Wir sind Zeugen einer Zeitenwende: Der lange unterschätzte chinesische Auto- und Akku-Hersteller BYD verkaufte in den vergangenen drei Monaten erstmals weltweit mehr Elektroautos als Elon Musks Tesla. Zwar legte auch der Elektroautopionier ein beeindruckendes Wachstum hin, aber mit BYD kann selbst Tesla nicht schritthalten.
Noch Anfang 2021 verkaufte Tesla fünfmal mehr E-Autos als BYD, nur knapp drei Jahre später sind die Chinesen vorbeigezogen, wie diese Grafik zeigt.
Beide Hersteller mussten ihre Preise im vergangenen Jahr stark senken, um dieses rasante Wachstum zu erreichen. Beide können sich Preissenkungen leisten, allerdings kurbelten sie die Verkäufe bei BYD deutlich stärker an als bei Tesla.
Einst spottete Musk über den chinesischen Konkurrenten. «Haben Sie deren Autos gesehen?», fragte der Tesla-CEO 2011 in einem Interview mit Bloomberg TV und lachte dabei hämisch. BYD sei kein Wettbewerber für Tesla «und ihre Technologie ist nicht besonders stark», meinte Musk.
Doch das ist lange her und inzwischen klingt es ganz anders: «Heutzutage sind sie hochgradig kompetitiv», sagte Musk im Mai 2023 über Teslas inzwischen stärksten Rivalen. Vermutlich war ihm da bereits klar, dass der chinesische Marktführer eher früher als später auch weltweit an Tesla vorbeiziehen würde.
In 2011, Elon Musk scoffed at the idea of BYD competing with Tesla in a Bloomberg TV interview.
— Bloomberg TV (@BloombergTV) December 27, 2023
Now in 2023, the Chinese carmaker is set to become the world's No. 1 EV maker https://t.co/SN9Tmh0Kpz pic.twitter.com/prFCNVrYF6
Insgesamt verkaufte BYD 2023 rund 3 Millionen Autos, davon 1,59 Millionen vollelektrische Modelle und 1,44 Millionen Plug-in-Hybride. BYD rückte so erstmals in die Top 10 der weltweit grössten Autobauer vor. Zum Vergleich: Tesla lieferte 2023 1,81 Millionen E-Autos aus.
Wie Tesla setzt BYD auf eine vertikale Integration, das heisst, das Unternehmen lässt vieles im eigenen Haus entwickeln: eigene Akkus, eigene Chips etc. Diese Strategie geht für beide Hersteller auf.
In einem global schwierigen Marktumfeld liefern sich Tesla und BYD seit gut einem Jahr einen harten Preiskampf, den aktuell kaum ein anderer Hersteller mitgehen kann oder will. Die Folge: BYD und Tesla ziehen der Konkurrenz bei den E-Auto-Verkäufen weiter davon. Aufgrund ihrer Kostenvorteile erzielen beide Unternehmen trotz Preissenkungen weiterhin hohe Margen.
Mehr Autos als Tesla verkauft BYD schon im ersten Halbjahr 2022, doch nun schlägt man den US-Rivalen auch im wichtigen E-Auto-Segment. Man kann argumentieren, dass Tesla über das ganze 2023 noch knapp mehr Elektroautos als BYD verkaufte. Das ändert allerdings nichts daran, dass BYD viel schneller wächst und der weltweit grösste E-Auto-Hersteller in den nächsten Jahren aus China kommt.
Doch wie konnten die Chinesen Tesla so schnell überflügeln? Ein Ziel, von dem die beiden weltweit grössten Autohersteller Toyota und VW meilenweit entfernt sind.
BYD und Tesla zielen beide auf den Massenmarkt und nicht wenige glauben, dass diese Marken in einigen Jahren Toyota und VW von der Spitze verdrängen werden. Doch anders als Tesla hat BYD nebst Premiumfahrzeugen schon jetzt relativ günstige Elektroautos im Angebot. In China hat man ein halbes Dutzend an E-Auto-Modellen im Sortiment, die günstiger sind als Teslas Model 3. Von Musk gibt es derzeit nur vage Ankündigungen, dass Tesla an einem E-Auto für 25'000 Dollar arbeite.
Staatliche Förderung und relativ niedrige Preise für neue E-Autos haben die Verkaufszahlen in China in den letzten Jahren explodieren lassen. So wurden in China bereits 2022 mehr als doppelt so viele E-Autos verkauft als in den USA, Deutschland, Grossbritannien und Frankreich zusammen. Und der Vorsprung Chinas als wichtigster Markt für die Stromer wächst von Jahr zu Jahr.
