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So will Chinas Auto-Gigant BYD Europa erobern

BYD Explorer No. 1 Car Carrier The BYD Explorer No. 1 car carrier is being loaded with new energy vehicles for export at the port of Yantai, Shandong Province, China, on January 10, 2024. Yantai Shand ...
Tausende E-Autos von BYD warten in China auf ihren Transport nach Europa.Bild: imago

Chinas Auto-Gigant BYD will Europa erobern – VW und Renault reagieren

Der chinesische Elektroautobauer BYD verschifft nun seine Fahrzeuge selbst nach Europa – ein Frontalangriff auf deutsche Konzerne. VW und Renault diskutieren daher über gemeinsames Günstig-E-Auto gegen China.
02.03.2024, 16:1102.03.2024, 16:41
Frederike Holewik / t-online
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t-online

«Bau dir deine Träume» – unter diesem Slogan vertreibt das chinesischen E-Auto-Unternehmen BYD seine Fahrzeuge. Das Unternehmen selbst träumt derzeit vor allem davon, den europäischen Markt zu erobern.

Denn BYD ist zwar bereits der weltweit grösste Hersteller von E-Autos, doch in Europa ist die Marke noch vergleichsweise unbekannt. Das soll sich nun ändern. Diese Woche traf mit dem «BYD Explorer No. 1» der erste Frachter des E-Autobauers im deutschen Bremerhaven an. An Bord: rund 3'000 Fahrzeuge. Der Frachter stellt den Auftakt für eine eigene Flotte dar. Insgesamt acht Schiffe sind derzeit geplant.

240116 -- SHENZHEN, Jan. 16, 2024 -- Vehicle carrier vessel BYD EXPLORER NO.1 arrives at Xiaomo International Logistics Port in Shenzhen, south China s Guangdong Province, Jan. 14, 2024. BYD EXPLORER  ...
BYD bringt mit dem eigenen Frachter «Explorer No. 1» Tausende E-Autos von China nach Europa.Bild: www.imago-images.de

Für deutsche Konzerne könnten die chinesischen Träume ein böses Erwachen bedeuten. In der Schweiz will die Emil Frey Gruppe die E-Autos aus China ab Sommer 2024 importieren.

Viele Modelle zu kompetitiven Preisen

Denn BYD schafft etwas, das in Asien – und wenn es nach dem Konzern geht, bald auch in Europa – viele Kunden findet. Der Hersteller bringt in fast jedem Quartal ein neues Automodell auf den Markt.

Im Herbst stellte BYD die Limousine Seal vor, ein Konkurrent für das Tesla Model 3 oder den VW ID.7. Nun folgt mit dem Seal U ein SUV-Modell, das es mit dem Model Y von Tesla oder ID.4 von VW aufnehmen soll.

epa10937481 The BYD Seal electric model is displayed at the Japan Mobility Show 2023 in Tokyo, Japan, 25 October 2023. The BYD Seal is scheduled to go on sale in Japan from Spring 2024. The Japan Mobi ...
BYDs Elektro-Limousine Seal dürfte bald auch in der Schweiz Kundschaft finden.Bild: keystone

Dabei liefert sich das Unternehmen einen andauernden Preiskampf – vor allem mit US-Konkurrent Tesla. Nach dem kurzfristigen Aus der E-Auto-Förderung in Deutschland Ende 2023 reagierte BYD prompt und senkte den Preis der Limousine von 44'990 auf 41'990 Euro.

Ebenfalls ein wichtiges Verkaufsargument der Chinesen: die sogenannten Blade-Batterien. Sie sollen weniger wiegen als übliche Zellen, flacher und sicherer sein und zudem mehr zur Steifigkeit des Autos beitragen. In der Limousine hat der Akku eine Kapazität von rund 83 kWh und soll für bis zu 570 Normkilometer reichen. Für das SUV bietet BYD wahlweise 72 oder 87 kWh an und stellt 420 oder 500 Kilometer in Aussicht.

Vom Akku-Hersteller zum grössten E-Autobauer

Obwohl BYD 1995 als Batterieunternehmen anfing und auch westliche Konzerne wie BMW, Mercedes, Audi, Tesla, Toyota und Ford beliefert, begann das Unternehmen 2003, selbst Autos zu bauen. Vom Verbrenner hat BYD sich 2022 verabschiedet, doch Plug-in-Hybride stehen weiter im Programm. Das kommt dem Unternehmen in der abkühlenden E-Auto-Nachfrage nun zugute. Seinen SUV Seal U will BYD demnächst wie daheim in China auch in Europa als Plug-in-Hybrid anbieten.

epa11182893 The New BYD Tang is presented during media day of the 91st Geneva International Motor Show (GIMS) in Geneva, Switzerland, 26 February 2024. The motor show will open to the public from 27 F ...
Der BYD-Stand am Autosalon-Genf: Kein Hersteller zieht derzeit mehr Besucher an. Bild: keystone

BYD zieht an VW und Tesla vorbei

Mit seiner aggressiven Preispolitik und der zügig erfolgten Markteinführung zahlreicher Modelle hat BYD es im vergangenen Jahr geschafft, den einstigen Marktführer in China, den deutschen Hersteller Volkswagen, zu überholen. Im vierten Quartal zogen die Chinesen zudem am US-Elektroautopionier Tesla als bisherigem Weltmarktführer bei E-Autos vorbei.

Die Träume des Herstellers gehen allerdings noch deutlich weiter: Zuletzt machten chinesische E-Autos nur knapp acht Prozent in Europa aus. Auf der deutschen Automesse IAA wartete BYD aber bereits mit dem grössten Stand auf.

