Bisi.
Was für ein herrlich einfaches Wort für eine derart komplizierte Materie. Denn Bisi, oder eben Urin, besteht aus sehr vielen verschiedenen Stoffen. 95 Prozent sind Wasser, fünf Prozent von den Nieren aus dem Blut herausgefilterte Abfallstoffe wie Elektrolyte, Harnstoffe, Kreatinin, Harnsäure und und und. Bis zu 3000 verschiedene Chemikalien können im Urin nachgewiesen werden.
Die komplizierte Zusammensetzung ist schuld daran, dass sich wissenschaftliche Messungen von Urin im Poolwasser knifflig gestalten. Erschwerend kommt hinzu, dass viele davon mit den Chemikalien, die dem Poolwasser zur Desinfektion beigemischt werden, reagieren. So entstehen sogenannte DNP: Desinfektionsnebenprodukte. Davon gibt es wiederum hunderte. Was nach der Zersetzung vom Urin übrig bleibt, unterscheidet sich nicht mehr von Restprodukten anderer organischer Quellen.
Bisi ist im Pool also gar nicht so einfach identifizierbar. Poolpinkler dürfen getrost aufatmen: Aus ebendiesen Gründen existiert auch das sich verfärbende Wundermittel, das Beckenbrunzer enttarnen soll, (leider) nicht.
2017 gelang kanadischen Forscherinnen unter der Leitung von Professorin Xing-Fang Li von der Universität von Alberta in Sachen Poolbisiforschung aber der Durchbruch. Sie massen den Gehalt des künstlichen Süssstoffes Acesulfam-K. Acesulfam-K kommt in sehr vielen prozessierten Nahrungsmitteln vor und wird über den Urin wieder ausgeschieden. Das Gute an «Ace-K»: Es reagiert nicht mit Chlor und Co. Nach diesem Stoff suchte Lis Team. Sie beschafften sich 250 Proben aus 31 verschiedenen Pools in zwei kanadischen Städten. Zwei Pools untersuchten sie über einen längeren Zeitraum. Im Becken mit 830’000 Litern Wasser befanden sich im Schnitt 75 Liter Urin. Das bedeutet: Ungefähr 0,09 Promille des Poolwassers sind Bisi. Mit diesen Zahlen können wir Laien wenig anfangen. Deshalb die Umrechnung in Tropfen. Pro Liter Wasser (20’000 Tropfen) sind das knapp zwei Tropfen Urin.
Im Pool mit der halben Grösse (415'000 Liter) war die durchschnittliche Urinkonzentration noch geringer (0,07 Promille).
Lindsay K. Jmaiff Blackstock, die Co-Autorin der Studie, die in «Environmental Science & Technology Letters» publiziert wurde, betont gegenüber der CNN aber, dass diese Resultate nicht für alle Pools gelten. Der Uringehalt hänge von vielen verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem davon, wie viele Leute darin baden und wie oft das Wasser gewechselt würde.
Wie viele andere Experten empfiehlt sie, nicht in den Pool zu pinkeln. Denn zurück zu den Desinfektionsnebenprodukten, den DNPs: Von den vielen hundert DNPs, die aufgrund von Urin im Wasser entstehen, sind nicht alle harmlos. Einige stehen im Verdacht, Asthma auszulösen. Andere wiederum, kanzerogen zu sein.
Deshalb: Lasst das mit dem Poolpinkeln!