Bis jetzt kennen wir Krieg im Weltall nur aus Science-Fiction-Filmen – darum denken wir an Gefechte mit Laserkanonen und Ähnliches. Doch in Wahrheit ist es schon längst soweit: Es gibt kaum mehr einen Krieg, bei dem nicht im Weltraum stationierte Systeme beteiligt sind. Es sind Satelliten, die mit GPS, drahtloser Kommunikation und exakten Wettervorhersagen zum Teil entscheidende Informationen liefern. Es handelt sich um ähnliche Dienste, wie wir sie im Alltag ganz unspektakulär und friedlich nutzen.
Genau darin liegt auch ein wesentliches Problem der Rüstungskontrolle im Weltraum: Satelliten sind sogenannte «Dual-Use-Objekte», die man sowohl zivil als auch militärisch einsetzen kann. Und die Gefahr eines Wettrüstens im All ist derzeit wieder brandaktuell – mehr denn je seit den SDI-Plänen von US-Präsident Reagan in den 80er-Jahren («Star Wars»).
Derzeit finden in Genf im Rahmen der Uno-Abrüstungskonferenz Expertengespräche über die drohende Militarisierung des Weltraums statt. Bisher ergebnislos, weil das Gremium Beschlüsse nur einstimmig fassen kann und vor allem die USA verbindliche Regeln ablehnen.
Dies ist kein Wunder, denn US-Präsident Trump hat erst im Sommer 2018 angekündigt, eine «Space Force» zu schaffen. Diese Weltraumstreitkräfte sollen als sechste Teilstreitkraft neben Armee, Marine, Luftwaffe, Marineinfanterie und Küstenwache treten. Die USA, derzeit dominierende Macht im Weltraum, wollen damit den Schutz ihrer Satelliten im Orbit sicherstellen – diese Aufgabe obliegt bisher der Luftwaffe.
Doch welche Waffensysteme kreisen eigentlich hoch über unseren Köpfen im All? Welche Projekte verfolgen die Staaten, die dort militärisch Präsenz markieren wollen?
Diese Kategorie von Waffen zielt darauf ab, die Satelliten des Gegners auszuschalten – indem sie gestört oder zerstört werden. Solche Waffen sind bereits entwickelt und getestet worden, aber nie in einer kriegerischen Auseinandersetzung zum Einsatz gekommen.
«Killersatellit» ist eine etwas reisserische Bezeichnung für ein Objekt, das sich im Orbit bewegt und dort Zielobjekte wie Satelliten oder Gefechtsköpfe von Atomraketen zerstört, von ihrer Bahn abbringt oder sonstwie funktionsunfähig macht. Im Kalten Krieg wurden solche Killersatelliten entwickelt und womöglich auch getestet, allerdings unter strengster Geheimhaltung.
Die Sowjets entwickelten ab 1961 den Istrebitel Sputnik (IS), was etwa «Kämpfer-Satellit» bedeutet. Das System brachte einen Splitter-Sprengkopf nahe genug zum Zielobjekt, dass die Detonation es zu zerstören vermochte. Der IS benötigte ein oder zwei Erdumläufe, also 90 bis 200 Minuten, um sich seinem Ziel zu nähern.
Das Konzept des Killersatelliten dürfte nach wie vor aktuell sein: Die USA werfen Russland vor, zwischen 2013 und 2017 mindestens vier Satelliten in den Orbit gebracht zu haben, die seltsame Manöver ausführten. Sie könnten dazu dienen, Reparaturen an anderen Satelliten vorzunehmen – oder als Anti-Satelliten-Waffe eingesetzt werden. Allerdings besitzen auch die USA mindestens sechs solcher Dual-Use-Satelliten.
Möglicherweise ebenfalls als eine Art Killersatellit könnte das unbemannte Mini-Spaceshuttle X-37B verwendet werden. Der von Boeing gebaute Raumgleiter wird seit 2005 entwickelt und gelangt als Nutzlast einer Rakete in den Orbit. Er kann die Erde in einer Höhe von 900 Kilometern mehr als ein Jahr lang umkreisen, bevor er wieder landen muss. Offiziell gilt das Projekt als Testprogramm für die Entwicklung einer unbemannten, wiederverwendbaren Plattform im All, doch es könnte auch dazu benutzt werden, feindliche Objekte im All anzugreifen.
