Als TV-Zuschauer rieb man sich bei den ersten Achtelfinal-Partien der Euro 2020 die Augen. Tatsächlich sah man richtig: Zahlreiche Werbebanden kamen bei Wales – Dänemark (0:4) in Amsterdam und bei Italien – Österreich (2:1 n.V.) im Londoner Wembley-Stadion im Regenbogen-Look daher.
Manch einer, dem dies auffiel, fragte sich wohl, weshalb die UEFA dies ihren Sponsoren erlaubte. Schliesslich hatte der europäische Fussballverband noch vor wenigen Tagen der Stadt München untersagt, die Fassade der Allianz-Arena für das Spiel Deutschland – Ungarn (2:2) in den Farben des Regenbogens leuchten zu lassen.
Klar, könnte man nun sagen: Wer zahlt, befiehlt. Doch es hat noch einen anderen Grund, weshalb die UEFA das eine verbot und das andere genehmigte.
In München hatte die Stadt den Regenbogen konkret als Protestaktion gegen eine Gesetzesänderung in Ungarn beantragt. Die UEFA lehnte die Anfrage deshalb angesichts des politischen Kontexts ab, da es sich um eine Entscheidung des nationalen ungarischen Parlaments handle. Das Gesetz verbietet es unter anderem, dass Kinder und Jugendliche in Ungarn Zugang zu Büchern oder Filmen haben, in denen andere als heterosexuelle Beziehungen thematisiert werden. Auch Werbung wird verboten, wenn darin Homo- oder Transsexuelle als Teil der Normalität erscheinen.
Die Regenbogen-Bandenwerbungen hingegen nahmen nicht konkret Bezug auf einen politischen Beschluss. Sie sind ein Beitrag der Sponsoren an den «Pride»-Monat Juni, während dem die LGBTQIA-Szene für mehr Toleranz wirbt und die Vielfalt der Gesellschaft feiert.
Zu den Sponsoren, deren Logos und Botschaften am Samstag in Regenbogen-Farben zu sehen waren, gehören Volkswagen, Heineken, Booking.com und Just Eat. Die Hotel-Buchungsplattform Booking.com bestätigte gegenüber «The Athletic», dass ihre Werbebanden bei allen EM-Achtelfinals in diesem Look daher kommen werden – auch heute in der ungarischen Hauptstadt Budapest bei der Partie zwischen der Tschechischen Republik und der Niederlande.
«Jeder Werbepartner kann seine jeweiligen Botschaften und das Design selber bestimmen», heisst es bei der UEFA. «Die Entscheidungen, eine Botschaft der Toleranz und der Inklusion zu übermitteln, werden von der UEFA voll unterstützt. Wir glauben fest an gleiche Rechte für alle.»
Vor dem Verbot der Arena-Beleuchtung in München erlaubte die UEFA unter anderem farbige Captain-Armbänder. So trug unter anderem Deutschlands Torhüter Manuel Neuer den Regenbogen am Oberarm – auch gegen Ungarn. Nachdem der europäische Fussballverband wegen dieser Geste zunächst eine Untersuchung eröffnet hatte, erlaubte sie sie mit der Begründung, Neuer werbe für eine gute Sache.
Hier hat die UEFA allerdings richtig entschieden, da die Stadionbeleuchtung beim Deutschland - Ungarn Spiel ganz klar einen konkreten, politischen Zusammenhang hatte. Die Aktion wurde ja sogar als solche angemeldet.
So sehr ich persönlich die Aktion gut geheissen hätte, die UEFA muss sich gegenüber politischen Aktionen neutral zeigen.
Und überhaupt hat die Bewegung wohl so viel positive Aufmerksamkeit erhalten wie schon lange nicht mehr.
Win - Win Situation für alle Beteiligten (inkl Firmen)!
Aber hier war der Fall für mich immer klar: München hat nicht gefragt: «Dürfen wir zum Pride-Monat Regenbogen-Beleuchtung aufschalten?» München hat konkret gefragt: «Dürfen wir den Ungarischen Politikern mit Regenbogen-Beleuchtung bei GER-HUN eins auswischen?» Das stand so im Antrag.
Wir wissen nicht, wie die UEFA auf Ersteres reagiert hätte, denn das ist nicht passiert. Aber dass sie Letzteres ablehnt, kann ich absolut nachvollziehen.