Ein Beluga hatte sich letzte Woche in den Fluss Seine verirrt – wo ihm ohne menschliche Hilfe der Tod drohte. Aktivisten, Tierärzte, Feuerwehrleute und Behörden haben sich darum zusammengeschlossen, um das Tier zu retten. Doch der Wal ist den Helfern am Mittwochnachmittag unter den Händen weggestorben.
Doch warum verirren sich Meeressäuger überhaupt in einen Fluss? Franziska Paukert von der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd Switzerland gibt Auskunft.
Es ist schon wieder passiert: Ein Meeressäuger ist in einer Schleuse des französischen Flusses Seine steckengeblieben – rund 70 Kilometer von Paris entfernt. Die Aktivisten von Sea Shepherd France twittern:
Danach versuchen die Meeresschutzaktivisten zusammen mit Helfern, Tierärzten und den französischen Behörden über eine Woche lange, den Beluga zu retten. Sie berichteten regelmässig, wie es dem Beluga geht – Fazit: sehr schlecht, aber nicht todgeweiht.
Beim Beluga handele es sich um ein männliches Tier, das «sehr dünn» sei. Man habe dem Wal darum Fische angeboten, die er aber nicht annehme. Dass die Helfer den Beluga mit Fischen füttern, passt nicht allen. Auf Twitter kritisiert Muriel Fusi, Co-Präsidentin der Tierschutzorganisation Parti Animaliste:
Doch trotz des vereinzelten Widerstands behandeln Tierärzte den Wal mit Antibiotika und verabreichen ihm «Appetitanreger», doch der Wal verschmähte den Fisch weiterhin.
Am Mittwochmorgen gegen 4 Uhr gelingt es, den Beluga aus der Schleuse zu hieven, wie die Präfektur in Évreux mitteilt. 80 Menschen sind an dieser sechsstündigen Rettungsaktion beteiligt. Es ist eine logistische Meisterleistung, für die der Weisswal nicht betäubt werden kann. Denn bei Walen und Delfinen ist die Atmung eine bewusste Handlung und geschieht nicht automatisch. Darum schläft bei Walen immer nur eine Gehirnhälfte, die andere bleibt aktiv und erinnert das Tier immer wieder daran, aufzutauchen und Luft zu holen.
Tierärzte stellen bei der anschliessenden Untersuchung fest, dass der Beluga «keine Verdauungsaktivität mehr hat», was erkläre, warum der Wal über Tage nicht fressen wollte, wie Sea Shepherd France schreibt. Die nächste Priorität sei es darum, die Verdauung wieder anzuregen, damit man den Meeressäuger in seine angestammten Gewässer bringen könne.
Für die «therapeutischen Massnahmen» wird der Beluga in einem Kühllaster und bedeckt mit nassen Tüchern in ein Meerwasserbecken in Ouistreham in der Normandie gebracht. Doch die Atmung des Wales verschlechtert sich zusehends, wie die stellvertretende Präfektin Isabelle Dorliat-Pouzet am Morgen dem Sender BFMTV sagt. Darum entscheiden die involvierten Tierärzte, den Wal einzuschläfern, wie auf Twitter mitgeteilt wird.
C'est la mort dans l'âme que nous annonçons que le béluga n'a pas survécu à la translocation qui était risquée, mais indispensable pour donner une chance à un animal autrement condamné. Suite à la dégradation de son état, les vétérinaires ont pris la décision de l'euthanasier.
— Sea Shepherd France (@SeaShepherdFran) August 10, 2022
Die Überführung des Belugas von der Seine in das Meereswasserbecken wurde minuziös vorbereitet. Schwere Gerätschaften waren dazu notwendig, denn männliche Belugas können ein Gewicht von bis zu 1,6 Tonnen erreichen. Einige der Geräte werden vom Meeres-Themenpark Marinland in Antibes zur Verfügung gestellt:
Translocation du béluga : la grue est en place. pic.twitter.com/GMFQYFBdUE
— Sea Shepherd France (@SeaShepherdFran) August 9, 2022
Mit Seilen, Stahlketten und Netzen soll der Beluga gehoben werden. Taucher der Feuerwehr platzieren diese im Wasser:
Translocation du beluga : les plongeurs sapeurs pompiers sont à l’eau. pic.twitter.com/0FpIJIoHDs
— Sea Shepherd France (@SeaShepherdFran) August 10, 2022
Die Spannung und das Interesse der Öffentlichkeit steigen. Die Präsidentin von Sea Shepherd France, Lamya Essemlali, wird am Montag sogar bei RTL France eingeladen, um über die Rettungsaktion zu sprechen.
Am Mittwochmorgen gegen 4 Uhr gelingt es endlich, den Beluga aus der Seine zu holen – er ist zu dieser Zeit bereits seit mehreren Tagen im Flusswasser unterwegs.
Le #béluga égaré dans la Seine depuis une semaine a dû être euthanasié mercredi après son transfert à Ouistreham, dans le Calvados, où les experts espéraient pouvoir le soigner avant de le relâcher en mer ⤵️ #AFP #AFPTV
— Agence France-Presse (@afpfr) August 11, 2022
🎥 Mathieu Champeau, Adrien Marchand & @nkfossolea pic.twitter.com/XhdS2cmnxo
Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein grosser Meeressäuger in den französischen Fluss Seine verirrt hat: Erst im Mai verhungerte ein Orca nach wochenlanger Odyssee in der Seine. Und im Juli wurde mutmasslich ein Finnwal in der Flussmündung bei Le Havre gesichtet.
Die Frage bleibt: Weshalb schwamm der Beluga, der eigentlich in arktischen und subarktischen Gewässern beheimatet ist, in die Seine?
Grundsätzlich gebe es viele Faktoren, die Meeressäugern das Leben im Ozean sehr erschwerten, sagt Franziska Paukert von der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd Schweiz. Allerdings sei vor allem die sehr hohe Lärmbelastung unter Wasser ein Problem:
Zudem führten auch veränderte Umweltbedingungen zu neuem Verhalten, wie Paukert weiter ausführt. So machten die Konsequenzen des Klimawandels und die Verschmutzung der Gewässer den Walen zu schaffen. Denn dadurch können sich unter anderem die Temperaturen und der Säuregehalt verändern, was sich auch auf das Nahrungsangebot der Wale auswirkt.
Die veränderten Bedingungen führen dazu, dass immer mehr Tiere nach alternativen Lebensräumen suchen und in neue Gebiete vordringen. Und gerade im Fall des verirrten Belugas in der Seine könne man nicht ausschliessen, dass das Tier verschreckt oder auf der Flucht war – das wisse man aber noch nicht genau.
Der Beluga in der Seine war laut Angaben der Tierärzte extrem geschwächt, was laut Paukert viele Faktoren haben könne:
Um zu verhindern, dass sich noch mehr Meeressäuger in Flüssen wie der Seine verirren, sei es darum elementar, ein Verbot der illegalen Fischerei durchzusetzen, damit die Ozeane gesunden könnten, sowie aktiv gegen den Klimawandel und die Verschmutzung vorzugehen, sagt Paukert. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass jährlich über 300'000 Wale und Delfine weltweit als Beifang zugrunde gingen – es wäre also auch an der Zeit, dass die EU den Beifang kontrolliere und reguliere.
Von det Wissenschaft seit Jahren vorausgesagt. Und von den menschen- und umweltfeindlichen Profiteuren der SVP bekämpft. Es wird noch schlimmer kommen. Für uns alle.
Und ja.
Wer SVP wählt, wählt Klimakatastrophe.