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Gold-Kurs: Schweizer Raffinerien exportieren nicht mehr in die USA

Goldbarren, Goldkörner
Die Nachfrage nach Gold ist momentan gross.Bild: Shutterstock

«Dann ist das US-Geschäft der Schweizer Goldraffinerien am Ende»

Eigentlich wollte Donald Trump das Edelmetall von seinen Zöllen befreien. Doch offenbar unterlief ihm dabei ein Lapsus. Dieser hat besonders für die Schweiz Folgen.
17.05.2025, 18:1517.05.2025, 18:15
Pascal Michel / ch media
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Die Schweiz ist eine Macht im globalen Goldgeschäft. Fünf der weltweit führenden Raffinerien schmelzen hierzulande jedes Jahr rund ein Drittel des insgesamt produzierten Edelmetalls. Das sind jährlich 1600 Tonnen. Die Besitzer dieses Goldes lassen es in der Schweiz verarbeiten und exportieren es danach als Barren, Schmuck oder Münzen in die ganze Welt, zuletzt besonders häufig in die USA.

Dieses glänzende Geschäft wird der Schweiz jedoch nun zum Verhängnis – jedenfalls, wenn es nach der Logik des US-Präsidenten geht. Donald Trump stört sich daran, dass die Schweiz massiv mehr Waren nach Amerika exportiert, als sie aus Übersee einkauft. Und für diesen Überschuss aus Schweizer Sicht spielen die Goldgeschäfte der Raffinerien eine bedeutende Rolle.

Im vergangenen Jahr exportierten die grossen Raffinerien Argor-Heraeus, Metalor, MKS Pamp oder Valcambi so viel Edelmetall nach Amerika, dass allein deswegen der Schweizer Güterhandelsüberschuss um 2,3 Milliarden Dollar anstieg. Im Januar kletterten die hiesigen Gold-Exporte gar auf neue Höchststände.

Die USA verlangen nach spezifischen Barren

Das sind zwar historische Ausreisser. Doch das interessiert Donald Trump nicht. Er hat der Schweiz auch wegen dieser Exporte einen hohen Zollsatz von 31 Prozent aufgedrückt. Mittlerweile versucht der Bundesrat, diese Zahl herunterzuhandeln oder ganz aus dem Weg zu räumen.

Er steht dabei vor der Aufgabe, Donald Trump die Feinheiten des helvetischen Goldstandorts zu erklären. Denn der Gold-Boom hängt nicht zuletzt mit dem US-Präsidenten selbst zusammen. Dessen erratische Handelspolitik treibt den Goldpreis in Rekordhöhen, was sich in der Exportstatistik niederschlägt. Zudem investierten vor und nach Trumps Wahl verunsicherte Anleger massenhaft in Gold – Gold, das jeweils zuerst in Schweizer Raffinerien umgeschmolzen werden muss. Denn während in London Barren à 400 Unzen (12,5 Kilogramm) gängig sind, bevorzugt der US-Markt kleinere Barren à 1 Kilogramm.

Christoph Wild verfolgt diese Entwicklung genau. Er ist Präsident der Vereinigung der Edelmetallfabrikanten und Edelmetallhändler und beschreibt die Stimmung in der Branche als «verwirrt». Denn offenbar hat Donald Trump nicht nur die Rolle der Schweizer Raffinerien im globalen Goldgeschäft nicht verstanden. Seine Regierung hat auch die Ausnahmeregeln derart ungenau formuliert, dass sein Zoll-Plan von Anfang April den Goldimport aus der Schweiz komplett abklemmen könnte.

Das hat technische Gründe. Die Schweiz exportiert praktisch das gesamte Gold unter der harmonisierten Zolltarifnummer «7108.12, Gold, in Rohform, zu anderen als zu monetären Zwecken». Doch viele US-Importeure führen dieses Gold unter der US-Zoll-Nummer «7115.90, andere Waren aus Edelmetallen oder Edelmetallplattierungen» ein. Und obwohl Trump für Gold wohl eine Spezialbestimmung schaffen wollte, hat er auf seiner Ausnahmeliste genau diese Nummer vergessen.

Das führt dazu, dass die Schweizer Raffinerien derzeit darüber rätseln, ob die USA das Gold unter der US-Tarifnummer 7115.90 tatsächlich bereits mit einem Zoll von 10 Prozent belasten. «Wir vermuten es. Und wegen dieser Unsicherheit wird derzeit gar kein Schweizer Gold mehr in die USA importiert», sagt Christoph Wild. Die offiziellen Zahlen legt der Bund Ende Monat vor. «Wenn der Fehler nicht behoben wird, ist das US-Geschäft der Schweizer Raffinerien am Ende», sagt Wild.

«Die USA werden nicht auf unser Gold verzichten wollen»

Um das Missverständnis zu klären, hat der Verband sowohl direkt in den USA als auch bei der US-Botschaft in Bern interveniert. Wild spricht von «guten Gesprächen», die man daraufhin geführt habe. Ob auch Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter die Problematik bei ihrem jüngsten Treffen mit US-Finanzminister Scott Bessent aufbrachte, wollte ihr Departement auf Anfrage nicht kommentieren.