Solche Raketen (oft «ASAT-Raketen» genannt) zerstören Satelliten allein durch ihre kinetische Energie beim Zusammenstoss; sie benötigen nicht unbedingt einen Sprengkopf. Sie können von eigens dafür ausgerüsteten, hoch fliegenden Kampfflugzeugen abgefeuert werden oder auch von Schiffen oder landgestützten Abschussvorrichtungen aus. Vor allem Spionagesatelliten, die in niedrigen Umlaufbahnen um die Erde kreisen, sind für solche Systeme erreichbar; geostationäre Satelliten in grosser Höhe sind dagegen lediglich für Raketen mit Flüssigtreibstoff erreichbar, deren Start aufwändiger ist.
Russland zerstörte 1982 – noch zu Sowjetzeiten – zuletzt einen eigenen Satelliten zu Testzwecken durch eine ASAT-Rakete. Die USA schossen 1985 das ausrangierte Röntgen-Weltraumteleskop Solwind P78-1 mit einer von einem F-15-Jet abgefeuerten ASM-135-Rakete ab. 2008 zerstörte eine von einem Schiff gestartete US-Flugabwehrrakete des Typs SM-3 den experimentellen Spionagesatelliten USA 193, zu dem der Kontakt abgebrochen war.
Auch China holte einen ausgedienten Satelliten vom Himmel: 2007 schoss die Volksrepublik den Fengyun-1C-Wettersatelliten in 850 Kilometer Höhe mit einer vom Boden aus gestarteten modifizierten Mittelstreckenrakete des Typs Dongfeng 21 ab. Die daraus resultierende enorme Trümmerwolke macht heute noch einen bedeutenden Teil des die Erde umkreisenden Weltraumschrotts aus.
Die neueste ASAT-Rakete aus chinesischer Produktion ist die Dong-Neng-3, deren letzter Test 2018 stattfand. Russland entwickelt derzeit die ASAT-Rakete PL-19 Nudol, die zuletzt 2018 erfolgreich getestet wurde. Mittlerweile hat auch Indien bekanntgegeben, einen Testsatelliten in niedriger Umlaufbahn erfolgreich abgeschossen zu haben. Die Mission Shakti fand im März 2019 statt.
Während der 80er Jahre sollen sowjetische Laser laut US-Angaben angeblich mehrmals die optischen Sensoren von US-Spionagesatelliten «geblendet» haben. Solche Rubin- und Kohlendioxid-Laser, die sehr viel Energie brauchen, mussten notgedrungen am Boden stationiert sein. Das sowjetische Laser-Testzentrum Terra-3 befand sich in Sary Shagan im heutigen Kasachstan, wurde aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aufgegeben. Eine US-Delegation, die Terra-3 nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 besuchen durfte, stellte freilich fest, dass die sowjetischen Laser niemals in der Lage waren, Satelliten zu blenden.
Auch das US-Laser-System MIRACL konnte 1997 bei einem Test die optischen Sensoren eines Satelliten in 432 Kilometer Entfernung nicht blenden und wurde selber beschädigt. Ein zweiter, weniger energetischer Laser schaffte es dann, den Satelliten vorübergehend zu blenden.
Hier handelt es sich um Waffensysteme, die im Weltraum stationiert sind und von dort aus Ziele auf der Erde angreifen. Derzeit gibt es vermutlich keine solchen funktionsfähigen Systeme im Orbit. Interkontinentalraketen mit nuklearen Sprengköpfen legen zwar eine Teil ihres Wegs durch den Weltraum zurück, sind aber nicht eigentlich weltraumgestützt.
