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Roger Schawinski über die Gründe, keinen Tesla mehr zu kaufen

Elon Musk ist mit seiner Machtfülle und seiner labilen Art ein Klumpenrisiko für Tesla, findet Medienpionier Roger Schawinski.
Elon Musk sei mit seiner Machtfülle und seiner labilen Art ein Klumpenrisiko für Tesla, findet der Schweizer Medienpionier Roger Schawinski.Bild: Pixabay/Claudio Thoma

Darum würde Roger Schawinski keinen Tesla mehr kaufen

Er ist ein Tesla-Fahrer der ersten Stunde, doch nun schüttelt Roger Schawinski den Kopf über das Benehmen von Elon Musk. Wirken sich dessen Eskapaden auf die Absätze der Elektroauto-Marke Tesla aus?
22.03.2024, 06:0522.03.2024, 06:05
Bruno Knellwolf / ch media
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Die Marke Tesla hat ein Chef-Problem. Elon Musks Eskapaden auf X häufen sich, das geht von Hitlervergleichen bis zur plötzlichen Hinwendung Richtung Putin, nachdem er zu Kriegsbeginn die Ukraine noch mit seinen Internet-Satelliten Starlink unterstützt hatte.

Bankexperten von der Bank of America betrachten Musks regelmässige Medien-Updates auf X als schlecht für die Tesla-Aktie. Die ist weit von ihrem Höhepunkt entfernt – vor zwei Jahren war sie noch 380 Dollar wert, jetzt rund 170.

Hochtrabend sind Musks Pläne aber immer noch. Vor kurzem hat er auf seiner Plattform X die Produktion des schnellsten Elektroautos der Welt gezwitschert. Der angekündigte Tesla Roadster beschleunigt in 2,1 Sekunden auf 100, ist über 400 km/h schnell und soll eine Reichweite von 1000 Kilometern haben. Für 50'000 Schweizer Franken kann man den schönen Tesla Roadster bereits heute vorbestellen.

epa11218287 Tesla CEO Elon Musk carries his son X AE A-XII during a visit to the Tesla electric car plant in Gruenheide near Berlin, Germany, 13 March 2024. Musk is in Germany to visit Tesla's gi ...
Elon Musk mit Bodyguards in Grünheide bei Berlin.Bild: keystone

Allerdings halten Musks Ankündigungen nicht immer, was sie versprechen. Das Elektro-Superauto hat er bereits 2017 angekündigt und auf 2020 angesagt. Nun soll es im nächsten Jahr in Serie produziert werden.

Verzögerungen gibt es auch beim Super-SUV Cybertruck. Somit ist trotz neuerlicher Ankündigung von Elon Musk nicht klar, wann der pfeilschnelle Roadster wirklich zum ersten Mal auf der Strasse zu sehen sein wird.

Zudem stellt sich die Frage, ob Musk mit seinen Eskapaden die Kundschaft nicht verscheucht.

Für Schawinski war Musk einst ein Superheld

Medien-Pionier Roger Schawinski (78) war einer der ersten Zwanzig in der Schweiz, der Musks Erfolgsmodell S gekauft hat. «Musk war für mich ein absoluter Hero, ein Pionier», sagt Schawinski. Nun verhalte sich der Tesla- und Space X-Chef unmöglich, politisch wie sozial.

Musk sei mit seiner Machtfülle und seiner labilen Art ein Klumpenrisiko für Tesla. Unter dem Titel Meinungsfreiheit habe er Twitter gekauft und zu X gemacht. Nun sei X eine Plattform für rassistische Propaganda.

«Ich würde wegen Musk keinen Tesla mehr kaufen», sagt Schawinski. Der Sympathiebonus sei wohl bei vielen weg. Vor allem auch in den fortschrittlichen technologieaffinen Kreisen, die in den Anfängen, als Musk mit seinem Tesla einen grossen Vorsprung gegenüber allen anderen Elektroautos hatte, die kalifornischen Fahrzeuge gekauft hätten.

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Der Tesla-Chef Elon Musk bei der Vorstellung des Roadsters im Jahr 2017. Nun hat er das Super-Elektroauto für nächstes Jahr angekündigt.Bild: EPA/TESLA

Musks Imageverlust scheint sich allmählich auf den Schweizer Strassen zu zeigen. Die letzten beiden Jahre war das Tesla Model Y hierzulande das beliebteste Auto. Diesen Februar wurde es gemäss Zahlen von Auto Schweiz knapp vom Skoda Octavia überholt.

Eine Trendwende? «Heute gelieferte Fahrzeuge sind meist schon vor Monaten bestellt worden», erklärt Christoph Wolnik, stellvertretender Direktor von Auto Schweiz. Nachfrage Rückgänge wegen Musks Gebaren zeichnen sich also nur verzögernd ab.

Mehr Tesla Model Y auf Schweizer Strassen: Kumulierte Werte der wöchentlichen Neuzulassungen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein.
Grafik: Ruben Schönenberger

Was Tesla wirklich gefährlich werden kann

Andreas Herrmann, Direktor des Instituts für Mobilität an der Universität St.Gallen, sagt dazu: «Von Elon Musk erwarten wir stets kuriose Aktivitäten und Äusserungen.» Bislang habe das ihm und der Marke Tesla nicht geschadet. «Ganz im Gegenteil: Seine Kuriosität hat die Marke stets interessant gehalten.»