Christoph Wild.
Christoph Wild.bild: Argor-Heraeus/zvg

Christoph Wild jedenfalls rechnet damit, dass die USA den Lapsus bei der Gold-Deklaration bald beheben. Diese Korrektur liege auch im Interesse der Trump-Regierung. «Die Schweiz ist der wichtigste Goldlieferant der USA. Sie werden kaum darauf verzichten wollen», sagt der Verbandschef selbstbewusst.

Und selbst wenn der Zoll-Fehler nicht ausgeräumt würde und der US-Export zum Erliegen käme, bleibt der Verbandschef optimistisch. «Es tönt vielleicht arrogant, aber die USA brauchen das Schweizer Gold mehr als unsere Industrie den amerikanischen Markt.»

Es gebe kaum andere Standorte, die solche Mengen verarbeiten und die Nachfrage des US-Finanzmarkts befriedigen könnten. Zudem sei angesichts von Krieg, Krisen und Trump-Wahl Gold als sicherer Hafen derart gefragt, dass es genügend andere Abnehmer gebe. Wild denkt etwa an europäische Länder wie Deutschland oder Österreich, aber auch an Indien oder China. Insbesondere die Notenbanken der Schwellenländer decken sich derzeit mit Gold ein, um sich vom Dollar zu lösen.

Raffinerien profitieren gleich doppelt

Den Schweizer Raffinerien geht deshalb die Arbeit nicht aus. Im Gegenteil: Derzeit laufen die Schmelzöfen auf Hochtouren. Das hat einmal mehr mit Donald Trump zu tun.

Als er im Januar sein Amt antrat, sicherten sich die Anleger mit Gold ab, das im Tessin oder in der Westschweiz geschmolzen wird. Jetzt, da Trump die Weltwirtschaft täglich mit neuen Plänen vor sich hertreibt, kommt ein Teil dieses Gold wieder zurück in die Schweiz. Einige Anleger wollen es offenbar nicht mehr in den USA lagern – zu unsicher scheint dort die Lage. Deshalb schicken sie ihr Gold nun wieder zurück in die Schweiz, wo es die Raffinerien zu 400-Unzen-Barren umschmelzen (siehe Grafik). Danach wird es meist nach London verschoben, dem weltweit wichtigsten Goldhandelsplatz.

Christoph Wild spricht von einer «Marktineffizienz par excellence». Ob ineffizient oder nicht: Die Schweizer Raffinerien dürfte es freuen. Sie verdienen gleich doppelt am Trump-Irrsinn. Auch für die Schweizer Handelsbilanz sind die Goldlieferungen aus den USA ein Segen. Sie verringern den Exportüberschuss, zumindest ein wenig.

In 15 Jahren sind die Reserven aufgebraucht

Derweil jagt der Goldpreis von Rekord zu Rekord. Der neuste wurde Ende April geknackt. Derzeit kostet eine Feinunze (31,1 Gramm) über 3200 Dollar. Davon profitieren die hiesigen Raffinerien aber nicht so direkt, wie oft vermutet wird. Sie besitzen das Gold meist nicht selbst, sondern schmelzen es nur im Auftrag ihrer Kunden um.

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In welche Höhen wird der Preis noch steigen? Zu einer Prognose will sich Verbandschef Christoph Wild nicht hinreissen lassen, trotz über 30 Jahren Erfahrung in der Branche. «Als ich anfing, prophezeite ein Analyst einen Preis von 1000 Dollar pro Feinunze. Die Leute sagten: ‹Der spinnt!› Und heute? Heute gibt es Prognosen, die bei 5500 Dollar liegen», sagt Wild. Für ihn ist deshalb klar: «Gegen oben ist alles offen.»

Das liegt auch daran, dass in rund 15 Jahren die weltweiten Goldreserven rechnerisch erschöpft sein werden. Für die Schweizer Raffinerien sei das kein Problem, glaubt Wild, es werde sie weiterhin brauchen. «Das Recycling wird dann noch wichtiger.» Für die breite Bevölkerung bedeutet der «Peak Gold» allerdings: Das Edelmetall wird endgültig zum Luxusgut. Und das hat für einmal nichts mit Donald Trump zu tun.

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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Shelley
17.05.2025 21:11registriert März 2018
Europa muss endlich wieder lernen, die eigene Grösse richtig wertzuschätzen. Wir sind der einzige Kontinent geblieben, auf dem Demokratie, Gleichheit und Meinungsfreiheit noch ein Stellenwert hat (mit Kanada, Australien und ein paar Asiaten).
Die USA schaffen es, jegwelche kulturelle Erungenschaft in etwas billiges und vulgäres zu verwandeln, die Russen präsentieren sich erneut als misanthropische Massenmörder und die Chinesen als diktatorische, paranoide Lügner.
Die wahre Macht verbleibt also nur in Europa und die CH sollte ein Teil davon sein.
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ImmerMitderRuhe
17.05.2025 20:26registriert Februar 2023
Donald Trump ist wie ein kleines Kind. Die wollen auch viel und stellen sich dies und das vor den ganzen Tag; es Endet meistens im Chaos.
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