Es gibt leichtere Aufgaben für Medienschaffende, als mit Lara Gut-Behrami in ein Gespräch zu kommen. Umso schwieriger wird es, wenn die Ergebnisse nicht grossartig sind. Als die Hundertstel an der WM in Méribel nicht auf ihrer Seite waren und sie die Medaillen in Super-G und Riesenslalom knapp verpasste, wollte sie im Anschluss nicht darüber sprechen. Tage später erklärte sie sich dann ausführlich via Videocall. Lieber wolle sie nichts sagen nach den Rennen als irgendeinen Quatsch, so die Kernaussage.
In Andorra, wo die Weltcup-Saison in dieser Woche ein Ende findet, schien es so, als würde Gut-Behrami auch im Vorfeld der Rennen nicht reden wollen. Vor dem ersten Abfahrtstraining am Montag meldete der Medienbetreuer von Swiss-Ski, dass er nicht garantieren könne, ob sich die Tessinerin Zeit für Interviews nehme. Dann startete sie mit Nummer 14, verpasste ein Tor und klassierte sich auf Platz 12. Im Zielraum hatte sie es aber doch nicht so eilig, wie befürchtet. Gut-Behrami redete. Und sagte unter anderem: «Es war alles andere als einfach.»
Die Bedingungen beim Weltcup-Final in Andorra sind ausgesprochen frühlingshaft. Am Montag stiegen die Temperaturen in El Tarter, wo die Speedrennen stattfinden, auf milde 18 Grad. Die Abfahrtsstrecke, eine Piste mit vielen Gleitpassagen, wurde mit Salz behandelt und somit zur erwartet schmierigen Unterlage. «Ich kann mich nicht erinnern, jemals auf einer mit Salz behandelten Piste eine Abfahrt gehabt zu haben», sagte Gut-Behrami danach. «Aber es war wichtig, dass wir überhaupt ein Training hatten», fügte sie hinzu.
Gut-Behrami wird Ende April 32 Jahre alt. In ihrer Karriere hat sie 340 Weltcup-Rennen angehäuft. Mit beinahe jeder Skistation verbindet sie mittlerweile eine Geschichte. Als sie in der Saison 2007/08 noch zwischen Europacup und Weltcup tingelte, gewann sie in Soldeu, da wo die technischen Disziplinen beim Final stattfinden, ihren ersten Europacup-Riesenslalom.
Zur Strecke von Soldeu sagte sie: «Es ist einer der schönsten und schwierigsten Riesenslalom-Hänge überhaupt. Toll wäre, wenn wir dieses Rennen regelmässiger hätten.» Letztmals schaffte es Andorra 2019 in den Weltcupkalender. Aktuell gibt es eine Bewerbung für die WM 2029.
Gut-Behrami kam am Sonntag in Andorra an. Der Abstecher zuvor ins schwedische Are verlief etwas enttäuschend. Nach wenigen Sekunden war der erste Lauf des Riesenslaloms bereits wieder vorbei für sie, weil sie ein Tor verpasste. Eigentlich wäre der Riesenslalom im laufenden Winter ihre beste Disziplin. Im ersten Rennen der Saison siegte sie, drei weitere Podestplätze kamen hinzu. Wahrscheinlich hätten mehr Glück und eine weniger überragende Mikaela Shiffrin bereits gereicht, um im Kampf um die kleine Kristallkugel noch eingreifen zu können. Doch vielleicht sind solche Überlegungen auch unsinnig, oder eben Quatsch.
Nicht nur theoretische Chancen auf eine Kugel hat sie hingegen noch im Super-G. Es ist die einzige Entscheidung bei den Frauen, die noch nicht gefallen ist. Die Italienierin Elena Curtoni (332 Punkte) liegt ein Rennen vor Schluss 19 Punkte vor Gut-Behrami (313 Punkte). Die Konstellation verspricht Spannung, die ersten fünf Fahrerinnen liegen innerhalb von 44 Punkten.
Am Donnerstag steht der letzte Super-G der Saison auf dem Programm. Auf die Ausgangslage angesprochen, machte Gut-Behrami reflexartig einen Schritt zurück im Zielraum. Dann sagte sie, kaum mehr hörbar: «Ich hätte sicher nichts dagegen. Aber ich will nicht über den Super-G reden.»
Das Wetter könnte ebenfalls noch Einfluss nehmen in dieser Woche. Nebst den warmen Temperaturen ist für Dienstag Regen vorausgesagt. Das zweite Training dürfte auf der Kippe stehen. Nebst der sulzigen Unterlage machten den Athletinnen aber auch starke Windböen zu schaffen. An Gut-Behrami soll es zumindest nicht liegen. Energie sei trotz der langen Saison immer noch vorhanden, sagte sie. «In Kvitfjell hatte ich zuletzt etwas Mühe. Aber jetzt geht es schon viel besser.»
Wie lange ihr Körper den Belastungen noch standhält, scheint offen. Vor der Saison, als die Reisestrapazen des Weltcups noch nicht spürbar waren, sagte sie, sie könne sich vorstellen, bei den Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina an den Start zu gehen. Mitte Saison buchstabierte sie wieder zurück und meinte, 2026 käme nicht mehr in Frage. Kürzlich sprach sie von zwei Jahren, die sie gerne noch machen würde. Also bis zur nächsten WM, 2025 in Saalbach-Hinterglemm. «Dann glaube ich, dass es vorbei ist», sagte sie.
Die Fragen im Zielraum dürfte sie nicht vermissen. (aargauerzeitung.ch)
"Was nehmen sie sich vor im zweiten Lauf, greifen sie an?"
Bei so einer Frage würde ich antworten, dass ich nur Abrutschen wolle.