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Russland: Was bislang zum Tod von Darja Dugina bekannt ist

Russische Gruppe reklamiert Anschlag auf Dugina für sich – was bislang bekannt ist

22.08.2022, 04:2922.08.2022, 14:28
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Am Samstagabend ist bei einem Anschlag nahe Moskau die Russin Darja Dugina ums Leben gekommen. Die Tochter des bekannten Nationalisten Alexander Dugin starb bei der Explosion eines Autos, in welchem sie sich befand. Der Vorfall schlug auch im Ausland hohe Wellen – das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum ist der Vorfall so relevant?

Der Anschlag in Russland sorgte international für Schlagzeilen, obwohl das Todesopfer, Darja Dugina, im Ausland kaum bekannt war. Dass das Interesse derart gross ist, liegt in erster Linie an der Bekanntheit von Duginas Vater, Alexander Dugin.

Darja Dugina wurde in der Nähe von Moskau getötet.
Darja Dugina wurde in der Nähe von Moskau getötet.bild: twitter

Der Autor gilt als Kreml-nah und ultranationalistisch, ihm wird eine grosse Bedeutung für Präsident Wladimir Putin nachgesagt. So wird Dugin regelmässig als Einflüsterer oder als «Gehirn» Putins bezeichnet. Er gilt als glühender Verfechter der «Spezialoperation» der russischen Armee in der Ukraine.

>> aktuelle Entwicklungen in der Ukraine im Liveticker

So sagte er etwa, die Existenz einer einheitlichen Ukraine sei «nicht hinnehmbar». Im Laufe des Kriegs rief Dugin dann dazu auf, ukrainische «Faschisten» zu «töten, töten, töten».

Wer ist für den Anschlag verantwortlich?

Lange Zeit war es unklar, wer den Anschlag auf Dugina ausgeführt hatte. Am späten Sonntagabend wurden dann aber erste Hintergründe bekannt. Ilja Ponomarjew, ein russischer Politiker, der wegen Anti-Kreml-Aktivitäten aus der Duma ausgeschlossen worden war, sprach in der ukrainischen Hauptstadt Kiew über den Anschlag. In einer Rede sagte er, eine russische Partisanengruppe mit dem Namen «Nationale Republikanische Armee» (NRA) sei dafür verantwortlich.

March 25, 2017 - Kiev, Ukraine - Former deputy of the Russian State Duma ILYA PONOMAREV during the funeral ceremony for former deputy of the Russian State Duma DENIS VORONENKOV in the St. Volodymir ca ...
Der ehemalige Duma-Politiker Ponomarjew lebt heute in Kiew.Bild: IMAGO / ZUMA Wire

Ponomarjew las danach ein Manifest vor, das offenbar von dieser Gruppe verfasst worden war. In diesem äusserte die NRA Kritik an Wladimir Putin:

«Wir erklären Präsident Putin zum unrechtmässigen Machteroberer und Kriegsverbrecher, der die Verfassung geändert, einen Bruderkrieg zwischen den slawischen Völkern entfesselt und russische Soldaten in den sicheren und sinnlosen Tod geschickt hat. Armut und Särge für die einen, Paläste für die anderen – die Essenz seiner Politik. Wir glauben, dass entrechtete Menschen das Recht haben, gegen Tyrannen zu rebellieren. Putin wird von uns abgesetzt und zerstört!»

Die Nationale Republikanische Armee war bislang unbekannt gewesen. Ob die Gruppe tatsächlich für den Anschlag verantwortlich ist, konnte nicht unabhängig überprüft werden.

Galt der Anschlag Alexander Dugin?

Dies ist bislang unklar. Russische Ermittler erklärten, es werde in verschiedene Richtungen ermittelt. Ob der Anschlag dem Vater gegolten haben könnte, liess man offen – es scheint aber durchaus denkbar.

