Vor über einem Jahr ist das «James Webb»-Teleskop gestartet. Seither befindet es sich auf einer Umlaufbahn rund um die Sonne – im Gegenteil zum Hubble-Teleskop, das die Erde umkreist. Regelmässig liefert «James Webb», das durch die Erkennung von Infrarotstrahlung extrem präzise Aufnahmen macht, aussergewöhnliche Bilder aus dem Weltall.
Vor Kurzem erreichten die Erde auf diese Weise Aufnahmen vom Planeten Uranus. Wenig später schickte das «James Webb»-Teleskop Bilder des «Trümmerfelds» eines explodierten Sterns, Cassiopeia A. Das sind die Bilder und ihre Geschichten.
Uranus has never looked better. Really.
— NASA Webb Telescope (@NASAWebb) April 6, 2023
Only Voyager 2 and Keck (with adaptive optics) have imaged the planet's faintest rings before, and never as clearly as Webb’s first glimpse at this ice giant, which also highlights bright atmospheric features. https://t.co/aE3rJIqVKy pic.twitter.com/RZElIRkudl
«Uranus hat nie besser ausgesehen. Wirklich.» Das schreibt die Nasa zu den Bildern des Planeten auf ihrem «James Webb»-Twitteraccount. Das von der Esa und der Nasa veröffentlichte Infrarotbild zeigt den «Eisplaneten» Uranus sowie elf der insgesamt 13 bekannten Ringe. Einige dieser Ringe sind mit dem «James Webb»-Teleskop so hell, dass sie, wenn sie nahe beieinander liegen, zu einem grösseren Ring zu verschmelzen scheinen, schreibt die Nasa.
Uranus, von seiner Entfernung zur Sonne her der «siebte» Planet, ist einzigartig, so die Nasa: Weil er mit einem Winkel von ungefähr 90 Grad zur Seite geneigt ist – in Bezug zu seiner Umlaufbahn um die Sonne – gibt es auf dem Planeten extreme Jahreszeiten. Die Pole des Planeten erleben dadurch viele Jahre mit konstantem Sonnenlicht, gefolgt von einer gleichen Anzahl von Jahren in völliger Dunkelheit. Insgesamt braucht Uranus nämlich 84 (irdische) Jahre, um einmal die Sonne zu umrunden. Auf dem Bild oben sichtbar ist der Nordpol des Planeten. Dort herrscht zurzeit Spätfrühling – im Jahr 2028 erlebt der Uranus-Nordpol dann seinen Sommer.
Und noch etwas ist sichtbar, wie die Nasa schreibt: Auf der rechten Seite des Planeten gibt es einen Bereich der Aufhellung an dem der Sonne zugewandten Pol, der als Polkappe bekannt ist. Diese Polkappe beim Uranus sei einzigartig: «Sie scheint zu erscheinen, wenn der Pol im Sommer in direktes Sonnenlicht gerät, und im Herbst wieder zu verschwinden», so die Nasa. Die vom «James Webb»-Teleskop gesammelten Daten würden den Wissenschaftlern helfen, den derzeit noch rätselhaften Mechanismus zu verstehen.
Ausserdem enthüllte das Teleskop einen weiteren «überraschenden Aspekt» der Polkappe – und hier muss man wirklich gut hinschauen: eine subtile, verstärkte Aufhellung im Zentrum der Kappe. «Die Empfindlichkeit und die längeren Wellenlängen der Kamera von ‹Webb› könnten der Grund dafür sein, dass wir dieses verstärkte polare Merkmal des Uranus sehen können», so die Nasa. Details wie diese waren bislang unbekannt, da auch mit anderen leistungsstarken Teleskopen wie dem «Hubble»-Teleskop nicht dieselbe Auflösung erreicht wurde.
Ebenfalls auffällig sind die beiden weissen Punkte im Uranus-Bild. Die Nasa spricht dabei von Wolken: «Am Rande der Polkappe befindet sich eine helle Wolke und eine zweite, sehr helle, ist am linken Rand des Planeten zu sehen.» Solche Wolken seien typisch für Aufnahmen von Uranus im Infrarotbereich und stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit Sturmaktivitäten.
