Wie so oft in den letzten Jahren kreuzen sich die Wege der Schweiz und Frankreich an einer Endrunde mal wieder. Sechsmal traf die Nati seit 2004 auf die «Equipe Tricolore» – ein Sieg gab es dabei zwar keinen, aber man holte gegen den zweifachen Weltmeister immerhin vier Unentschieden. Das letzte Duell gegen «Les Bleus» ging an der EM 2016 in Frankreich in der Gruppenphase 0:0 aus. Zuvor unterlag die Nati an der WM 2014 in Brasilien mit 2:5 – ebenfalls in der Vorrunde.
Pierluigi Tami ist für den Achtelfinal dennoch verhalten optimistisch: «Der Achtelfinal gegen den aktuellen Weltmeister ist natürlich eine riesige Herausforderung», erklärte der Nati-Direktor noch am Mittwochabend gegenüber SRF. «Wir haben alle gesehen, was für eine individuelle Klasse ihre Spieler haben. Aber wir wissen, was wir tun müssen – die perfekte Leistung abrufen. Es ist für uns eine grosse Chance, denn die Franzosen sind der klare Favorit. Vielleicht liegt uns das etwas besser als ein Gegner auf Augenhöhe. Im WM-Achtelfinal 2014 gegen Argentinien waren wir auch der Underdog und haben dann eine Top-Leistung abgerufen.»
Doch wie gut ist das Frankreich Ausgabe 2021 eigentlich? Über den Gegner, der am kommenden Montag im EM-Achtelfinal der Schweiz in Bukarest gegenüberstehen wird, lässt sich nach den durchzogenen Leistungen an dieser EM kaum etwas Definitives sagen. Die überzeugende Reaktion auf den mageren 1:0-Sieg gegen Deutschland und das enttäuschende 1:1 gegen Ungarn gelang dem Weltmeister trotz einer Steigerung beim 2:2 gegen Portugal erneut nicht. So bleiben viele Fragen offen.
Hat die «Equipe Tricolore» den besten Nationalcoach? In der obersten der Elite der Trainergilde wohnt Didier Deschamps, 1998 auch als Spieler Weltmeister geworden, auf jeden Fall. Hat Frankreich die besten Spieler von hinten bis vorne? Vielleicht. Hat Frankreich die am besten bestückte Ersatzbank? Die wenigsten zweifeln daran. Hat Frankreich eine gute Stimmung in der Mannschaft? Man kann es höchstens von aussen beurteilen und weiss es deshalb nicht.
Der Teamspirit war an früheren grossen Turnieren auch schon die Schwäche. So an der WM 2002 in Südkorea und Japan, als die Mannschaft als Titelverteidiger in den Gruppenspielen ausschied. Oder an der WM 2010 in Südafrika, als sich unter Trainer Raymond Domenech Neid, Missstimmung und Chaos breit machten.
Auch damals verabschiedete sich die Grande Nation mit einem Punkt aus drei Gruppenspielen aus dem Turnier. Didier Deschamps machte 2012 den radikalen Schnitt und baute sukzessiv eine neue und nicht vorbelastete Mannschaft auf. Nicht viele hatten den «neuen» Franzosen zugetraut, dass sie schon acht Jahre nach dem absoluten Tiefpunkt von 2010 wieder Weltmeister werden könnten.
Ein gewisses Risiko ging Deschamps ein, als er dem streitbaren und umstrittenen Real-Madrid-Goalgetter Karim Benzema ein Comeback ermöglichte. Nach dem Gruppensieg lässt sich feststellen, dass Benzemas Nominierung zumindest nicht geschadet hat.
Spricht vor dem Achtelfinal gegen Frankreich überhaupt etwas für die Schweiz? Wenn ja, ist es wohl die Tatsache, dass die Schweizer in der Vergangenheit den Franzosen an Endrunden und in Qualifikationen nicht selten Paroli bieten konnten. Erinnert sei erneut an die beiden 0:0 an der WM 2006 und an der EM 2016. (pre/sda)
Träumen ist erlaubt, verlieren normal, aber ein Sieg würde Legende.