Wenn Yann Sommer dereinst auf seine grossartige Karriere zurückschaut, könnte der Montag, 7. August 2023, eine grosse Bedeutung haben. Es ist der Tag, an dem sich Yann Sommer aus den Fängen von Bayern München befreit hat. Der Wechsel zu Inter Mailand ist Tatsache. Sommer unterschrieb beim Champions-League-Finalisten (0:1 gegen Manchester City) einen neuen Vertrag.
Details geben die Italiener (noch) keine bekannt. Kolportiert werden drei Jahre uns ein Jahreslohn von rund vier Millionen Euro. Etwas mehr als sechs Millionen Euro zahlt Inter an die Bayern. Der 34-Jährige wird im Tor André Onana beerben, der zu Manchester United wechselte. Knapp zwei Wochen vor Meisterschaftsstart in Italien und Deutschland hat Sommer damit endlich die Gewissheit, wie seine Zukunft aussieht.
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— Inter (@Inter) August 7, 2023
Kurz nach 20 Uhr am Montagabend offizialisiert Inter Mailand den Wechsel. Bereits einige Stunden zuvor verabschiedet sich der Nati-Torhüter via soziale Medien von den Bayern. «Eine aufregende Reise geht zu Ende», schreibt er. Artig bedankt er sich bei allen im Verein und schliesst: «Es war eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde». Allein, ob die Gefühle wirklich so positiv sind, wie das nun tönen mag – Zweifel sind angebracht.
Als Sommer im vergangenen Winter von Mönchengladbach zu Bayern München wechseln durfte, beglückwünschte ihn die ganze Fussball-Schweiz. Es schien, als könne er seine Karriere krönen. Weil sich Manuel Neuer beim Skiurlaub das Bein gebrochen hatte.
Doch es kam anders. Bayern München machte seinem Ruf als «FC Hollywood» alle Ehre. Kaum eine Woche verging ohne Aufreger. Die Unruhe umfasste den ganzen Verein. Und Sommer fand sich mitten im Strudel wieder. Mal war die Kritik an ihm etwas überzogen, mal war sie berechtigt. Sommer selbst empfand sie als «unsachlich», wie er CH Media am Ende der Saison sagte. Am Ende aber bleibt trotzdem dieses Fazit: Sommer war der Herausforderung Bayern München nicht gewachsen.
Es hat kaum geholfen, dass mit Julian Nagelsmann im März der Trainer gehen musste. Und schon gar nicht, dass im Verein von Oliver Kahn, über Hassan Salihamidzic bis zum neuen Trainer Thomas Tuchel jeder mit seinem eigenen Schicksal zu kämpfen hatte. Und vor lauter Schwärmen über Manuel Neuers Fortschritte in der Rehabilitation vergassen, auch einmal dem aktuellen Torhüter Sommer den Rücken zu stärken. Doch Sommer wusste, worauf er sich einliess. Immerhin gewann er mit den Bayern in letzter Sekunde doch noch den Meistertitel.
Der Wechsel nach Mailand wirkt trotzdem wie eine Flucht. Es ist Sommer längst klar geworden, dass für ihn in der neuen Saison bei den Bayern hinter der Galionsfigur Neuer nur die Rolle als Nummer 2 geblieben wäre, sobald dieser genesen ist. Damit wollte und konnte sich Sommer nicht zufriedengeben. Schliesslich geht es für ihn in den nächsten Monaten auch darum, seinen Status als Nummer 1 der Nationalmannschaft zu verteidigen.
Konkurrent Gregor Kobel, Torhüter von Dortmund, macht Druck. Seine Leistungen in der Bundesliga waren zuletzt herausragend. Für Nationaltrainer Murat Yakin bleibt Sommer derzeit die Nummer 1. Das ist verständlich, schliesslich sind Sommers Verdienste für die Nati kaum hoch genug einzuschätzen. Spätestens mit seinem gehaltenen Penalty an der EM 2021 gegen Kylian Mbappé, der die Schweiz in den Viertelfinal brachte, flogen ihm die Herzen der Schweiz zu.
Aber diese Hierarchie lässt sich hinsichtlich der EM 2024 nur rechtfertigen, wenn Sommer regelmässig spielt. Mit der Unterschrift bei Inter Mailand kommt Sommer diesem Ziel ein Stück näher. Und doch bleibt diese eine Frage: Wird er in der Serie A wieder zur alten Stärke zurückfinden? (aargauerzeitung.ch)