Bei der Eröffnungszeremonie der Europameisterschaft in Deutschland schuf Heidi Beckenbauer einen emotionalen Moment. Unter grossem Beifall der 66'000 Zuschauern brachte die Witwe des im Januar verstorbenen Franz Beckenbauer an der Seite der beiden Europameisterkapitäne Jürgen Klinsmann und Bernard Dietz den EM-Pokal auf das Spielfeld.
Heidi Beckenbauer schaute gerührt und mit Tränen in den Augen auf die Tribüne zu den jubelnden Fans. Sie applaudierte und winkte ins Publikum. Zum Abschluss schickte sie einen Handkuss Richtung Himmel.
Heidi Beckenbauer, die Witwe des 'Kaisers', trägt den Pokal ins Stadion. Sie kämpft mit den Tränen, aber sie bleibt der Sieger in diesem Kampf!
— Christian Wiesner (@ChristianHJW) June 14, 2024
Zum Schluss der Gruß nach oben, sie winkt in den Himmel, zu Ihrem Franz.
Der sieht sicher gerade zu, und ist sehr stolz auf sie 😉 ... pic.twitter.com/IBVgHQ8erH
Knapp vier Wochen später ist der EM-Pokal nun am Ort seiner Bestimmung angekommen: Im Berliner Olympiastadion. Dort wird er am Sonntag als Trophäe an den Sieger des Finalduells zwischen Spanien und England übergeben werden. Gesehen hat das Objekt der Begierde fast jeder schon einmal. Doch was genau und welche Geschichte steckt hinter der begehrten EM-Pokal?
Er heisst Henri-Delaunay-Pokal, besteht aus Sterlingsilber und wiegt etwa 8 Kilogramm. Er ist 60 Zentimeter hoch und besticht durch ein schlichtes, aber elegantes Design. Die Trophäe zeigt eine klassische Vase, die auf einem Sockel ruht, der mit Plaketten versehen ist, auf denen die Namen der Gewinnerteams eingraviert sind. Das Design symbolisiert sowohl die Tradition als auch den Fortschritt des Fussballs in Europa.
Benannt wurde er nach dem Franzosen Henri Delaunay, dem ehemaligen Generalsekretär des französischen Fussballverbands und der UEFA, der zuvor selbst Fussballer und Schiedsrichter war. Delaunay gilt als «geistiger Vater» der Fussball-Europameisterschaft. Schon 1927 hatte er bei der Fifa ein Konzept für das Turnier erstellt. Die erste Europameisterschaft gab es dann von 1958 bis 1960. Er selbst erlebte das allerdings nicht mehr, weil er 1955 verstarb.
Seit der EM 2008 wird ein neuer Pokal in neuem Design verliehen, der die gleichnamige Trophäe ablöste. Er ähnelt grundsätzlich dem Vorgängermodell, ist aber etwa knapp 18 Zentimeter grösser und hat keinen Marmorsockel mehr. Dadurch ist er deutlich leichter. Stattdessen wurde der silberne Boden vergrössert. Der alte Pokal wurde ersetzt, um einerseits die Vergrösserung des Turniers auszudrücken.
Zudem war er zuvor der kleinste Pokal der europäischen Turniere. «Als eines der beiden wichtigsten Fussball-Turniere der Welt brauchte die EURO einen grösseren Pokal, der sich auch von den anderen Trophäen abhebt», sagte UEFA-Mediendirektor William Gaillard damals.
Das Original aus dem Jahr 1960, das in Paris von Arthur Bertrand entworfen wurde, war versilbert und kostete damals 20'000 französische Francs. Der neue Henri-Delaunay-Pokal besteht aus Sterling-Silber. Hergestellt wurde er vom Juwelier Asprey. Er kostete die UEFA 15'400 Euro. Der reine Materialwert des Silbers betrug damals rund 3'000 US-Dollar.
Behalten darf der EM-Champion den Pokal übrigens nicht. Denn der gehört als Wanderpokal weiter zum ständigen Eigentum der UEFA. Es gibt aber zwei Ausnahmefälle, in denen der EM-Sieger den Pokal trotzdem mit nach Hause nehmen darf. Sollte eine Mannschaft dreimal in Folge oder fünfmal insgesamt Europameister werden, erhält der entsprechende Verband zumindest eine originalgetreue Nachbildung der Trophäe vom europäischen Fussballverband.
Mit jeweils drei EM-Siegen sind Deutschland (1972, 1980, 1996) und Spanien (1964, 2008, 2012) da am nächsten dran. Spanien, das 2008 übrigens die erste neue Trophäe in Empfang nahm, könnte sich mit dem vierten Triumph am Sonntag zum alleinigen Rekordchampion machen. Für eine eigene Nachbildung des Pokals würde das allerdings trotzdem nicht reichen.