
Microsoft-Chef Satya Nadella will bis 2050 sämtliche seit 1975 verursachten CO2-Emissionen kompensieren.Bild: AP/AP
Am WEF in Davos stellt das Klima einen Schwerpunkt dar. Im Vorfeld haben gewichtige Player der Wirtschaft mit Warnungen vor einer Klimakatastrophe und Ankündigungen für Aufsehen gesorgt.
22.01.2020, 10:2922.01.2020, 18:43
Greta Thunberg war nicht in Feierlaune, als sie am Dienstag ihren ersten Auftritt am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos hatte. Das mag daran gelegen haben, dass die schwedische Klima-Aktivistin tags zuvor noch krank im Bett hatte liegen müssen. Es war aber auch der aus ihrer Sicht mangelnde Fortschritt beim Klimaschutz, der Thunberg umtrieb.
Zwar sei das generelle Bewusstsein für die Klimakrise gewachsen, führte die Vorzeigefigur der Schulstreikbewegung aus: «Klima und Umwelt sind dank den jungen Leuten ein heisses Thema geworden.» Allerdings sei dies keineswegs ein Grund zu überschwänglicher Freude. Auf politischer Ebene sei faktisch nichts getan worden, um den Klimaschutz zu stärken.

Greta Thunberg krisitierte am WEF die fehlende Aktivität beim Klimaschutz.Bild: KEYSTONE
Indirekt war dies wohl ein Fingerzeig an die Adresse des Klimaleugners Donald Trump, der sich zur gleichen Zeit im Anflug auf Davos befand. Primär aber dürfte Greta Thunbergs Kritik auf das faktische Scheitern der Klimakonferenz in Madrid im Dezember gezielt haben. Politisch tut sich tatsächlich bedenklich wenig, doch in der Wirtschaft sind Ansätze für ein Umdenken erkennbar.
Am WEF 2020 stellt das Klima einen Schwerpunkt dar. «Hier in Davos werden wir dieses Jahr den Durchbruch erreichen», kündigte Gründer Klaus Schwab am Sonntag in der SRF-«Tagesschau» an. In Zukunft müsse man nicht nur wegen den finanziellen Zahlen Rechenschaft ablegen, «sondern auch über unser Umweltverhalten und unser soziales Verhalten».
Im Prinzip handelt es sich um das vollmundige Schwadronieren, für das Schwab hinlänglich bekannt ist. Gemessen an seinen Ansprüchen müsste dies bereits seit Jahrzehnten der Fall sein, nicht erst 2020. Und doch haben im Vorfeld des WEF gleich mehrere gewichtige Player mit Warnungen und Ankündigungen zur Klima- und Umweltthematik für Aufsehen gesorgt.

Blackrock-Chef Larry Fink verlangt mehr Einsatz gegen den Klimawandel.Bild: Evan Agostini/Invision/AP/Invision
- Larry Fink, der Chef des weltgrössten Vermögensverwalters Blackrock, hat in einem Schreiben von den Chefs grosser Konzerne mehr Einsatz gegen den Klimawandel gefordert. Er drohte ihnen mit Konsequenzen, falls sie das Thema nicht ernst nähmen. Blackrock verwaltet rund sieben Billionen Dollar Anlagegelder. Man werde sich von Anlagen trennen, die ein erhebliches Nachhaltigkeitsrisiko darstellten, «etwa Wertpapiere von Kohleproduzenten», schrieb Fink.
- Der Unternehmensberater McKinsey warnt in einer Studie vor gravierenden Folgen für den Fall, dass die CO2-Emissionen bis 2050 ungebremst ansteigen. Bereits in zehn Jahren würden 250 bis 360 Millionen Menschen in Regionen leben, in denen tödliche Hitzewellen drohten. Bis 2050 könnten es 1,2 Milliarden sein. Alle wichtigen geschäftlichen und politischen Entscheidungen müssten künftig unter dem Aspekt des Klimawandels geprüft werden, fordert McKinsey.
- Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, eine Art Schaltzentrale der grossen Zentralbanken, hat am Montag eine Publikation mit dem Titel «The Green Swan» veröffentlicht. In Anlehnung an den Bestseller «Der schwarze Schwan» warnt die BIZ vor unvorhergesehenen Risiken für das Finanzsystem. «Der Klimawandel könnte die Ursache der nächsten systemischen Finanzkrise sein», heisst es in der Studie.
