Als sich alles schon auf eine Verlängerung eingestellt hat, spielt Cole Palmer noch einmal einen wunderbaren Pass in den Strafraum, in welchen Ollie Watkins gerade hineinläuft. Dieser nimmt den Ball an, schirmt Verteidiger Stefan de Vrij geschickt ab und verschafft sich so genau so viel Platz, wie er für seine Drehung in Richtung Tor braucht. Dann zieht er mit dem zweiten Ballkontakt ab und trifft perfekt neben den Innenpfosten – Goalie Bart Verbruggen kommt nicht mehr heran.
Es ist die späte Entscheidung in einem ausgeglichenen Spiel. Nach dem Treffer zum 2:1 für England in der 91. Minute kommt die Niederlande nicht mehr gefährlich vors Tor von Jordan Pickford. Damit stehen die Three Lions im EM-Final, wo sie am Sonntag (21 Uhr, Berlin) auf Spanien treffen.
Dabei war das Team von Ronald Koeman so gut gestartet. Schon nach sieben Minuten schoss Xavi Simons Oranje mit einem sensationellen Distanzschuss in Führung. Der 21-jährige Mittelfeldspieler hatte den Ball zuvor John Stones abgeluchst, auch Goalie Pickford sah beim Schuss in die aus seiner Sicht rechte Ecke nicht einwandfrei aus. Lange mussten sich die Engländer aber nicht grämen.
Denn einige Minuten später wurde Harry Kane im niederländischen Strafraum kurz nach der Schussabgabe von Denzel Dumfries am Fuss getroffen. Schiedsrichter Felix Zwayer entschied nach Konsultation der Videobilder auf Penalty – für das Einsteigen mit offener Sohle sah Dumfries zudem die Gelbe Karte. Kane, der im Viertelfinal gegen die Schweiz vor dem Penaltyschiessen ausgewechselt wurde, liess dem Niederländer Verbruggen mit seinem flachen Schuss direkt neben den Pfosten kaum eine Chance. England war wieder gleichauf.
Und das Spiel wog bis zur Pause weiter hin und her. In der 23. Minute spielte Kobbie Mainoo zwischen zwei niederländischen Verteidigern hindurch auf Phil Foden, der sich behauptete und dem Goalie durch die Beine in Richtung Tor schoss – nur Denzel Dumfries konnte die englische Führung noch verhindern. Mit seiner Rettungstat auf der Linie machte der 28-jährige Verteidiger von Inter Mailand das Verschulden des Penaltys wieder gut.
Wenig später hätte Dumfries dann gar die niederländische Führung wieder hergestellt. Nach einem Eckball von Torschütze Simons köpfte er an die Latte. Auch auf der anderen Seite erzitterte das Gehäuse kurz danach, als Phil Foden den Ball an den Aussenpfosten zirkelte. Der an der EM bisher schwache Manchester-City-Star zwang Verbruggen noch vor der Pause zu einer weiteren Parade.
Diese Kadenz konnten die beiden Halbfinalisten aber nicht aufrechterhalten. Nach der Pause passierte lange nichts. In der 65. Minute reagierte Pickford nach einer Standardsituation stark gegen Virgil van Dijk, und auf der Gegenseite zählte der vermeintliche Führungstreffer von Bukayo Saka in der 79. Minute aufgrund einer knappen Abseitstellung von Vorbereiter Kyle Walker nicht.
Damit blieb es lange beim 1:1 – eine Verlängerung schien anhand der Chancenknappheit in der zweiten Halbzeit beinahe unumgänglich. Doch dann bewies der in der Kritik stehende England-Coach Gareth Southgate ein goldenes Händchen: In der 81. Minute brachte er Cole Palmer und Ollie Watkins für Foden und Kane – und damit die späteren Siegtorhelden.
Niederlande - England 1:2 (1:1)
Dortmund. 60'926 Zuschauer. SR Zwayer (GER).
Tore: 7. Simons 1:0. 18. Kane (Penalty) 1:1. 90. Watkins 1:2.
Niederlande: Verbruggen; Dumfries (93. Zirkzee), De Vrij, Van Dijk, Aké; Schouten, Simons (93. Brobbey), Reijnders; Malen (46. Weghorst), Depay (35. Veerman), Gakpo.
England: Pickford; Walker, Stones, Guéhi; Saka (93. Konsa), Mainoo (93. Gallagher), Rice, Trippier (46. Shaw); Foden (80. Palmer), Bellingham, Kane (80. Watkins).
Bemerkungen: Beide Teams komplett. 30. Kopfball von Dumfries an die Latte. 32. Schuss von Foden an die Latte.
Verwarnungen: 17. Dumfries. 72. Bellingham. 86. Saka. 87. Van Dijk. 91. Simons. (sda)
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Sascha Ruefer: Ja