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Webb-Teleskop macht gespenstische Aufnahme der «Säulen der Schöpfung»

Säulen der Schöpfung, Pillars of Creation, Aufnahme des James-Webb-Teleskops.
Wie die gigantische Hand eines Gespensts: Die «Säulen der Schöpfung» im Adlernebel, aufgenommen vom MIRI-Instrument des James-Webb-Weltraumteleskops. Bild: NASA, ESA, CSA, STScI; Joseph DePasquale (STScI), Alyssa Pagan (STScI)

So gespenstisch sieht das neue Bild der «Säulen der Schöpfung» aus

31.10.2022, 16:1001.11.2022, 16:23
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Die «Säulen der Schöpfung» – Wolken aus Staub und Gas im 6500 Lichtjahre entfernten Adlernebel – sind eine der berühmtesten astronomischen Aufnahmen. Erstmals abgelichtet wurde die beeindruckende Formation 1995 vom Weltraumteleskop Hubble; 2014 machte das Teleskop eine wesentlich höher aufgelöste Aufnahme, die anlässlich seines 25. Geburtstages im Januar 2015 veröffentlicht wurde.

Die Säulen der Schöpfung im Adlernebel (Falschfarbendarstellung).
Von Credit: NASA, Jeff Hester, and Paul Scowen (Arizona State University) - http://hubblesite.org/newscenter/newsdesk/archive/releases ...
Die Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops aus dem Jahr 1995 ... Bild: NASA, Jeff Hester, and Paul Scowen (Arizona State University)
Hochaufgelöste Aufnahme der Säulen der Schöpfung, die 2014 als Würdigung für das Original von 1995 gemacht wurde.
Von NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA) - http://hubblesite.org/image ...
... und die hochaufgelöste Aufnahme von 2014. Bild: NASA/ESA/Hubble Heritage Team

Auch der Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops, das James-Webb-Weltraumteleskop, hat nun das spektakuläre Gebilde im Adlernebel ins Visier genommen. Bereits am 19. Oktober veröffentlichten die Astronomen eine Aufnahme der «Säulen der Schöpfung» in nie dagewesener Schärfe:

Säulen der Schöpfung, Pillars of Creation, Nah-Infrarot-Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops
Die Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops im Nah-Infrarot-Bereich. Bild: SCIENCE: NASA, ESA, CSA, STScI

Auffallend ist die ungeheure Anzahl von Sternen, die hier im Vergleich zur Hubble-Aufnahme zu sehen ist. Gerade entstehende Sterne erscheinen auf dem Bild pink, rot und purpurn. Ältere Sterne hingegen erscheinen blau und gelb. Allerdings ist die mit dem Instrument NIRCam im nah-infraroten Spektrum gemachte Aufnahme – wie auch die Bilder des Hubble-Teleskops – im Original monochrom. Den digitalen Daten der verschiedenen Filter werden erst bei der Nachbearbeitung für Menschen sichtbare Farben zugewiesen.

Säulen der Schöpfung, Pillars of Creation, Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops (l.) und des James-Webb-Weltraumteleskops.
Die Hubble-Aufnahme von 2014 und die Aufnahme des James-Webb-Teleskops im direkten Vergleich. Bild: NASA, ESA, CSA, STScI; Joseph DePasquale (STScI), Anton M. Koekemoer (STScI), Alyssa Pagan (STScI)

Unheimliche Stimmung im mittleren Infrarotbereich

Am 28. Oktober veröffentlichte die Nasa dann eine weitere Aufnahme – diesmal jedoch des MIRI-Instruments, das Daten im mittleren Infrarotbereich sammelt. Der Kontrast zur Aufnahme von NIRCam ist frappierend, wie der Slider unten deutlich zeigt: Es sind viel weniger Sterne sichtbar, dafür rücken die Gas- und Staubwolken in den Vordergrund. Das Bild wirkt sehr viel düsterer, beinahe gespenstisch:

image after
image before
bilder: nasa, esa, csa, stsci; joseph depasquale (stsci), anton m. koekemoer (stsci), alyssa pagan (stsci)

Die unheimliche Stimmung der MIRI-Aufnahme beruht darauf, dass die Sterne bei diesen Wellenlängen nicht hell genug sind, wie die Nasa mitteilt. Die blaugrauen Säulen aus Staub und Gas treten in diesem Spektrum hingegen deutlicher hervor. Die wenigen Sterne, die zu sehen sind, sind die karmesinroten Kugeln an den Rändern der Säulen. Es handelt sich um junge Sterne, die noch immer in Staub gehüllt sind, sodass die Sensoren des Teleskops im mittleren Infrarotbereich sie erkennen können.

Die blaugrauen «Säulen der Schöpfung» – deren dichteste Bereiche in den dunkelsten Grautönen erscheinen, während die rötlichen Bereiche kühler und weniger dicht sind – stellen wichtige Zonen der Sternenbildung dar; diesem Umstand verdanken sie auch ihren Namen. Wenn sich in diesen Regionen Kerne aus Gas und Staub mit ausreichender Masse bilden, kollabieren sie unter ihrer eigenen Schwerkraft und heizen sich dabei langsam auf. Aus diesen Protosternen, die weitere Materie anziehen, entstehen schliesslich die Sterne.

Die «Säulen der Schöpfung» sind etwa vier bis fünf Lichtjahre gross und damit bedeutend grösser als unser eigenes Sonnensystem. Der Adlernebel insgesamt ist noch weitaus grösser; er besitzt eine Ausdehnung von etwa 70 mal 55 Lichtjahren. (dhr)

So sieht das Universum aus – die Bilder des Webb-Teleskops

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So sieht das Universum aus – die Bilder des Webb-Teleskops
Der Galaxienhaufen SMACS 0723, aufgenommen vom Webb-Teleskop, veröffentlicht im Juli 2022.(NASA/ESA/CSA via AP)
quelle: keystone
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25 Jahre Hubble
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25 Jahre Hubble
Die Galaxie NGC 1300, auf die wir dank «Hubble» ein Auge werfen können.
quelle: ap/nasa, esa
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Mit einem Teleskop zur Sonne
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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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red leh
31.10.2022 17:03registriert April 2018
Bitte mehr solche Berichte, dafür promis&klatsch abschaffen. 😏
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Gao
31.10.2022 16:30registriert September 2022
Einfach wunderschön!
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RhabarBär
31.10.2022 17:25registriert Juni 2017
Gespenstisch? Wunderschön, meiner Meinung nach! Ich bin jedesmal hin und weg, wenn ich neue Bilder des JWST sehe. Ist es nicht unglaublich?! Da passieren auf der Welt schlimme Dinge und wir verlieren den Blick auf die Schönheiten des Universums und unseres Planeten. Ich hoffe, wir erkennen es noch rechtzeitig...
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