Das liege auch daran, dass sich viele Tesla-Kunden selbst als Nichtmainstream verstünden. Hermann sagt:

«Die Solidarität mit Putin könnte vielleicht in Europa massiv Irritationen auslösen, in den USA eher weniger – die Ukraine ist weit weg von den USA. Bei aller Empörung über diese Solidarität, der ich mich auch anschliesse, ich glaube nicht, dass der Marke deswegen viel passiert.»

Trotzdem teilt Herrmann die Ansicht von Schawinski, dass Tesla seinen Vorsprung eventuell nicht mehr halten könne. «Die Gefahr für Tesla kommt weniger aus den Äusserungen von Musk, sondern von chinesischen E-Fahrzeugen.»

Die Chinesen bieten inzwischen eine verbesserte Qualität zu günstigeren Preisen an, womit sie im mittleren und unteren Fahrzeugsegment Tesla das Leben schwer machen werden. Insbesondere die chinesische Marke BYD und einige andere kommen mit Vehemenz auf den Markt.

«Sie haben einen gigantischen Heimmarkt, der es ihnen erlaubt, enorme Skalenerträge zu erwirtschaften, die es dann ermöglichen, gute, aber günstige Fahrzeuge zu exportieren. Allerdings ist der Vertrieb derzeit das Hauptproblem vieler chinesischer Anbieter.»

Zudem reden auch die europäischen Autohersteller inzwischen nach verzögertem Start ein Wörtchen mit auf dem Elektromarkt. «Man darf nicht vergessen, dass Tesla letztes Jahr mit knapp 17 Prozent E-Marktanteil zwar gut unterwegs war – aber über 80 Prozent der neuen Elektroautos 2023 sind eben nicht von Tesla», sagt Wolnik von Autoschweiz.

Was ist mit den deutschen Herstellern?

Marktführer bei E-Autos in der Schweiz ist bezüglich der Importe nicht Tesla, sondern die AMAG, welche die Marken des Volkswagen-Konzerns verkauft, also VW, Audi, Skoda und Seat. Und BMW konkurrenziert Tesla mit dem neuen i5-eDrive und rund 500 Kilometern Reichweite.

«Die deutschen Hersteller sind eher auf das Premiumsegment konzentriert – bis auf VW», sagt Herrmann. Das neue Flaggschiff ID.7 von VW ist bereits ab 66'500 Franken zu haben, der für 2027 geplante ID.1 soll nur 20'000 Euro kosten.

Die beliebtesten E-Autos in der Schweiz: Anzahl in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein neuzugelassener Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb im Jahr 2024 (bis und mit Kalenderwoche 11) nach Model ...
Nur Personenwagen mit rein elektrischem Antrieb.Tabelle: Ruben Schönenberger

Der Mobilitätsprofessor denkt, dass die chinesischen Anbieter vor allem das untere und mittlere Segment sehr bald dominieren werden. Allerdings wegen ihrer günstigen Produkte und weniger wegen der Irrungen und Wirrungen von Elon Musk.

Zurzeit erlebt der Elektroauto-Markt nach einem rasanten Aufschwung vor allem in Deutschland gerade eine Delle. Die deutsche Kundschaft wendet sich wieder vermehrt den günstigeren Verbrennern zu, auch weil Elektroautos nicht mehr gleich subventioniert werden wie zuvor. Eine Delle gibt es auch in der Schweiz. «Nach rund 21 Prozent Marktanteil 2023 bei den Neuzulassungen liegen wir per Ende Februar nur bei knapp 17 Prozent», sagt Wolnik von Auto Schweiz.

Der Einbruch sei damit nicht ganz so stark wie in Deutschland mit einem Rückgang von 18 auf 11, aber doch spürbar. Gründe dafür seien in der Schweiz die neuerlich eingeführte Automobilsteuer auf Elektrofahrzeuge und durchschnittlich um 18 Prozent höhere Strompreise als im Vorjahr im staatlich dominierten Energiemarkt. «Zudem ein nach wie vor umständlicher Zugang zu Ladeinfrastruktur, vor allem für Mietende und Stockwerkeigentümer», sagt Wolnik.

Anzahl Neuzulassungen nach Antriebsart: Anzahl in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein neuzugelassener Fahrzeuge nach Antriebsart im Jahr 2024 (bis und mit Kalenderwoche 11).
Grafik: Ruben Schönenberger

Quellen

(aargauerzeitung.ch)

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Wie Elon Musk mit Tesla durchstartete
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Wie Elon Musk mit Tesla durchstartete
Tesla Motors, oder kurz Tesla, wurde 2003 von Silicon-Valley-Ingenieuren gegründet. Sie wollten beweisen, dass Elektrofahrzeuge herkömmlichen Autos überlegen sind.
quelle: getty images north america / joe raedle
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236 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fordia
22.03.2024 06:21registriert November 2014
Ich würde schon seit einiger Zeit keinen Tesla kaufen, wegen des Verhaltens von Musk.
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GrobianGans
22.03.2024 06:13registriert Februar 2014
Das geht mir genauso wie Herrn Schawinski, Nieundnimmer würde ich heute einen Tesla (oder sonst was von Mr. Musk) kaufen. Und bei uns am Mittagstisch bei der Arbeit gehts allen so: Vor so 5 Jahren war der Tesla bei allen zuoberst auf der Wunschliste. Nun hat ers bei uns (ca. 15 Lehrpersonen) wirklich restlos mit allen verbockt. Tja, selber Schuld, Mr. Grössenwahn und Überalleinmisch.
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aber hallo!
22.03.2024 06:17registriert Januar 2021
Jap. Da hat Schawinski recht. Da kommt mir definitiv kein Tesla in die Garage.
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