auf die spielerische Dominanz.
Als sich Murat Yakin im Herbst im Auge des Orkans befand, ging fast alles vergessen, wofür er vorher gelobt worden ist: Die sportlichen Erfolge, das Erreichen der Ziele, seine taktische Variabilität, seine Nahbarkeit, seine Empathie und sein Vertrauen in die Menschen um ihn herum.
Die unerbittlichen Angriffe irritierten ihn, doch er liess sich nicht desillusionieren. Stattdessen kämpfte er sich zurück und ist nun als Nati-Trainer so gross wie nie. Aber punkto Gehalt kommt er auch nach der Vertragsverlängerung nicht an Petkovic heran. Die Differenz beträgt immer noch mehrere Hunderttausend Franken.
Yakin könnte den Gekränkten spielen, etwas von fehlender Wertschätzung reden und sich im arabischen Raum nach einem potenten Arbeitgeber umschauen. Doch statt sich selbst zu überhöhen, betrachtet er das grosse Bild. Und das zeigt einen Verband, der unter anderem mit der EM der Frauen vor grossen finanziellen Herausforderung steht. Yakin ist bereit, seinen Beitrag zu leisten. (aargauerzeitung.ch)