- Grosse Unternehmen melden sich ebenfalls zu Wort. Keines geht so weit wie der US-Technologieriese Microsoft. Er will bis 2030 nicht nur klimaneutral werden, sondern mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernen, als er selber ausstösst. Bis 2050 sollen sämtliche Emissionen ausgeglichen werden, die Microsoft seit der Gründung 1975 verursacht hat. «Die Welt ist mit einer akuten Kohlenstoff-Krise konfrontiert», hielt Konzernchef Satya Nadella fest.
- Volkswagen-Chef Herbert Diess las seinen Führungskräften letzte Woche die Leviten. «Die Zeit klassischer Automobilhersteller ist vorbei», sagte Diess. Er warnte vor der Konkurrenz durch Tesla und andere US-Technologiefirmen und verwies auf das Schicksal des finnischen Handyherstellers Nokia, der durch die Smartphone-Welle überrollt wurde. Volkswagen müsse ein digitaler Tech-Konzern werden und gleichzeitig den CO2-Ausstoss seiner Flotte deutlich senken, betonte Diess.
- Nestle will als grösster Nahrungsmittelhersteller der Welt die Weichen ebenfalls in Richtung Ökologie stellen. Bis 2025 sollen zwei Milliarden Franken in nachhaltige Verpackungen investiert werden, kündigte Konzernchef Mark Schneider an. Man wolle einen Markt für rezyklierte Verpackungen schaffen, so Schneider. Mit seiner Grösse habe Nestle den entsprechenden Spielraum. Der Konzern aus Vevey gehört zu den weltgrössten Verbrauchern von Plastik.
- Die Grossbank Credit Suisse hat in letzter Zeit zahlreiche Negativschlagzeilen produziert. So geriet sie wegen seiner Kreditvergaben für fossile Energieprojekte ins Visier der Klimaschützer. Nun hat Konzernchef Tidjane Thiam im Westschweizer Fernsehen die Flucht nach vorne angetreten. Er lade Greta Thunberg ein und wolle auch mit Roger Federer reden, sagte Thiam. Der von der CS gesponserte Tennisstar war unter dem Hashtag #RogerWakeUp selber zur Zielscheibe geworden.
Ankündigungen bedeuten noch keine Taten. Diverse Erhebungen zeigen, dass das Bewusstsein für die Klimakrise noch längst nicht in allen Chefetagen angekommen ist. Die Warnungen und Ankündigungen von grossen Organisationen und Konzernen aber könnten zu einem neuen Bewusstsein beitragen. Dazu haben Greta Thunberg und die Klimastreiks nicht wenig beigetragen.
Trump am WEF 2020
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Trump am WEF 2020
Da ist er: US-Präsident Donald Trump ist am 21. Januar 2020 in Zürich gelandet.
quelle: ap / evan vucci
Microsoft verspricht ab 2030 CO2-negativ zu sein
Video: srf
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Eigentlich wollte Donald Trump das Edelmetall von seinen Zöllen befreien. Doch offenbar unterlief ihm dabei ein Lapsus. Dieser hat besonders für die Schweiz Folgen.
Die Schweiz ist eine Macht im globalen Goldgeschäft. Fünf der weltweit führenden Raffinerien schmelzen hierzulande jedes Jahr rund ein Drittel des insgesamt produzierten Edelmetalls. Das sind jährlich 1600 Tonnen. Die Besitzer dieses Goldes lassen es in der Schweiz verarbeiten und exportieren es danach als Barren, Schmuck oder Münzen in die ganze Welt, zuletzt besonders häufig in die USA.
Aber sich blind auf die Versprechen Grosskonzerne zu verlassen (weil Nestlé, CS, Blackrock, BP, VW und auch Microsoft ja nur das aller-Beste für die Menschheit wollen...) ist der feuchte Traum des Kapitalismus. Greenwashing wie im Bilderbuch.
Kein Grosskonzern handelt aus Nächstenliebe
Wie ein Sehr grüner Freund von mir sagte:
"Wenn nur alle Wirtschaftsleute erkennen würden was für ein endloses Kapital in einem sauberen Kreis steckt, dann hätte man schon lange Aufgehört endliche Ressourcen zu verwenden"