Nach dem jüngsten Notrufnummern-Ausfall in der Nacht auf Mittwoch wird das bestehende Notrufsystem kritisiert und es werden technische Verbesserungen gefordert. Das zuständige Bundesamt hat eine vertiefte Abklärung angekündigt.
Laut Theo Flacher, Bereichsleiter Einsatz & Prävention bei Schutz & Rettung Zürich, liefen während des anderthalbstündigen Ausfalls 40 (echte) Notrufe ins Leere.
Die Swisscom hat einen gesetzlich vorgeschrieben Grundversorgungsauftrag. Darum können die Blaulichtorganisationen bei der technischen Umsetzung des Notrufnummer-Systems auch nicht einfach zur Konkurrenz wechseln.
Dass Verbesserungsbedarf besteht, wissen wir seit Jahren. Der Föderalismus erschwert einheitliche Lösungen, und der Bundesrat hatte sich gegen eine landesweite Priorisierung der europäischen Notrufnummer 112 ausgesprochen.
Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) veröffentlichte schon 2013 einen Bericht mit einer Bestandesaufnahme zu den Notrufdiensten. Darin hiess es:
Kommt hinzu: Die Situation hat sich durch die fortschreitende Digitalisierung – Stichwort Voice over IP (VoIP) statt analoger Telefonleitungen – verkompliziert. Nicht auszudenken, was bei einem längeren Stromausfall, bzw. Blackout, wäre ...
Immerhin scheint die kantonsübergreifende Zusammenarbeit der Rettungs- und Sicherheitskräfte bei Ausfällen zu klappen. Entsprechende Notfallkonzepte haben sich bewährt.
Wenn das Internet ausfällt, ob mobil oder stationär, dann muss man sich die Informationen über andere Kanäle holen, wie zum Beispiel über Radio oder die Nachbarn. Und es gilt auf ein funktionierendes Handynetz zu hoffen.
Wer ein Smartphone besitzt, sollte die folgenden Apps installieren, um sich für Notsituationen zu wappnen:
Wobei die Polizei Basel-Landschaft erklärte, dass die Alertswiss-App während der jüngsten Swisscom-Panne und dem Ausfall der Internet-Dienste nicht funktionierte.
In der Schweiz gibt es laut Bakom-Bericht sechs Kurznummern für die wichtigsten Notrufdienste:
Bei den Beratungs-Hotlines 143 und 147 wird nicht automatisch versucht, den Standort zu bestimmen (über eine Abfrage bei der Swisscom-Tochterfirma directoriesDATA). Hier soll ja die Privatsphäre der Anrufenden geschützt werden.
Hinzu kommt 145 – Tox-Info Suisse bei Vergiftungen, wie uns ein aufmerksamer watson-User geschrieben hat.
Wir haben ein gesetzlich festgeschriebenes Recht darauf, in einer Notsituation telefonisch Hilfe anfordern zu können. Sei dies bei Katastrophen, Unfällen oder Verbrechen.
Nachdem es in Österreich im Oktober 2019 einen stundenlangen und landesweiten Ausfall der Notrufnummern gab, wurden Krisenstäbe eingesetzt und die Verantwortlichen diskutierten Verbesserungen. (siehe Chronologie, unten).
Wie das Schweizer Notrufsystem krisenresistenter gemacht werden kann, darüber berät nun auch die Politik. Zunächst gilt es aber die Abklärungen des Bakoms abzuwarten.
Die Verantwortlichen in den Blaulichtorganisationen wollen sich auch ihre Gedanken machen. Schon bei früheren Ausfällen wegen technischer Pannen bei Swisscom hatte es kritische und ungeduldige Äusserungen gegeben.
Die Swisscom schreibt nun:
Der Unternehmer und Politiker Fredy Künzler, Gründer des Internet-Providers init7, rät den zuständigen Stellen via Twitter, man solle sich nicht allein auf die Swisscom verlassen. «Würden die Notrufnummern auf zwei Provider verteilt, würde wenigstens eine Notrufnummer funktionieren.»
Morgen wird sich die Politik zum #Notrufnummer-Ausfall äussern.
— Fredy Künzler (@kuenzler) February 12, 2020
Konstruktiver Vorschlag: Eine oder zwei der Notrufnummern (z.B. 112, 118) sollte von einem anderen Voice-Provider terminiert werden.#SwisscomDown #Swisscom
Vom grössten Schweizer Polizei-Corps, der Kantonspolizei Zürich, heisst es, «man wolle im Laufe des Tages eine Medieninformation über den Vorfall publizieren».
Von Swisscom werden nicht nur in technischer Hinsicht Verbesserungen gefordert. In Kommentaren bei Twitter wird die mangelhafte Krisenkommunkation kritisiert.
Bei @Swisscom_de gab es nicht nur technische Probleme, sondern auch unklare, verschleierte Kommunikation.
— Markus Hostettler (@hostettlerma) February 12, 2020
„Internetbasierte Dienste“ ist nichts sagend – alles kann es sein. Wieso nicht Klartext reden: Notrufnummern, Festnetz, Mobilnetz, Swisscom-TV usw. aktiv benennen?#Ausfall https://t.co/OxqzjkEuzC
In den letzten Monaten gab's eine Häufung. Mit jedem Ausfall steigt das Risiko, dass Betroffene in einer Notsituation nicht rechtzeitig die Rettungskräfte alarmieren können.
Der jüngste Ausfall betrifft alle Schweizer Notfallnummern und dauert nach Angaben der Swisscom von 22.33 Uhr am Dienstagabend bis 00.10 Uhr am Mittwoch.
Betroffen waren laut Angaben eines Swisscom-Sprechers internetbasierte Dienste, die Festnetz-Telefonie inklusive Notrufnummern, teilweise die Mobilfunktelefonie.
Zufall oder nicht? Seit den frühen Morgenstunden des 12. Februar traten auch in deutschen Mobilfunk-Netzen (der Betreiber Telekom, Vodafone und 1&1) grossflächige Störungen auf. Bei allestörungen.de gab's viele Meldungen.
In mehreren Kantonen funktioniert an dem Freitagmorgen der Polizei-Notruf nicht. Auch jener der Feuerwehr und des Rettungsdienstes ist laut Medienberichten betroffen. Störungen und zum Teil ganze Netzausfälle vermelden die Kantone Uri, Obwalden, Zürich, Thurgau, Solothurn, Schwyz, Basel-Landschaft, Bern, Tessin, Luzern und Freiburg.
Wegen technischer Probleme sind die Notrufnummern 117 und 112 in der Stadt Zürich am Freitagvormittag teilweise nicht erreichbar. Grund für die Panne war ein technisches Problem bei der Swisscom. Laut einer Sprecherin wurde wegen einer geänderten System-Konfiguration ein Teil der Anrufe nicht mehr an die Notfallnummer 117 weitergeleitet.
Im Nachbarland Österreich funktionieren die offiziellen Notrufnummern während mehrerer Stunden nicht. Ein Hardware-Fehler bei einem Provider legt das System laut Medienberichten flächendeckend lahm. Für die Bevölkerung werden Mobilfunk-Telefonnummern als Ersatz kommuniziert.
Sorry, aber das kanns ja nicht sein... dies ist vom Bund zu regeln. Swisscom Hauptanbieter und bei Ausfall automatische Weiterleitung und Redundanz bei Sunrise und Salt mit entsprechender Vergütung an die Firmen. Die Notfallorganisation muss einen Anschluss haben, wo es egal ist, über welchen Provider das Telefon läuft.
#getyoursh**together