FILE - In this photo taken on Thursday, Aug. 11, 2016, Alexander Dugin, the neo-Eurasianist ideologue, sits in his TV studio in central Moscow, Russia. The daughter of this Russian nationalist ideolog ...
Alexander Dugin gilt als ultranationalistisch.Bild: keystone

Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax hatten Dugin und seine Tochter am Samstag gemeinsam das patriotische Festival «Tradition» besucht, das von einer Stiftung von Wladimir Putin unterstützt wird. Angeblich wollten die beiden nach dem Festival im selben Fahrzeug nach Hause fahren. Dugin habe sich dann aber kurzfristig für einen anderen Wagen entschieden. Wie ein Freund Duginas der Nachrichtenagentur Tass sagte, soll es sich beim zerstörten Auto um dasjenige des Vaters handeln.

In this handout photo taken from video released by Investigative Committee of Russia on Sunday, Aug. 21, 2022, investigators work on the site of explosion of a car driven by Daria Dugina outside Mosco ...
Russische Ermittler untersuchen den Tatort.Bild: keystone

Auch im Manifest der NRA wird nicht klar, ob Dugin beim Anschlag ebenfalls hätte getötet werden sollen. Dugina wird in diesem als «legitimes Ziel» und treue Begleiterin ihres Vaters beschrieben, der den Völkermord in der Ukraine unterstützte. «Sie war eine Stimme, die zu Gewalt und Mord aufrief», so die Worte der NRA.

Wie reagierte Russland auf den Anschlag?

Russische Nationalisten und Kreml-nahe Politiker zeigten sich nach dem Anschlag auf Dugina entsetzt. Zudem machten viele sogleich die Ukraine für die Tat verantwortlich. «Die Terroristen des ukrainischen Regimes haben versucht, Alexander Dugin zu liquidieren, und haben seine Tochter in die Luft gesprengt ... im Auto», so der Anführer der Separatistenhochburg Donezk, Denis Puschilin, auf Telegram.

Margarita Simonyan, die Chefredaktorin des russischen Senders RT, forderte deswegen Vergeltung. «Entscheidungszentren!! Entscheidungszentren!!!», schrieb sie als Aufforderung an den Kreml für einen Angriff. Zudem kündigte sie an: «Kiew wird beben.»

Der Kreml zeigte sich bisher eher zurückhaltend. Sprecherin Marija Sacharowa schrieb aber auf Telegram, dass es sich um «Staatsterror» handeln würde, sollten Verbindungen zur Ukraine gefunden werden.

Was sagt die Ukraine zum Vorfall?

Die Ukraine wies die Verantwortung für die Tat sogleich von sich. «Die Ukraine hat natürlich mit der gestrigen Explosion nichts zu tun», so Mychajlo Podoljak, der Berater von Wolodymyr Selenskyj. «Wir sind kein krimineller Staat wie die Russische Föderation – und schon gar kein Terrorstaat», sagte er bei einem Auftritt im TV.

Mykhailo Podolyak, adviser to the Ukrainian Presidential office and member of the Ukrainian delegation speaks to the media after Ukrainian-Russian peace talks in Gomel region, Belarus, Monday, Feb. 28 ...
Mychajlo Podoljak sagt, die Ukraine habe nichts mit dem Anschlag zu tun.Bild: keystone

In der Ukraine wird zudem spekuliert, Russland könnte selbst hinter dem Anschlag stecken, um dann der Ukraine die Schuld dafür zu geben. Damit könnte eine allfällige Generalmobilmachung gerechtfertigt werden. Anzeichen auf eine solche gibt es bislang aber keine.

(dab)

Quellen

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67 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Liebu
22.08.2022 06:24registriert Oktober 2020
Der Widerstand in Russland scheint sich zu formieren. Eine Front auch in Russland, von Russen.
Es ist aber noch ein langer Weg bis der Widerstand in Russland Wirkung zeigen wird.
Der Umsturz muss aber von innen kommen. Der Anfang ist gemacht.
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Jo Kaj
22.08.2022 07:25registriert Juli 2019
«Sie war eine Stimme, die zu Gewalt und Mord aufrief», so die Worte der NRA.

Die Geister, die man rief...
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Heinz666
22.08.2022 07:15registriert Dezember 2020
Das Regime beginnt zu bröckeln!💪
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67
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