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NBA: Erst mit 15 entdeckte Joel Embiid den Basketball – nun ist er MVP

NBA, Basketball Herren, USA Portland Trail Blazers at Philadelphia 76ers Mar 10, 2023 Philadelphia, Pennsylvania, USA Philadelphia 76ers center Joel Embiid 21 celebrates win over Portland Trail Blazer ...
Er wurde zum besten Spieler der NBA-Saison gewählt: Joel Embiid.Bild: www.imago-images.de

Erst mit 15 entdeckte er Basketball – nun ist Joel Embiid der beste Spieler der NBA

Dass der Kameruner einmal zum besten Basketballer der Welt werden würde, erschien selbst Joel Embiid fast unmöglich. Mit 29 Jahren ist der Center trotzdem MVP der NBA – am Ziel ist er aber noch lange nicht.
04.05.2023, 16:1304.05.2023, 16:31
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«Der MVP der Saison 2022/23 ist Joel Embiid von den Philadelphia 76ers.»

Als der frühere NBA-Star Charles Barkley dies verkündet, sitzt das gesamte Team der 76ers gemeinsam vor dem Fernseher. Es bricht grosser Jubel aus, «MVP»-Rufe hallen durch den Raum. Nur einer bleibt ruhig sitzen und beginnt gar zu weinen: Joel Embiid.

Der Kameruner, der soeben zum wertvollsten Spieler der Saison gewählt wurde, wird später sagen: «Für jemanden wie mich ist die Wahrscheinlichkeit, diese Auszeichnung zu erhalten, wohl weniger als null.» Immer wieder betont er zudem: «Mein Leben ist wie ein Film.»

Aus dem Camp eines NBA-Profis direkt in die USA

Was er damit meint, wird bei einem Blick auf seinen Lebenslauf schnell klar. Erst mit 15 Jahren begann Embiid überhaupt Basketball zu spielen. Ein Jahr später wurde er dann von seinem Landsmann und damaligen NBA-Profi Luc Mbah a Moute, der in Kamerun ein Basketball-Camp veranstaltete, entdeckt.

Dadurch bekam Embiid die Chance, eine Highschool in Florida zu besuchen, obwohl er noch nicht einmal wirklich Englisch sprach. Die körperlichen Voraussetzungen des schon damals grossen Teenagers waren grossartig, aber seine spielerischen Fähigkeiten waren wenig ausgeprägt. Im ersten Training wurde er von seinen Teamkollegen ausgelacht, woraufhin Embiid darüber nachdachte, aufzuhören. Doch schnell einmal nutzte er das Auslachen als Motivation, sich zu verbessern. Und das tat er dann auch.

Mit 19 Jahren wechselte er an eines der renommiertesten Basketball-Colleges der USA und nach einem Jahr in Kansas meldete er sich für den Draft. Dort wurde er 2014 an 3. Stelle von Philadelphia ausgewählt. Mit dem NBA-Vertrag hörte der schwierige Weg des Centers aber nicht auf – vielmehr stand ihm sein Tiefpunkt noch bevor.

Wenige Monate danach starb sein Bruder Arthur, als der 13-Jährige auf dem Heimweg von der Schule von einem Lastwagen erfasst wurde. «Ich wollte mit dem Sport aufhören und einfach zurück zu meiner Familie», schrieb Joel Embiid vor einigen Jahren bei The Players' Tribune. Sein kleiner Bruder Arthur war Embiid so wichtig, dass er später seinen mittlerweile zweijährigen Sohn nach ihm benannte. Es dauerte eine ganze Weile, bis Embiid die Freude am Basketball wiederentdeckte. Zumal es ohnehin eine schwierige Zeit war.

Der verspätete, aber fulminante Start in die NBA-Karriere

Bereits vor dem Draft hatte das Talent eine Fussverletzung erlitten, die es ihm insgesamt zwei Jahre lang verunmöglichte, sein NBA-Debüt zu geben. Erst zur Saison 2016/17 konnte Embiid endlich auch in der besten Liga der Welt sein Können zeigen. Lange brauchte er nicht, um die Fans in Ekstase zu versetzen. «Ich hatte Angst, dass sie mich ausbuhen würden, weil ich so lange verletzt war, doch dann ist das Publikum völlig ausgerastet», beschreibt Embiid einen der für ihn «besten Momente meines Lebens». Er hatte bereits früh im Spiel seine ersten Punkte erzielt und gleich danach einen gegnerischen Wurf geblockt.

Der erfolgreiche Start in Embiids NBA-Karriere.Video: YouTube/NBA

In wenigen Sekunden hatte Embiid gezeigt, was Mitspieler, Gegner und auch Fans von ihm erwarten dürfen: Dominanz an beiden Enden des Courts. Ab seiner Rookie-Saison skorte der 2,13-Meter-Hüne nie weniger als 20 Punkte pro Spiel, in den letzten beiden Jahren war er mit jeweils über 30 Zählern gar der beste Skorer der NBA. Gleichzeitig gehört er aber auch zu den besten Verteidigern der Liga und krallt sich seit Jahren eine zweistellige Anzahl an Rebounds pro Partie.

Embiid hielt sich allerdings regelmässig mit Nebenschauplätzen auf, legte sich mit Gegenspielern an oder machte sich über diese sowie die gegnerischen Fans lustig. Ausserdem verpasste er noch immer viele Spiele wegen Verletzungen, auch in den Playoffs. Im Frühling 2020 kam es dann zu einem einschneidenden Erlebnis. In Spiel 7 des Playoff-Halbfinals unterlag Philadelphia den Toronto Raptors, die später Meister wurden, durch einen Wurf in allerletzter Sekunde.

Kawhi Leonard beendet die Saison der Philadelphia 76ers.Video: YouTube/Bleacher Report

Nach dem Spiel brach Embiid in Tränen aus. Der Gedanke, einen potenziellen Titel verspielt zu haben, brannte sich bei ihm ein. Also sagte er sich: «Fertig mit dem Trash-Talk, den Memes und diesem Zeug.» Er hatte nur noch eines im Kopf: «Ich will einen verdammten Titel gewinnen.»

Nun ist er erstmals zum MVP gewählt worden. Auch diesen Titel wollte er unbedingt, nachdem er in den letzten zwei Jahren hinter Nikola Jokic zweimal Zweiter geworden war und viel Unverständnis darüber geäussert hatte. Am Ziel ist er deshalb aber nicht. «Wir haben fünf Minuten, um zu feiern, und dann müssen wir uns wieder auf die Playoffs fokussieren.» Dort ist Philadelphia im Playoff-Viertelfinal nach zwei Spielen in der Best-of-7-Serie gleichauf mit den Boston Celtics. Nach einer Verletzung kehrte Embiid zur zweiten Partie zurück, konnte die deutliche Niederlage aber nicht verhindern.

Dennoch sind die Chancen, endlich diesen «verdammten Titel» zu gewinnen, wohl so gut wie lange nicht. Seit mittlerweile 40 Jahren warten die Sixers auf einen Triumph in der NBA. Nun könnte ausgerechnet jemand wie Joel Embiid diesen Titel nach Philadelphia bringen. Die Wahrscheinlichkeit dafür scheint geringer als null, doch der 29-Jährige hat sich ja bereits selbst bewiesen: «Unwahrscheinlich heisst nicht unmöglich.»

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quelle: ap/ap / nick ut
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7 Kommentare
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Sitzplätzler
04.05.2023 16:50registriert April 2017
Wird selber ausgelacht in jungen Jahren und macht genau das Selbe später auch...toll.
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