Ein zweites Bild zeigt den «Eisriesen» aus einer etwas grösseren Entfernung. Das Teleskop hat darin auch einige der 27 bekannten Monde, die den Uranus umkreisen, aufgenommen. Die meisten sind allerdings gemäss der Nasa zu klein und zu schwach, um sie hier ausmachen zu können. Die sechs hellsten Monde aber sind in der Weitwinkelaufnahme zu erkennen. Sie tragen Namen wie Umbriel, Ariel oder Titania.
Stars: always making a dramatic exit! 🌟
— NASA Webb Telescope (@NASAWebb) April 7, 2023
Webb’s powerful infrared eye has captured never-before-seen detail of Cassiopeia A (Cas A). 11,000 light-years away, it is the remnant of a massive star that exploded about 340 years ago: https://t.co/LLQsFQJwVQ pic.twitter.com/xqlGFzhYoy
«Die Explosion eines Sterns ist ein dramatisches Ereignis, aber die Überreste, die der Stern hinterlässt, können noch viel dramatischer sein», schreibt die Nasa über das «James Webb»-Bild einer sogenannten Supernova. Es zeigt den Supernova-Überrest Cassiopeia A (auch «Cas A» genannt), der durch eine Sternexplosion vor 340 (Erd-)Jahren entstanden ist.
Als Supernova wird grundsätzlich das Leuchten bezeichnet, das beim «Tod» eines Sterns entsteht. Dabei entsteht eine Explosion und die Leuchtkraft des Sterns nimmt kurzzeitig millionen- bis milliardenfach zu.
«‹Cas A› bietet uns die beste Gelegenheit, das Trümmerfeld eines explodierten Sterns zu untersuchen und eine Art stellare Autopsie durchzuführen, um zu verstehen, welche Art von Stern zuvor existierte und wie dieser Stern explodierte», sagt Danny Milisavljevic von der Purdue University in West Lafayette, Indiana, leitender Forscher des Webb-Programms. Im Vergleich zu früheren Infrarotbildern sähe man «unglaubliche Details, auf die wir bisher keinen Zugriff hatten».
Dabei stellt sich heraus: Die Neuartigkeit der Bilder stellt auch die Forscherinnen und Forscher von Nasa und Esa zunächst vor grosse Rätsel. «Die auffälligen Farben des neuen ‹Cas A›-Bildes, bei dem Infrarotlicht in Wellenlängen des sichtbaren Lichts umgewandelt wird, enthalten eine Fülle wissenschaftlicher Informationen, die das Team gerade erst zu entschlüsseln beginnt», schreibt die Nasa.
Dann wird es etwas komplizierter: An der Aussenseite der Blase, vor allem oben und links, befinden sich «Vorhänge aus Material», das aufgrund der Emission von warmem Staub orange und rot erscheint. Sie markieren die Stellen, an denen ausgestossenes Material des explodierten Sterns auf das den früheren Stern umgebende Gas und Staub trifft.
Im Inneren dieser Hülle liegen «gesprenkelte Fäden» in hellem Rosa, die mit «Klumpen» und «Knoten» übersät sind. Gemäss Nasa handelt es sich dabei um Material aus dem Stern selbst, das durch eine Mischung aus verschiedenen schweren Elementen wie Sauerstoff, Argon und Neon sowie durch Staubemission leuchtet. «Wir versuchen immer noch, all diese Emissionsquellen zu entschlüsseln», sagt Ilse De Looze von der Universität Gent in Belgien, die ebenfalls an dem Programm beteiligt ist.
Supernovas wie diejenige, die «Cas A» gebildet hat, sind auch für die Entstehung unseres Planeten von entscheidender Wichtigkeit. Sie verbreiten Elemente wie das Kalzium, das wir in unseren Knochen finden, und das Eisen in unserem Blut im interstellaren Raum und bringen neue Generationen von Sternen und Planeten hervor.
«Indem wir den Prozess der Sternexplosion verstehen, lesen wir unsere eigene Entstehungsgeschichte», sagt Milisavljevic vom Webb-Programm. «Ich werde den Rest meiner Karriere damit verbringen, zu verstehen, was in diesem Datensatz steckt.»
Die Überreste von «Cas A» erstrecken sich über etwa zehn Lichtjahre und befinden sich in 11'000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Kassiopeia.
(lak)
Hihi.
Das Universum verbirgt noch unzählige Rätsel und wir kennen erst einen mikro-winzigen Teil. Doch durch solche geniale Technik können wir immer mehr verstehen und uns ein kleines "Bild" machen.