BYD baut Auto-Fabrik in Europa

Bei der Fussball-Europameisterschaft löst BYD Volkswagen als offiziellen Sponsor der deutschen Nationalmannschaft ab. Als nächste Schritte will der Hersteller 100 Autohäuser in Deutschland und ein eigenes Werk in Ungarn eröffnen. Bis 2026 visiert BYD in Deutschland einen Absatz von 120'000 E-Autos an. Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer legte sich im Januar in einer Analyse bereits fest: «BYD wird in rund 10 Jahren Toyota ablösen.» Toyota ist derzeit weltweit vor VW der grösste Automobilhersteller.

E-Auto-Nachfrage in Deutschland schwächelt

In der deutschen Automobilbranche gibt man sich unterdessen gelassen. Sowohl bei Zulieferern als auch in den Konzernen selbst behält man die chinesische Konkurrenz genau im Blick, vertraut aber weiterhin auf deutsche Technik und die Bedeutung altehrwürdiger Marken. Ob die zur Schau gestellte Selbstsicherheit mehr ist als dringend nötige Selbstvergewisserung, ist unklar.

Fakt ist hingegen, dass der Umbau der Produktion aufwendig und teuer, die Nachfrage in Deutschland bislang gering ist. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet für dieses Jahr sogar mit einem Rückgang der Neuzulassungen von E-Autos um 14 Prozent auf 451'000 Fahrzeuge. Es wäre der erste Rückgang, seit das Kraftfahrtbundesamt 2012 erstmals Elektroautos zählte.

Hinter vorgehaltener Hand oder verschlossenen Türen schlägt manch einer dennoch besorgte Töne an. So bezeichnete VW-Marken- und Konzernvorstand Thomas Schäfer in einem Briefing für Führungskräfte die Lage bei Volkswagen als «prekär».

Ein schwieriges Spannungsfeld für die Hersteller, zumal die Bundesregierung ambitionierte Ziele ausgerufen hat. Bis 2030 sollen 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Strassen fahren.

Kommt deutsch-französische Kooperation gegen China?

Renault hat die elektrische Neuauflage des R5 präsentiert.
Ende 2024 kehrt der Renault 5 als kleines E-Auto zurück.Bild: renault

Entsprechend skeptisch äusserte sich zuletzt auch die VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo. «Die Politik muss das auch unterstützen, nicht nur Vorgaben machen, die richtig sind», sagte sie am Montag. Das kurzfristige Aus der E-Auto-Förderung im vergangenen Jahr helfe ebenso wenig wie Diskussionen um Technologieoffenheit (Stichwort E-Fuels und Wasserstoffantrieb). Dies schaffe nur neue Unsicherheit, kritisierte Cavallo.

Mit Blick auf die eigene Marke räumte Cavallo ein, dass nach wie vor ein bezahlbares Elektro-Einstiegsmodell fehle. «Aus meiner Sicht brauchen wir unbedingt auch ein Fahrzeug unter 20'000 Euro», sagte sie. «Volkswagen ist ein Unternehmen, das die breite Mobilität anbieten sollte. Und insofern fehlt uns das in unserem Portfolio und ist auch absolut notwendig.»

VW und Renault planen kleines E-Auto

Ein Schritt auf dem Weg zu einem günstigeren europäischen Modell könnte aus einer Kooperation hervorgehen. Wie am Montag bekannt wurde, gibt es Gespräche zwischen Renault und Volkswagen über eine Zusammenarbeit.

Bei den Gesprächen gehe es darum, die Plattform des Renault Twingo zu teilen, erklärte Renault-Chef Luca de Meo bei der Automesse in Genf. Reuters hatte von Insidern erfahren, Renault wolle bald über eine Partnerschaft für den elektrischen Twingo entscheiden. Die Franzosen hatten im November angekündigt, den neuen Elektro-Twingo zum Preis von weniger als 20'000 Euro auf den Markt bringen zu wollen. Volkswagen-Chef Oliver Blume hatte ein Elektroauto für 20'000 Euro für die zweite Hälfte des Jahrzehnts in Aussicht gestellt.

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Warum China-Hersteller nach Europa drängen

Der chinesische Fokus auf Europa ist kein Zufall. Zum einen wurde für die EU das Verbrenner-Aus beschlossen. Zum anderen gelten vergleichsweise niedrige Einfuhrzölle von 10 Prozent. In den USA hingegen werden 25 Prozent fällig.

In China selbst wird die Automobilbranche stark subventioniert, im vergangenen Jahr mit schätzungsweise bis zu 100 Milliarden US-Dollar. Diese Subventionen würden die Preise für den europäischen Markt künstlich niedrig halten, wirft die EU-Kommission China schon länger vor. Sie untersucht deshalb, inwiefern dadurch internationale Handelsregeln verletzt und europäische Hersteller benachteiligt werden.

«Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt», sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits im September. Das sei nicht akzeptabel. Die Untersuchung könnte dazu führen, dass Strafzölle verhängt werden. Das Handelsministerium in Peking kritisierte den Beginn der Untersuchung. Ein Ergebnis steht noch aus.

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178 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Raon
02.03.2024 16:49registriert April 2021
Unter Druck entstehen Diamanten. Bin gespannt was da noch alles kommt und wie die ganze Geschichte weitergeht.
Aber das Deutschland an der Heim-EM keinen deutschen Autosponsor hat ist schon krass.
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PlusUltra
02.03.2024 19:55registriert Juni 2019
"Bei der Fussball-Europameisterschaft löst BYD Volkswagen als offiziellen Sponsor der deutschen Nationalmannschaft ab."

Das finde ich, gelinde gesagt, schockierend!
676
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benn
02.03.2024 22:59registriert September 2019
aua wenn emil frey die wagen importiert wirds teuer für die konsumenten, emil frey ist genau so gierig wie die amag und versucht ebendalls mit ihrer lobby in bern den direktimport zu erschweren!
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