Die Nachricht von der Tötung von Hamas-Anführer Jihia al-Sinwar versetzt den Nahen Osten in Aufruhr. Sinwar wurde nach Angaben der israelischen Streitkräfte bei einem eher zufälligen Zusammenstoss mit israelischen Soldaten getötet.
Den Tod Sinwars gilt als wichtiger Erfolg für den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Dieser hatte geschworen, nach dem Terrorüberfall der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen in Israel am 7. Oktober mit 1200 Toten die Hamas-Führer auszuschalten.
Wer von den führenden Hamas-Köpfen lebt noch und wer nicht? Eine Übersicht.
Sinwar wurde am 17. Oktober von den israelischen Streitkräften getötet. Er galt bis zu seinem Tod als eines der wichtigsten Mitglied der Hamas und war De-facto-Herrscher im Gazastreifen. Er galt als der planende Kopf hinter dem Angriff auf Israel 2023, bei dem über 1200 Israelis getötet wurden.
Geboren wurde Sinwar 1962 im Flüchtlingslager Chan Yunis. Im Dezember 1987 war er bei der Gründung der Hamas dabei. Ein Jahr später wurde er verhaftet und der Ermordung von zwei israelischen Soldaten und vier Palästinensern, die mit Israel kollaboriert hätten, für schuldig befunden. Für diese Tat erhielt Sinwar viermal lebenslange Haft.
Letztlich blieb es allerdings bei 24 Jahren in israelischer Haft. 2011 kam er im Rahmen eines Gefangenenaustauschs mit Israel frei. Danach nahm Sinwar wieder eine Rolle als hochrangiger Hamasführer ein und wurde 2015 von den USA auf ihre internationale Terrorliste gesetzt.
Hanija gilt neben Sinwar als der ranghöchste Hamas-Anführer, der seit Beginn des Gaza-Krieges getötet wurde.
Er war Vorsitzender des Hamas-Politbüros und führte Berichten zufolge mit einem Teil seiner Familie seit 2019 ein Luxusleben in Katar.
Hanija wurde 1963 in einem Flüchtlingslager in Gaza geboren und wuchs im Gazastreifen auf, wo er während seiner Zeit als Studierender in den 80er-Jahren zur Hamas stiess. 2006 war er kurzzeitig palästinensischer Premierminister.
Seit 2017 war er Vorsitzender des Politbüros der Hamas, das als oberste Entscheidungsinstanz gilt. Hanija galt als «übergreifender» Chef der Hamas, während Jihia al-Sinwar Chef im Gazastreifen war.
Seit dem Angriff der Hamas im Oktober 2023 starben bei israelischen Luftangriffen in Gaza 14 Mitglieder seiner Familie. Darunter ein Bruder, drei Söhne und fünf Enkel.
Während Hanija sich gerne mit internationalen Politikern zeigte, gleicht der Chef des militärischen Arms der Hamas, Mohammed Deif, einem Phantom. Lange existierten offiziell nur etwa drei Fotos von ihm. Sein Gesicht war nur auf einem einzigen sichtbar.
Die israelischen Streitkräfte veröffentlichten Anfang dieses Jahr allerdings einen Schnappschuss von ihm, auf dem er gut zu erkennen ist.
#Photo: The IDF unveils a cheeky snapshot of Muhammad Deif, (al-Qassam founder) showcasing his handy skills in sipping Coke and counting dollars with functional finesse. pic.twitter.com/JfXsJHN3ZY
— Open Source Intel (@Osint613) January 6, 2024
Deif kommandierte die Qassam-Brigaden – eine militärische Unterorganisation der Hamas – seit Anfang der 2000er-Jahre.
Bei Palästinensern soll er als «The Mastermind» und bei den Israelis als «Katze mit neun Leben» bekannt gewesen sein. 2002, bei einem gezielten Attentat auf ihn, soll er ein Auge verloren haben. Gemäss israelischen Angaben hat er auch einen Fuss und eine Hand verloren und konnte nicht mehr sprechen. 2014 entkam er einem weiteren Anschlag, bei dem seine Frau und zwei seiner Kinder getötet wurden.
Im Juli unternahm Israel einen weiteren Versuch, den Militär-Chef der Hamas zu töten. Die israelischen Behörden erklärten zunächst, es gebe Grund zu der Annahme, dass der Angriff sein Ziel erreicht habe. Die Hamas erklärte allerdings, Deif sei nicht getötet worden.
Einige Tage später bestätigte das israelische Militär in einem Post auf der Online-Plattform «X» schliesslich den Tod Deifs. Er sei bei dem gezielten Angriff am 13. Juli getötet worden.
We can now confirm: Mohammed Deif was eliminated.
— Israel Defense Forces (@IDF) August 1, 2024
Marwan Issa ist der stellvertretende Oberbefehlshaber der Qassam-Brigaden und die rechte Hand Deifs. Gemäss Angaben Israels und der USA soll er bei einem israelischen Luftangriff im März 2024 getötet worden sein. Die Hamas hat dies allerdings nie bestätigt.
Davor hatte er ähnlich wie Deif einige israelische Angriffe überlebt: 2006 wurde er bei einem gezielten Attentat verletzt und zwischen 2014 und 2021 wurde sein Haus zweimal bei israelischen Luftangriffen zerstört, wobei sein Bruder getötet wurde.
Bis 2011 war Issas Aussehen nicht bekannt. Erst bei einem Gefangenenaustausch wurde er auf einem Gruppenfoto abgelichtet.
Er stand seit 2019 auf der Terrorliste der USA.
Maschal war der Vorgänger Hanijas und zwischen 1996 und 2017 Vorsitzender des Politbüros der Hamas. Seit 2017 leitet er das Politbüro im Ausland.
Chalid Maschal wurde 1956 im Westjordanland geboren. Nach dem Sechstage-Krieg 1967, bei dem Israel die Westbank besetzte, flüchtete seine Familie nach Kuwait, wo er Physiklehrer wurde.
1983 nahm er an einer Konferenz der palästinischen islamischen Bewegung teil, welche den Grundstein für die Gründung der Hamas legte.
1997 überlebte er ein israelisches Attentat in Jordanien, bei dem ihm eine giftige Substanz ins Ohr gesprüht wurde, welche langsam zum Tod führen sollte. Die Attentäter konnten allerdings gestellt werden, worauf der damalige jordanische König Hussein vom israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu das Gegenmittel verlangte. Dieser weigerte sich zuerst, stellte es aber schliesslich auf Druck der USA zur Verfügung.
Als Mitglied der politischen Führung der Hamas gilt Zahar als eine weitere prominente Figur. Er wurde 1945 in Gaza geboren und war dort als Arzt tätig, bis ihn die israelischen Behörden aufgrund seiner politischen Haltung entliessen. Auch er war massgeblich an der Gründung der Hamas beteiligt und ist noch immer einer ihrer wichtigsten Offiziellen.
Leicht verletzt überlebte er ein Attentat, als Israel 2003 eine Bombe über seinem Haus abwarf. Sein ältester Sohn Khaled kam ums Leben. Sein zweiter Sohn Hossam wurde bei einem israelischen Luftangriff 5 Jahre später getötet. (dab/saw)
Ein dauerhafter Frieden ist mit Organisationen, deren Ziel die totale Vernichtung Israels ist, leider nicht möglich.