Die Proteste gegen übermässige Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA erhalten neues Feuer durch einen weiteren Todesfall. In Phoenix im Bundesstaat Arizona ist am Dienstag Rumain Brisbon, ein dunkelhäutiger 34-Jähriger mit vier Kindern, von einem weissen Polizisten beschossen und getötet worden.
Die Polizei von Phoenix verteidigt gegenüber dem Nachrichtenportal des US-Senders NBC das Verhalten des weissen Polizisten. Bürgerrechtler sehen indes Ähnlichkeiten des Vorfalls mit jenem von Michael Brown, der in Ferguson, Missouri, von einem Polizisten getötet worden war. Browns Tod und der Entscheid einer Grand Jury, den Polizisten nicht anzuklagen, hatten die seit Tagen laufende Protestwelle ausgelöst.
Brisbon war wie Brown unbewaffnet, als die Schüsse fielen. Nach Angaben der Polizei war eine Patrouille wegen vermutetem Drogenhandel im Einsatz, als sich Brisbon der Festnahme widersetzte und in seine Tasche langte. Daraufhin griff der Beamte nach ihm und meinte, in der Tasche eine Waffe zu spüren.
Als Brisbon nicht auf Aufforderungen reagiert habe, habe der Beamte zweimal auf ihn geschossen. In einzelnen Medien ist auch die Rede von von einem Gerangel, in das die beiden Männer verwickelt waren. Der 34-Jährige starb noch am Ort des Geschehens.
Es stellte sich heraus, dass das, was der Polizist spürte, ein Gefäss mit Schmerzmitteln war. Brisbon trug keine Waffe am Körper. Allerdings fand die Polizei in einem Fahrzeug eine nicht näher bestimmte Waffe sowie Marihuana. Ausgerückt war die Polizei wegen eines mutmasslichen Drogendelikts.
Eine Anwältin der Familie des Getöteten sprach von einer «sinnlosen Tragödie». Sie gab an, dass die Angaben von Zeugen der Darstellung der Polizei widersprechen würden. Sie kündigte ausserdem rechtliche Schritte an.
Für Donnerstagabend und Freitag kündigten Bürgerrechtsgruppen Märsche in Phoenix an. Die Anspannung in den USA ist derzeit besonders hoch, nachdem in zwei verschiedenen tödlichen Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze eine Grand Jury entschieden hatte, dass sich die weissen Polizisten nicht dafür verantworten müssen.
In Erinnerung an die Fälle liefen am Donnerstagabend Demonstranten mit erhobenen Händen durch New York und riefen «keine Gerechtigkeit, kein Frieden» und «Rassismus tötet».
Sie besetzten ganze Strassen und die Brooklyn Bridge, über der Stadt kreisten Helikopter, es blieb aber weitgehend friedlich. 80 Menschen wurden wegen Verkehrsbehinderung vorübergehend festgenommen.
Schon am Mittwochabend hatte es Proteste gegeben, nachdem sich eine Grand Jury im Fall Eric Garner gegen eine Anklage gegen den beteiligten weissen Polizisten entschieden hatte. Der schwarze unter Asthma leidende Familienvater war Mitte Juli an den Folgen eines Würgegriffs bei einem Polizeieinsatz in New York gestorben.
In Erinnerung an den 43-jährigen Garner legten sich zahlreiche Demonstranten am Union Square im Stadtteil Manhattan auf den Boden und riefen «Ich kann nicht atmen» - das waren Garners letzte Worte, wie später auf einem Amateurvideo zu sehen war. Bei ihrem Marsch über die Brooklyn Bridge trug eine Gruppe zehn schwarze Särge, auf denen die Namen von Menschen standen, die durch die US-Polizei starben.
Eric Garner's last words. pic.twitter.com/5lbqIEm63t
— John Green (@johngreen) December 4, 2014
New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio versprach am Donnerstag, die angekündigte Reform der Polizei durchzusetzen und eine Umerziehung seiner Sicherheitskräfte in die Wege zu leiten. Die «New York Times» berichtete am frühen Freitag, dass rund 22'000 Polizisten der Stadt in Kursen lernen sollen, wie sie Krisensituationen nach Möglichkeit entschärfen können, bevor sie zur Waffe greifen.
Auch am Foley Square in Manhattan nahe der Polizeizentrale der Stadt demonstrierten tausende Menschen gegen exzessive Polizeigewalt. In Washington gab es ähnliche Proteste von mehreren Dutzend Menschen. Der Zorn der Demonstranten richtet sich gegen mehrere Vorfälle.
Das Justizministerium übte am Donnerstag Kritik an der Polizei in der Grossstadt. Eine Untersuchung habe ein Muster von «übermässigem Gewalteinsatz» durch die Polizeikräfte zu Tage gefördert, sagte Justizminister Eric Holder.
Die bereits vor 18 Monaten eingeleitete Untersuchung stand aber nicht im Zusammenhang mit dem Schicksal des zwölfjährigen Tamir Rice (trs/sda/afp/dpa)