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James-Webb-Teleskop entdeckt drei Asteroidengürtel um Stern Fomalhaut

This image of the dusty debris disk surrounding the young star Fomalhaut is from Webb’s Mid-Infrared Instrument (MIRI). It reveals three nested belts extending out to 14 billion miles (23 billion kilo ...
Der leuchtkräftige Stern Fomalhaut ist von drei riesigen Staubringen umgeben. Bild: NASA, ESA, CSA, A. Gáspár (University of Arizona) / A. Pagan

James-Webb-Teleskop macht ungewöhnliche Entdeckung – drei Asteroidengürtel um einen Stern

15.05.2023, 07:0915.05.2023, 15:47
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Der junge und helle Stern Fomalhaut befindet sich in 25 Lichtjahren Entfernung von der Erde – in kosmischem Massstab ein Katzensprung. Schon 1983 entdeckten Astronomen einen Staubring um den Stern, der stark an den Kuipergürtel in unserem Sonnensystem erinnert. Der Kuipergürtel erstreckt sich ausserhalb der Neptunbahn und enthält zehntausende Objekte mit mehr als 100 Kilometer Durchmesser. Ein grosser Teil der Kometen, die ins innere Sonnensystem gelangen, stammen aus dieser Region.

Fomalhaut
Fomalhaut (α Piscis Austrini, Alpha Piscis Austrini) ist der hellste Stern im Sternbild Südlicher Fisch. Der Name bedeutet «Maul des Fisches» (arabisch: فم الحوت‎ – fam al-ḥūt). Der 25 Lichtjahre von der Erde entfernte Stern ist ein Hauptreihenstern der Spektralklasse A und zählt zu den zwanzig hellsten Sternen am Himmel. Er ist vermutlich etwa 400 Millionen Jahre alt; seine Lebenszeit wird auf rund eine Milliarde Jahre geschätzt – deutlich weniger als unsere Sonne. Fomalhaut bildet zusammen mit TW Piscis Austrini und dem Roten Zwerg LP876-10 (Fomalhaut C) ein Dreifachsystem.

Nun nahm ein US-amerikanisches Forschungsteam der University of Arizona den heissen Staubring um Fomalhaut, der etwa doppelt so weit ausgedehnt ist wie der Kuipergürtel, erneut ins Visier – diesmal mit dem aktuell leistungsfähigsten Weltraumteleskop, dem James-Webb-Teleskop. Es sollte ihnen einen detaillierteren Blick auf den Staubgürtel verschaffen. Und sie bekamen mehr, als sich erhofft hatten: Der Blick durch das leistungsstarke Mid-Infrared Instrument (Miri) des Teleskops enthüllte, dass Fomalhaut nicht nur einen, sondern gleich drei Asteroidengürtel besitzt.

Dieses Ergebnis, das nun im Fachmagazin «Nature Astronomy» veröffentlicht wurde, kam überraschend, denn der Staubring um Fomalhaut war bereits mit den Weltraumteleskopen Hubble und Herschel sowie mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) in den chilenischen Anden untersucht worden. Diese Teleskope hatten helle Bilder des äusseren Asteroidengürtels geliefert, doch keines von ihnen hatte die zwei inneren Staubringe um den Stern entdeckt.

Aufnahme der Staub­scheibe um Fomalhaut mit dem Hubble-Weltraumteleskop und dem ALMA-Observato­rium. 
https://de.wikipedia.org/wiki/Fomalhaut#/media/Datei:Fomalhaut-Hubble-ALMA-Eso1216a.tif
Aufnahme der Staub­scheibe um Fomalhaut mit dem Hubble-Weltraumteleskop und dem ALMA-Observato­rium.Bild: Wikimedia

«Was Webb wirklich auszeichnet, ist, dass wir in der Lage sind, das thermische Glühen von Staub in diesen inneren Regionen physikalisch aufzulösen. Man kann also innere Gürtel sehen, die wir vorher nicht sehen konnten», erklärt die Astronomin Schuyler Wolff, die zum Forschungsteam gehört, in einer Mitteilung der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. «Insgesamt gibt es drei ineinander verschachtelte Gürtel, die sich bis zu einer Entfernung von 23 Milliarden Kilometern vom Stern erstrecken – das ist das 150-Fache der Entfernung der Erde von der Sonne», schreibt die ESA dazu.

«Wo sind die Planeten?»

Die Entdeckung ist deshalb aufsehenerregend, weil die drei Asteroidengürtel vermutlich durch den Einfluss von mehreren Planeten geformt werden, die sich – vorerst noch unsichtbar – durch den Staub bewegen. Darauf weisen die deutlich erkennbaren Lücken zwischen den einzelnen Gürteln hin. «Die Asteroidengürtel um Fomalhaut sind so etwas wie ein Rätsel: Wo sind die Planeten?», erklärt der Astronom Georg Rieke, Mitautor der Studie. «Ich denke, es ist nicht weit hergeholt zu sagen, dass es wahrscheinlich ein sehr interessantes Planetensystem um den Stern gibt.»