Konventionelle Waffensysteme sind gemäss dem Weltraumvertrag von 1967 erlaubt. Ein solches System, die sogenannten «Rods from God» («Stäbe von Gott»), greift auf frühere Konzepte des Luftkriegs zurück, wurde jedoch nie verwirklicht. Im Ersten Weltkrieg setzten die Fliegertruppen als Vorläufer der Bomben Fliegerpfeile aus Metall ein, die auf feindliche Truppen abgeworfen wurden. Auch im Vietnamkrieg kam ein ähnliches System zum Einsatz: «Lazy Dogs» genannte Stahlprojektile, die ähnlich wie Bomben geformt waren, jedoch keinen Sprengkörper enthielten, wurden aus rund 1000 Meter Höhe über Tunnelsystemen und Bunkern abgeworfen und zerstörten diese durch ihre Durchschlagskraft.
Die hypothetische Weltraumvariante dieses Konzepts besteht aus zylindrischen Stäben, die aus dem Orbit abgeworfen werden und mit Hyperschallgeschwindigkeit auf der Erdoberfläche einschlagen. Dank ihrer enormen Geschwindigkeit sollen sie auch stark befestigte und tief eingegrabene Bunkeranlagen zerstören können.
Die Idee, solche Bunkerbrecher aus dem All einzusetzen, kam bereits in den 50er Jahren auf und wurde zeitweise im «Projekt Thor» verfolgt. Die 6 bis 9 Meter langen Stäbe sollten aus Wolfram – das Metall mit dem höchsten Schmelzpunkt – bestehen, allenfalls auch aus Cermet (ein Verbundstoff aus Keramik und Metall). Solche Materialien können der enormen Hitze beim Eintritt in die Atmosphäre ohne gravierenden Masseverlust widerstehen. Die Stäbe enthalten keinen Sprengkörper; sie entfalten ihre Wirkung beim Aufschlag einzig durch die kinetische Energie.
Das Projekt Thor wurde wohl deswegen nie realisiert, weil es schlicht viel zu teuer gewesen wäre, solche schweren Stäbe in grosser Zahl in den Orbit zu bringen.
Das Pentagon sieht in Laserwaffen, die im Weltraum stationiert sind (Space based laser, SBL), die auf lange Frist bestmögliche Lösung für das Problem, Interkontinentalraketen mit nuklearen Sprengköpfen bereits in der Startphase zu zerstören. Die USA haben bereits erfolgreich Laserwaffen getestet, die von einer Boeing 747 aus Raketen zerstörten.
Die praktische Anwendung eines weltraumgestützten Laser-Abwehrsystems ist derzeit aber noch in weiter Ferne. Vor allen Dingen ist das Problem nicht gelöst, die enormen Energiemengen im Orbit bereitzustellen, die für einen solchen Einsatz nötig wären.
Seit den 60er Jahren ist bekannt, dass bei der Explosion einer Atombombe in grosser Höhe ein sogenannter nuklearer elektromagnetischer Impuls (NEMP) entsteht, der weiträumig elektrische Anlagen entweder zeitweilig stört oder gar dauerhaft zerstört. Menschen kommen durch die Bombe nicht direkt zu Schaden.
Die USA haben bisher nur ein einziges Mal eine EMP-Waffe getestet: 1962 im Test Starfish Prime. Damals detonierte eine Atombombe in 400 Kilometer Höhe über dem Pazifik, wobei noch in einer Entfernung von 1400 Kilometer Auswirkungen zu beobachten waren. Der NEMP war bedeutend stärker als vorhergesehen; eine Folge des Tests war, dass sieben Satelliten ganz oder teilweise funktionsunfähig wurden – darunter der erste zivile Kommunikationssatellit Telstar.
Offiziell führten die USA nach diesem Test keine weiteren Versuche mit EMP-Waffen mehr durch. Seit 1963 sind Atomwaffentests in der Atmosphäre und im Weltraum ohnehin vertraglich verboten. Zudem untersagt der Weltraumvertrag von 1967 die Stationierung von Atomwaffen im Weltraum.
Ähm ja, eine Macht, die nicht mal mehr Menschen ins all bringen kann und ihre Raketen mit Russischer Technik ()Triebwerke, etc.) betreibt...
Sie sind führend in der unbemannten Erforschung des Alls, die Russen haben aber wieder Geld und investieren wieder recht stark in die Raumfahrt.