Das einmalige Panorama mit Eiger, Mönch und Jungfrau, strahlend blauer Himmel, Sonnenschein und ein Doppelsieg: Schweizer Sportherz, was willst du mehr? Die Ski-Helden sorgten in Wengen für ein Feuerwerk wie am 1. August.
Marco Odermatt hatte am Freitag für seine Verhältnisse eine Schlappe erlitten. Der Gesamtweltcupsieger der letzten drei Winter belegte im Super-G «nur» Rang 7 beim Premieren-Sieg des Teamkollegen Franjo von Allmen.
Es dürfte Odermatt, der sich bei der Materialwahl vergriffen hatte, umso mehr motiviert haben, sich nach den beiden Abfahrtssiegen im Vorjahr auch in diesem Jahr zum König des Lauberhorns zu krönen. Und der Nidwaldner lieferte. Unmittelbar nach von Allmen machte er es noch ein wenig besser. Dabei schilderte «Odi» im Ziel gegenüber von Allmen, er habe mitgekriegt, dass er Erster sei. «Junge, zehn Sekunden vor dem Start alle: Bestzeit! Bestzeit!», hörte man Odermatt sagen.
Von Allmen gab zu, es sei nach dem Trubel um den gestrigen Sieg nicht einfach gewesen, sich voll fokussieren zu können. «Aber ich sagte mir, dass ich nun niemandem etwas beweisen muss und dass das Wochenende ohnehin schon ein Erfolg ist. Dass es noch einmal aufging, ist Wahnsinn.»
Bevor von Allmen ins Rennen ging, lag immer noch Miha Hrobat in Führung, der Slowene war als erster Fahrer auf den knapp 4,5 Kilometer langen Kurs gegangen. Hrobat fuhr stark und stellte einen neuen Streckenrekord auf. Aber von Allmen lag schon vor dem Hundschopf vier Zehntel voraus und obwohl er nach eigener Aussage das Kernen-S und das Ziel-S nicht optimal fuhr, lag er im Ziel zwei Zehntel vor Hrobat.
Es folgte nach 2:22.95 Minuten noch einmal ein Adrenalinschub. «Wenn du ins Ziel kommst, die Zeit grün leuchtet und alle mit Schweizer Fahnen wedeln, ist das unbeschreiblich», sagte von Allmen im SRF-Interview. «Ich habe es wahnsinnig genossen, auch wenn ich wusste, dass noch einer oben ist, der es heute wahrscheinlich macht.»
Tatsächlich: Der, der noch oben stand, machte es. Und dass er es mitgekriegt hatte, dass Franjo von Allmen die Führung an sich gerissen hatte, gab Marco Odermatt zusätzliche Zuversicht: «Da wusste ich, dass die Piste noch alles zulässt.»
Vor dem Hundschopf lag «Odi» noch hinter dem 23-jährigen Simmentaler zurück. Mit einem starken Kernen-S bog er den Rückstand in einen Vorsprung um und bis ins Ziel nahm er von Allmen insgesamt 37 Hundertstel ab. Als Odermatt die Stöcke in die Höhe streckte und überschwänglich jubelte, ahnte man bereits, dass niemand mehr würde schneller fahren können.
Der überragende Skirennfahrer der Gegenwart gewann zum vierten Mal in Wengen, zum dritten Mal in der Abfahrt. Im Weltcup schafften das bislang erst Beat Feuz und Franz Klammer. Es war Odermatts 43. Weltcupsieg, er baute mit dem Erfolg auch seine Führung im Disziplinenweltcup aus. Ihm auf den Fersen ist Franjo von Allmen – der nun in der dritten Abfahrt in Folge Rang 2 belegte.
Keine Frage: Nach seinem ersten Weltcupsieg am Freitag ist der gelernte Zimmermann reif für einen Abfahrtssieg. «Gestern ging es gemütlich zu und her, heute geben wir mehr Gas», blickte von Allmen den Siegerfeiern entgegen. «Ich muss Franjo nichts zeigen, Party machen kann er schon sehr gut», sagte Odermatt und grinste.
Und während die Schweizer Sportfans mit grosser Vorfreude auf Kitzbühel und die WM in Saalbach hinfiebern können, erlebte Ski-Erzrivale Österreich den nächsten herben Dämpfer. Mit Rang 17 war Otmar Striedinger ihr Bester.
Denn für Vincent Kriechmayr, in diesem Winter eigentlich der einzige schnelle Österreicher, endete das Rennen im Ziel-S im Fangnetz. Der Routinier schien sich beim Sturz am Knie verletzt zu haben und musste gestützt werden, als er aus dem Zielraum humpelte.
Eine Diagnose steht noch aus. Und während Kriechmayr sich wohl schon auf dem Weg nach Hause befand, preschte Lars Rösti mit Startnummer 37 auf Rang 8 vor. Im Schweizer Abfahrtsteam geht derzeit einfach alles auf.
Stell dir vor du freust dich auf ein legendäres Rennen und fährst so gut, dass du es selbst nicht glaubst und dann kommt ein Odermatt und fegt deine Zeit weg als wärst du ein Amateur.
Und dann meint er, dass es ohne Fehler noch schneller gegangen wäre.
Neben der Piste ist er wohl eine der sympathischten Personen der Schweiz aber auf der Piste ist er ein Raubtier, das die anderen grossen Raubtiere zum Frühstück verspeist.
Was für eine geile Saison des Schweizer Teams, speziell im Speed🥳