Hinter dem chinesischen E-Auto-Boom steckt eine von langer Hand geplante Strategie der Regierung: Sie fördert seit Jahren Dutzende E-Auto-Hersteller, mit dem Ziel, im Zeitalter des Elektroautos die Autobauer aus Europa, Japan und den USA abzulösen. Davon profitiert in erster Linie der chinesische Marktführer BYD, der zugleich ein führender Akku-Hersteller ist.
Von der staatlichen Förderung profitierten auch die chinesischen Akku-Hersteller, die ihre technisch führenden Batterien längst auch an Tesla, VW und Co. liefern. Die Förderung der Elektromobilität inklusive der wichtigen Akkuherstellung ist für China ein wichtiger Schritt für die angestrebte Energiewende.
BYD ist nach CATL – ebenfalls aus China – der zweitgrösste Akku-Hersteller und bei den günstigeren und immer wichtigeren Lithium-Eisenphosphat-Akkus (LFP) Marktführer. Da man die LFP-Akkus selbst in grossen Mengen produziert und nicht teuer einkaufen muss, erzielt man Kostenvorteile. Dies erlaubt BYD schon jetzt nebst teuren Modellen auch günstige E-Autos in grossen Mengen zu produzieren.
Diese preiswerten E-Modelle, die in Europa und den USA bislang Mangelware sind, befeuern den E-Auto-Boom im Reich der Mitte. Das gibt den Chinesen die Produktionsgrösse, um bei den Kosten – wohl mit Ausnahme von Tesla – fast allen davonzulaufen.
Zwar baut auch Tesla in Kooperation mit Panasonic eigene Akkus, die Amerikaner müssen aber zusätzlich Akkus von asiatischen Herstellern beziehen, um weiterhin rasant wachsen zu können. Das in Deutschland gebaute Model Y wird beispielsweise mit Akkus von BYD gebaut.
2024 wird BYD weiter kräftig wachsen und das weltweite Wachstumspotenzial ist gewaltig, da die Chinesen bislang 90 Prozent ihrer Autos im Heimmarkt verkaufen. Nun versucht man in Europa Fuss zu fassen und unterstreicht die ehrgeizigen Ambitionen mit dem Bau der ersten E-Auto-Fabrik in Europa.
In Osteuropa ist BYD schon relativ stark, ob der Markteintritt in Westeuropa gelingt, hängt aber vor allem von den wichtigen Märkten Deutschland, Grossbritannien und Frankreich ab.
In der Schweiz spielt BYD noch keine Rolle, die Chinesen konzentrieren sich vorerst auf die grossen Märkte. Als Hürde für neue chinesische Automarken wird oft das fehlende Händlernetz in Europa genannt. Tesla hat vorgemacht, dass es auch ohne geht. Trotzdem ist der Siegeszug von BYD in Europa alles andere als gewiss. Noch vor wenigen Jahren dachten viele, dass chinesische Smartphone-Hersteller Europa überrollen würden. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Apple und Samsung dominieren, die China-Marken sind weit abgeschlagen. Xi Jinpings autoritäre Politik und die folglich immer ausgeprägtere Anti-China-Stimmung im Westen könnten auch BYD zurückbinden.
Zudem prüft die EU Strafzölle auf chinesische E-Autos, da China den Markt durch staatliche Subventionen künstlich verzerre. Dies erinnert an Donald Trumps Sanktionen gegen Huawei. Trump könnte auch für BYD zum Spielverderber werden, falls er 2024 wieder an die Macht kommt. Unter Präsident Joe Biden fördern die USA die Elektromobilität mit Milliarden. BYD hat bereits eine Fabrik für elektrische Lastwagen und Busse in den USA. Trump, der der Öl-Lobby nahesteht, könnte das Rad zurückdrehen und den Wandel zu E-Autos verzögern. Das würde BYD, aber auch Tesla schmerzen.
Heute gehören die "Reisschüsseln" zu den besten Autos der Welt.
Was aktuell auf dem chinesischen E-Automarkt abgeht ist einfach nur noch Wahnsinn. Die Chinesen scheinen uns in der Technologie mittlerweile Voraus zu sein und VW steht dort gelinde gesagt vor einer Katastrophe. Das sollte uns alarmieren, denn die Chinesen haben nicht wie wir geschlafen und drücken mit aller Macht in den europäischen Markt. Davon wird in deutschsprachigen Medien kaum berichtet.