In der Hafenstadt Hakodate im Norden Japans spielten sich vor einer Woche unschöne Szenen ab. Millionen von toten Fischen wurden an den Strand gespült und bildeten einen fast undurchsichtigen Teppich. Die Szenen ereigneten sich am 7. Dezember und Behörden glauben, dass mehr als 1200 Tonnen tote Fische angespült wurden.
Bei den Fischen handelt es sich fast ausschliesslich um Makrelen und Sardinen. Beides sind Arten, die grosse Schwärme bilden und sich vorwiegend in küstennahen Gewässern aufhalten. Lokale Behörden raten vorerst vom Verzehr der Fische ab, da die genaue Ursache des Fischsterbens noch nicht abschliessend geklärt ist. Derweil häufen sich besonders auf sozialen Medien die Spekulationen.
Im Internet grassiert die These, die Ursache des Fischsterbens sei auf die Freisetzung von Kühlwasser in Fukushima zurückzuführen. Auch das britische Newsportal Daily Mail veröffentlichte einen Artikel, der auf einen möglichen Zusammenhang hinweist.
Seit der Katastrophe vor zwölf Jahren werden die zerstörten Reaktoren nach wie vor mit Wasser gekühlt. Dieses kontaminierte Kühlwasser sammelte der Betreiberkonzern TEPCO bisher vor Ort in grossen Wassertanks. So haben sich über die Jahre über 1000 Tanks mit einer Wassermenge von über 500 olympischen Schwimmbecken angesammelt. Im August dieses Jahres gab TEPCO bekannt, dass sie aus Platzgründen anfangen werden, das Kühlwasser nach einer Aufbereitung schrittweise ins Meer zu leiten.
Durch die Filtration werden fast alle Schadstoffe aus dem Wasser entfernt, nicht aber das radioaktive Wasserstoffisotop Tritium. Dieses auch in natürlichem Meerwasser vorkommende Isotop lässt sich bisher mit keinem Verfahren herausfiltern, weshalb das Kühlwasser stattdessen verdünnt freigesetzt wurde.
Dadurch liegt die Konzentration laut der Atombehörde IAEA aber noch deutlich unter dem Grenzwert für Trinkwasser und die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass dieses Vorgehen unproblematisch sei.
Trotzdem gab es vereinzelt kritische Stimmen, die sagen, dass das Einhalten von Grenzwerten nicht automatisch unbedenklich sei, da diese Grenzwerte laufend dem neusten Stand der Wissenschaft angepasst werden und es in diesem Fall noch zu wenig Daten gebe.
Auch Nachbarländer wie China und Korea kritisierten das Vorgehen und China verhängte sogar ein Importverbot für Meerestiere aus Japan. Dies, obwohl auch chinesische Atomkraftwerke in der Vergangenheit auf ähnliche Weise Kühlwasser ins Meer leiteten.
Mit dem aktuellen Fischsterben wurde die Kritik besonders in den sozialen Medien wieder lauter, es gibt aber keine Beweise, die einen Zusammenhang zwischen dem aktuellen Fischsterben und dem Kühlwasser belegen könnten.
Die unbefriedigende Antwort ist wie so oft: Wir wissen es nicht sicher. Bekannt ist, dass es bereits zuvor ähnliche Massensterben von Fischschwärmen gegeben hat. So zum Beispiel im Februar dieses Jahres in Itoigawa (JP) oder im Juni in Quintana Beach (USA).
Dafür gibt es verschiedene mögliche Ursachen. Ein Schwarm kann zum Beispiel von Fressfeinden wie Delfinen oder Thunfischen an Land gejagt werden. Auch plötzlich kühlere Wassertemperaturen können den Fischschwärmen Probleme bereiten und umgekehrt kann auch zu warmes Wasser manchmal nicht genug Sauerstoff binden.
Besonders in diesem Jahr beobachteten Forscher ausserdem einen besorgniserregenden Anstieg der durchschnittlichen Meerestemperatur. Dieser lässt sich leider nicht allein durch das aktuell wieder startende Wetterphänomen El Niño erklären, welches ebenfalls zu höheren Meerestemperaturen führt. Durch die hohen Temperaturen geraten unzählige Arten unter Druck und es wird vermutet, dass sie auch zu untypischen Migrationen von Fischschwärmen hin zu kälteren Gewässern führen.
(msh)