Atomabfälle: Atommüll-Standort Nördlich Lägern ist noch nicht aus dem Rennen

Atomabfälle: Atommüll-Standort Nördlich Lägern ist noch nicht aus dem Rennen

09.09.2015, 16:00

Das Gebiet Nördlich Lägern bleibt im Auswahlverfahren für ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle. Die Nagra hat «ungenügende und nicht nachvollziehbare Daten» zur maximalen Tiefenlage geliefert und soll nun weitere Unterlagen nachreichen.

Jura Ost und Zürich Nordost: Diese beiden Standorte hatte die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) im Januar für die Lagerung sowohl von schwach- und mittelradioaktiven als auch von hochradioaktiven Atomabfällen vorgeschlagen.

Nur noch diese beiden Gebiete sollten in der dritten Etappe des Auswahlverfahrens vertieft untersucht werden. Aus dem Rennen nahm die Nagra die in der ersten Etappe noch im «Sachplan geologische Tiefenlager» enthaltenen Standorte Jura Südfuss (SO/AG), Nördlich Lägern (ZH/AG), Südranden (SH) und Wellenberg (NW/OW).

Der Nagra-Vorschlag sei in der Zwischenzeit zusammen mit externen Experten «detailliert und ergebnisoffen» geprüft worden, sagte Meinert Rahn vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI am Mittwoch in Zürich vor den Medien.

Dabei sei festgestellt worden, dass der von der Nagra erstellte technisch-wissenschaftliche Bericht nicht genüge. Das ENSI könne anhand der eingereichten Unterlagen die «bautechnische Machbarkeit» nicht abschliessend beurteilen. Die Frage eines Journalisten, ob die Nagra unsorgfältig gearbeitet habe, wollte Rahn nicht kommentieren.

Nicht genügend begründet

Die Nagra hatte ursprünglich die maximale Tiefe für den Bau eines sicheren Endlagers auf 900 Meter festgelegt, später jedoch diese Grenze um 200 Meter nach oben korrigiert. Diese Korrektur hatte dazu geführt, dass die Nagra den Standort Nördlich Lägern zurückgestellt hat, weil dort der Opalinuston tiefer liegt als an beiden anderen evaluierten Stellen im östlichen Jura und im Zürcher Weinland.

Die Begründung des Evaluationsentscheides der Nagra sei nicht nachvollziehbar, sagte Rahn. Unter anderem wirft das ENSI der Genossenschaft vor, nicht mehr aktuelle Daten verwendet zu haben. Man habe deshalb das Bundesamt für Energie (BFE) ersucht, von der Nagra für alle Standorte weitere Unterlagen zum Aspekt «Tiefenlage im Hinblick auf bautechnische Machbarkeit» einzuholen.

Bundesratsentscheid verzögert sich

Nach Fahrplan sollte der Bundesrat Mitte 2017 auf der Grundlage aller Ergebnisse entscheiden, ob er den von der Nagra vorgeschlagenen Gebieten zustimmt. Für Michael Aebersold vom BFE steht jedoch bereits jetzt fest, dass dieser Termin nicht eingehalten werden kann.

Obschon das ENSI die Prüfung der bereits vorliegenden Unterlagen weiter treibe, verzögere sich der Zeitplan der Standortsuche um sechs bis zwölf Monate. Die Sicherheit und die Qualität hätten jedoch beim Auswahlverfahren oberste Priorität, betonte Aebersold. Das BFE wolle ein transparentes und faires Auswahlverfahren.

Grundsätzlich gelte, dass alle sechs potenziellen Standortgebiete so lange im Auswahlverfahren blieben, bis der Bundesrat entschieden habe, welche Standortgebiete in der dritten Etappe tatsächlich vertieft untersucht werden sollen.

Die Regionalkonferenz Nördlich Lägern ist über den Entscheid des BFE enttäuscht. «Seit Februar glaubten wir, dass in unserer Region ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle wohl eher nicht gebaut wird», schreibt deren Präsident Hanspeter Lienhard in einer Mitteilung. Nun werde man erst in einem Jahr wissen, ob der Standort Nördlich Lägern definitiv zurückgestellt werde.

Unterschiedliche Reaktionen

Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) ist über die Kritik von BFE und ENSI an der Unvollständigkeit der Nagra-Unterlagen nicht überrascht. Die «voreilige Eingrenzung» auf zwei potenzielle Standorte sei willkürlich gewesen.

Ein älterer technischer Bericht habe keine Zweifel offen gelassen, dass Nördlich Lägern genau so wie alle andern Standorte für hochradioaktive Abfälle geeignet sei. «Plötzlich und ohne zusätzliche geologische Untersuchungen erhielt dieser Standort bei der Einengung schlechtere Noten und wurde rausgekippt», schreibt die SES. (sda)

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