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«Mach et, Otze!» Kölns Ordenewitz will sich in den Pokalfinal tricksen

Ordenewitz muss unter die Dusche.
Ordenewitz muss unter die Dusche.bild: youtube
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«Mach et, Otze!» Kölns Ordenewitz will sich in den Pokalfinal tricksen

7. Mai 1991: Frank Ordenewitz sieht im Halbfinal des DFB-Pokals Gelb und wäre deshalb im Final gesperrt. Also holt er sich Rot, damit er seine Sperre in der Liga absitzen kann. Trainer Erich Rutemöller gibt grünes Licht: «Mach et, Otze!» Doch der Schuss geht nach hinten los.
07.05.2024, 00:0106.05.2024, 13:49
Ralf Meile
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Es ist ein Platzverweis, bei dem sich wohl viele der 36'000 Zuschauer im Müngersdorfer Stadion an den Kopf greifen. Der 1. FC Köln führt im Halbfinal des DFB-Pokals gegen den MSV Duisburg mit 2:0, nur noch ein paar Minuten sind zu spielen. Da schlägt der Kölner Frank Ordenewitz, bereits verwarnt, den Ball nach einem Schiedsrichterpfiff weg:

Für sein scheinbar unmotiviertes Ballwegschlagen sieht «Otze» Gelb-Rot. Der Final ist futsch.

Ist er eben nicht! Denn die Aktion ist sehr wohl motiviert, im höchsten Masse gar. Grund dafür ist das Reglement, das der 26-Jährige haargenau kennt. Ordenewitz hat in der ersten Halbzeit schon Gelb gesehen und weil es im Verlaufe des Pokalbewerbs seine zweite Verwarnung ist, wäre er für das Finale gesperrt.

«Da hab ich gesagt: ‹Mach et!›»

Der Stürmer weiss: Wird er vom Platz gestellt, dann kann er die Sperre in der Liga absitzen und im Pokalfinal dabei sein. Also kündigt er seinem Trainer während eines kurzen Unterbruchs eine Viertelstunde vor dem Abpfiff an, einen Platzverweis zu provozieren.

Frank Ordenewitz Köln
Ordenewitz in seiner Zeit bei Köln.Bild: Getty

Doch es will einfach nicht gelingen, ganz gleich, wie rustikal Ordenewitz einsteigt. Als sich in der 85. Minute eine weitere, «schmerzfreie» Gelegenheit dazu bietet, packt Ordenewitz auch diese beim Schopf. Und endlich klappt es: Er schlägt einen Ball weit weg, holt sich so eine zweite Gelbe Karte ab und geht frühzeitig unter die Dusche.

Das sagt «Otze» selbst darüber.Video: YouTube/Werder TV - Archiv

Ordenewitz versteckt sich im WC

Doch der Plan geht nicht auf. «Otze hat mit mir kurz gesprochen», erzählt Kölns Trainer Erich Rutemöller nach dem Spiel brühwarm. «Ich meine, man sollte ihm die Chance nicht nehmen, ins Pokalendspiel zu kommen. Da hab ich gesagt: ‹Mach et!›»

Frank Ordenewitz
2 Länderspiele, Deutscher Meister 1988 mit Werder Bremen, 274 Bundesliga-Spiele für Bremen, Köln und den HSV, 1994 Torschützenkönig der japanischen J.League.

Ausgerechnet «Otze» erhält drei Jahre vor dem Trick den Fairplay-Preis der FIFA. Damals noch mit Bremen gegen Köln gesteht er dem Schiedsrichter ein Handspiel im eigenen Strafraum, woraufhin es einen Penalty für den Gegner gibt.

Oben auf der Tribüne hatten die Kölner Bosse den Braten natürlich gerochen und sofort in die Wege geleitet, dass Ordenewitz selber nicht mit den Reportern spricht. Aber zu spät. Noch bevor sich der Stürmer auf der Toilette versteckte, um Fragen aus dem Weg zu gehen, verneint er gegenüber einem Journalisten, dass er absichtlich vom Platz flog: «Dann wäre ich ja schön dumm gewesen, denn so bin ich ja in der Bundesliga gesperrt und mir entgeht da sicherlich auch einiges an Prämie.»

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Eine zu ehrliche Haut: Kölns damaliger Trainer Erich Rutemöller.Bild: www.imago-images.de

Der Schuss geht nach hinten los

Ob es die naive Aussage von Trainer Rutemöller war, die den DFB tätig werden lässt? Der Verband hält jedenfalls gar nichts von der Kölner Taktik. Er sperrt Frank Ordenewitz wegen unsportlichem Verhalten fürs Pokalendspiel und Erich Rutemöller muss eine Strafe von 5000 Mark bezahlen.

«Die Regel ist nun mal da und danach haben sich alle zu richten. Wir haben versucht, sie ein wenig zu umgehen und letztlich kann das nicht fair sein», gibt Rutemöller danach zu. Der 1.FC Köln verliert den Pokalfinal gegen Werder Bremen schliesslich ohne «Otze» im Elfmeterschiessen.

Trainer Rutemöller wird nach fünf Remis zum Start der neuen Saison und einer 0:4-Klatsche gegen Nürnberg entlassen. Er arbeitet danach noch kurz für Hansa Rostock, bevor er sich aus der Bundesliga zurückzieht und erklärt: «Ich glaube nicht, dass ich mich in diesem Haifischbecken auf Dauer durchgesetzt und wohlgefühlt hätte», sagt er: «Das war nicht meine Welt.»

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