Seit Dienstag hat das Tessin einen neuen Regierungspräsidenten. Der knapp 57-jährige Claudio Zali sitzt für die Lega dei Ticinesi in der Exekutive. Immer wieder kratzt er an den Prinzipien der Lega.
Der frühere Richter war vor fünf Jahren ohne Wahl als Nachfolger für den früh verstorbenen damaligen Umweltdirektor in die Exekutive gelangt. Anders als seine oft hemdsärmeligen Lega-Kollegen ist er eher zurückhaltend, der Auftritt vor den Kameras ist weniger sein Ding.
Blond und blauäugig, oft mit einem melancholischen Zug im Gesicht, kann der Umwelt- und Verkehrsdirektor mitunter wie ein desillusionierter Einzelgänger wirken, der dem gewöhnlichen politischen Lauf der Dinge keine populistische Strategie, sondern seine Persönlichkeit entgegensetzen will.
Dem Ex-Richter geht es ums Detail und um die sogenannten «kleinen Leute». Die Menschen setzen auf ihn. Hat jemand ein Problem, etwa weil zum wiederholten Mal ein Umweltproblem unterschlagen wird, heisst es: «Dobbiamo scrivere a Zali.» Wir müssen das Zali schreiben.
Autofan mit Umweltbewusstsein
Seine Vorliebe für Sportwagen und Autorennen trug ihm anfangs grosse Skepsis der Umweltorganisationen ein. Doch obschon selber Auto- und Motorenfreak, setzt er Umweltanliegen durch und versucht damit der Lega-Politik eine neue Richtung zu geben.
Um die Tausenden Grenzgänger im Südtessin dazu zu bringen, Fahrgemeinschaften zu gründen, setzte der «Uomo di legge», der Mann des Gesetzes, wie er sich selber nennt, mittels Volksabstimmung durch: Mit Parkplatzgebühren werden die «grossen Verkehrserzeuger» wie Grossbetriebe und Shoppingcenter zur Kasse gebeten, und die Einnahmen fliessen in den öffentlichen Verkehr. Dieses Prinzip war seit 1994 im Gesetz verankert, aber bisher nie realisierten worden.
Mit mit einer allgemeinen verursacherkonformen Sackgebühr wandte er sich gegen eines der Urprinzipien der Lega dei Ticinesi. Sein Vorgänger hatte die Subventionen für die S-Bahn-Verbindung von Chiasso nach Como gestrichen, weshalb die pendlerfreundliche Zugverbindung eingestellt werden musste. Zali führte sie wieder ein und ermöglichte dadurch Pendlerzüge im Südtessin.
Zali ist zwar ein Leghist der ersten Stunde, doch scheut er sich nicht, die ehernen Lega-Prinzipien anzukratzen. Und er war schon oft für Überraschungen gut. (sda)