Die letzten acht Spiele alle gewonnen. In der Liga seit elf Spielen ungeschlagen. Die letzte Meisterschafts-Niederlage: am 1. November, vor vier Monaten. Der FC Aarau ist im Hoch und vor der 25. Runde mit dem Heimspiel gegen Xamax (20.15 Uhr) Leader der Challenge League.
«Ich bin ja eigentlich kein Fan von Statistiken, aber solche Zahlen höre ich natürlich gerne», sagte Trainer Brunello Iacopetta in der «Aargauer Zeitung» zur Tatsache, dass die aktuelle Siegesserie die längste des Klubs seit mindestens 44 Jahren ist. «Hätten wir zu Beginn der Saison gesagt, dass wir so etwas erreichen werden, hätten uns wohl ein paar Leute für wahnsinnig gehalten.»
Allerdings galt das Rennen vor der Saison als offen, weil es keinen «Grossen» gibt, der mit aller Macht die Rückkehr in die Super League anstrebt. Der letztjährige Absteiger war kein etablierter Klub, sondern Stade Lausanne-Ouchy.
Trainer Iacopetta, der es als Spieler nicht in den Profifussball geschafft hatte, ist einer der Hauptgründe für Aaraus Erfolg. «Brunello ist für die Spieler wie ein Vater», sagt Angreifer Sofian Bahloul. «Er vermittelt einem die Liebe zur Arbeit und die Lust, sich für das Team und auch für ihn zu zerreissen.» Der Thurgauer lässt seine Mannschaft mit einem 4-4-1-1-System spielen, mit Valon Fazliu als hängende Spitze hinter einem Stürmer. Im letzten Spiel gegen Schaffhausen glänzte Fazliu beim 3:0 als Doppeltorschütze.
Dieser Sieg gegen den Tabellenletzten sorgte dafür, dass der FCA nach bald drei Jahren wieder einmal auf Platz 1 steht. «Reif, abgeklärt und effizient» habe Aarau gespielt, freute sich die Lokalzeitung. Und das mit Akteuren, die keine überzogenen Gehälter beziehen, wie Präsident Markus Mahler betont. «Die Spieler kommen zum FC Aarau und bleiben bei uns, weil sie gerne hier sind. Nicht, weil sie hier am meisten verdienen», sagte Mahler. Die Spielerlöhne lägen im mittleren vierstelligen Bereich.
Die Erfahrung lehrt, dass es wenig Sinn ergibt, in der Challenge League Prognosen zu stellen. Schliesslich war der Klub, der nun vom Leaderthron grüsst, nach sechs Runden dieser Saison noch Letzter. Und gerade der FC Aarau weiss aus leidvoller Erfahrung, dass die Saison erst vorbei ist, wenn der letzte Pfiff erfolgt ist.
Aus den einst «Unabsteigbaren» wurden die «Unaufsteigbaren». 2019 scheiterte Aarau in einer epischen Barrage an Neuchâtel Xamax: Nach einem 4:0-Hinspielsieg verlor es das Rückspiel zuhause 0:4 und scheiterte im Penaltyschiessen. 2022 wurde der FCA Dritter – punktgleich mit Aufsteiger Winterthur und Schaffhausen.
Und so ist die Momentaufnahme zwar verlockend, verleitet aber noch niemandem im und rund ums Brügglifeld zu verfrühten Aufstiegsträumen. Dass Aarau immer noch in seinem Kult-Stadion spielt, daran wird sich in nächster Zukunft nichts ändern. Das Neubau-Projekt «Torfeld Süd», das erfuhr man am Donnerstag, kommt wohl frühestens im Jahr 2033 zustande.
«Ich bin sicher, dass es kommt. Nicht morgen und übermorgen, aber es kommt», sagte Michael Hunziker, der Ex-Präsident des FC Aarau, der als «Mister Stadion» gilt. Noch lange werden sich allerdings nicht Bauarbeiter mit dem Neubau beschäftigen, sondern Juristen. Einsprachen verzögern die Umsetzung.
Das Stadion ist Fluch und Segen zugleich für den Fussballklub. Ein Neubau verspricht mehr Komfort und mehr Einnahmen. Aber das alte Stadion ist als Sehnsuchtsort für Fussballromantiker das Alleinstellungsmerkmal.
Der FC Aarau wird sich neu erfinden müssen, sollte er eines fernen Tages tatsächlich aus dem Brügglifeld ausziehen und in einer modernen Arena ein «gewöhnlicher» Klub sein. Noch ist das genauso Zukunft wie ein Aufstieg im Sommer. Wie beim Stadion gilt auch auf dem Rasen: Wer Geduld hat, wird irgendwann ernten können.
In der Schweiz müsste man nach Volksabstimmungen zu solchen Projekten (es geht ja auch um dringend benötigte Wohnungen!) einen „Fast Track“ einführen für Beschwerden.
Es kann meiner Meinung nicht sein, dass einige wenige Querulanten über mehr als ein Jahrzehnt lang solche Investitionen verhindern können.