Im Baugewerbe bahnt sich wegen dringend notwendiger Änderungen bei der vorzeitigen Pensionierung ein Arbeitskonflikt an. An Protest-Aktionen sprachen sich die ersten Bauarbeiter für einen Streik aus.
In zehn Tagen finden neue Verhandlungen zwischen dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) und den Gewerkschaften statt. Allen ist klar, angesichts der geburtenstarken Jahrgänge, die bis 2024 im Bau vorzeitig pensioniert werden, wird die Frühpensionierung im Bau weiter in finanzielle Schieflage geraten.
Die Gewerkschaft Unia verlangt vom SBV seit letztem Herbst direkte Verhandlungen über das Problem Rente, wie Nico Lutz, Leiter Sektor Bau bei Unia, am Donnerstag auf Anfrage der sda sagte. Sie fordere eine moderate Erhöhung der Beiträge für alle und sei bereit, über Leistungen zu diskutieren. Es sollen nicht nur die Babyboomer-Jahrgänge bestraft werden.
Einbusse oder Rentenerhöhung
Der Baumeisterverband will flexibel für jeden Versicherten entweder das Rentenalter erhöhen oder die Leistungen kürzen. Vorgeschlagen wurde eine frühzeitige Pensionierung mit 60, die mit einer Einbusse der Rente um 20 Prozent verbunden ist, wie Gian-Luca Lardi, Zentralpräsident des SBV auf Anfrage der sda sagte.
Die zweite Option sei eine Rentenerhöhung auf bis 62 Jahre, ohne Einbussen. Irgendwo müsse angesetzt werden, so Lardi.
Laut Unia-Vertreter Lutz sind die Renten mit durchschnittlich 4500 Franken schon so tief, dass keine weiteren Kürzungen drinliegen. Zudem sei das Rentenalter 60 heilig, weil die meisten schon vorher nicht mehr arbeitsfähig seien. «Wer das Rentenalter 60 im Bau angreift, greift die Würde der Bauarbeiter an», so Lutz.
Derzeit führen die Gewerkschaften Abstimmungen über allfällige Kampfmassnahmen durch. So fand etwa (gestern) Mittwoch auf einer Baustelle des Unternehmens Frutiger in Bottmingen BL über Mittag eine Protestaktion statt. Rund 50 Bauarbeiter hätten sich einstimmig für Kampfmassnahmen ausgesprochen, so die Unia.
Demonstration am 23. Juni
In den nächsten Monaten steht nicht nur die Sanierung der Frühpensionierung an, sondern auch eine Erneuerung des Landesmantelvertrages (LMV). Dort sind sich die Sozialpartner uneinig über Lohnkürzungen für ältere Bauarbeiter und Arbeitszeiterhöhungen, wie Lutz ausführte.
Am 23. Juni planen die Gewerkschaften in Zürich eine Demonstration. Möglicherweise komme es im Herbst zu Protestaktionen und Warnstreiks, sagte Lutz.
In der Baubranche obliegt die frühzeitige Pensionierung der Stiftung GAV FAR (für einen flexiblen Altersrücktritt). Arbeitnehmer- und Arbeitgeber geben ihre Forderungen dort ein. Die Gewerkschaften verlangten seit Herbst direkte Verhandlungen mit dem Baumeisterverband. Dieser verweist auf die Stiftung. Laut SBV blockieren die Gewerkschaften die Sanierung in der Stiftung FAR.
Die Gewerkschaften wiederum sagen, der SBV delegiere die Verantwortung an die Stiftung, die aber gar keine Befugnis habe, die Pensionierungsbestimmungen selber zu ändern. (sda)