Schuyler Wolff stimmt dem zu. «Diese Strukturen sind sehr aufregend, denn jedes Mal, wenn ein Astronom ein Loch und Ringe in einer Staubscheibe sieht, sagt er: ‹Dort könnte sich ein Planet verstecken und die Ringe formen.›»

Die Staubringe um Fomalhaut sind nicht etwa eine sogenannte protoplanetare Scheibe, wie sie oft um junge Sterne zu finden sind und in denen die Materie sich schliesslich zu Planeten und Asteroiden zusammenballt. Fomalhaut hat dieses Stadium bereits überschritten – die um den Stern entdeckten Staubringe sind eigentlich Trümmerscheiben, die sich bilden, wenn kleinere Himmelskörper, etwa Asteroiden, kollidieren und dabei pulverisiert werden.

Protoplanetary disk: A disk of planet-forming dust swirls around a young star.
Darstellung einer protoplanetaren Scheibe um einen jungen Stern. Illustration: NASA/JPL-Caltech/T. Pyle (SSC)

Grosse Staubwolke im äussersten Ring

Im äussersten Asteroidengürtel stiessen die Astronomen ausserdem auf ein weiteres Objekt, das bisher unbeachtet geblieben war: Es handelt sich um eine grosse Staubwolke, die das Ergebnis einer Kollision zwischen zwei riesigen Himmelskörpern sein könnte.

Dieses Bild der staubigen Trümmerscheibe, die den jungen Stern Fomalhaut umgibt, zeigt drei ineinander verschachtelte Gürtel, die sich bis zu einer Entfernung von 23 Milliarden Kilometern vom Stern er ...
Die drei ineinander verschachtelten Gürtel erstrecken sich bis zu einer Entfernung von 23 Milliarden Kilometern vom Stern. Die Beschriftungen auf der linken Seite zeigen die einzelnen Merkmale. Rechts im äusseren Ring ist eine grosse Staubwolke hervorgehoben, die auf die Kollision zwischen zwei protoplanetaren Körpern hinweisen könnte. In den beiden Kästchen wird sie in zwei Infrarot-Wellenlängen (23 und 25,5 Mikrometer) dargestellt.Bild: NASA, ESA, CSA, A. Pagan (STScI), A. Gáspár (University of Arizona)

2008 wurde bereits ein Objekt entdeckt, das Fomalhaut jedoch innerhalb des Staubrings umkreist. Zuerst nahmen die Astronomen an, dass es sich um einen grösseren Exoplaneten – Fomalhaut b genannt – handelte. Seit 2014 konnte das Objekt aber nicht mehr beobachtet werden. Neuere Theorien gehen deshalb davon aus, dass es ebenfalls eine Staubwolke ist, die aus der Kollision zwischen zwei kleineren Körpern entstanden ist. Fomalhaut b ist daher wieder von der Liste der Exoplaneten gestrichen worden – und der Stern ist derzeit wieder offiziell planetenlos.

Die Dimensionen des Fomalhaut-Systems und des Sonnensystems im Vergleich. 
https://de.wikipedia.org/wiki/Fomalhaut_b#/media/Datei:Hubble_Directly_Observes_Planet_Orbiting_Fomalhaut.jpg
Grössenvergleich zwischen dem Fomalhaut-System und dem Sonnensystem. Innerhalb des Ringwolke ist der mögliche Planet Fomalhaut b eingezeichnet, bei dem es sich jedoch wohl um eine Staubwolke handelt. Bild: Wikimedia

Der Hauptautor der Studie, András Gáspár von der University of Arizona, hofft auf noch präzisere Aufnahmen von den Staubgürteln: «Wenn wir uns die Muster in diesen Ringen ansehen, können wir eine kleine Skizze davon anfertigen, wie ein Planetensystem aussehen müsste – wenn wir ein Bild machen könnten, das scharf genug ist, um die vermuteten Planeten zu sehen.» (dhr)

So sieht das Universum aus – die Bilder des Webb-Teleskops

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So sieht das Universum aus – die Bilder des Webb-Teleskops
Der Galaxienhaufen SMACS 0723, aufgenommen vom Webb-Teleskop, veröffentlicht im Juli 2022.(NASA/ESA/CSA via AP)
quelle: keystone
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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Zeit_Genosse
15.05.2023 08:00registriert Februar 2014
Krass zu was Menschen fähig sind, wenn sie sich friedlicher Forschung hingeben.
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Nathi
15.05.2023 07:49registriert Mai 2023
Finde ich so spannend. Wir wissen so wenig und doch könne wr solche Phänomene beobachten⚡️
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JabbaThaHutt
15.05.2023 08:06registriert März 2023
Einfach faszinierend. Man stelle sich vor da zwischen den Ringen ist ein bewohnter Planet... Aber wohl doch nur Staub. Aber allgemein wenn man versucht sich vorzustellen wie gross das Universum doch ist bzw. wie winzig unser kleiner Planet und unser Sonnsystem doch sind dann wird einem echt schwindlig. Faszinierendes Thema und ich bin vollkommen überzeugt, dass wir nicht alleine sind in diesem sich immer mehr ausdehnendem Universum. Allerdings ist alles so weit auseinander, dass wir wohl niemals in Kontakt mit einer anderen Spezies treffen werden... :(
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