Die schlechten Nachrichten für die Schweiz reissen nicht ab. Am Mittwochabend wurde bekannt, dass US-Präsident Donald Trump der Schweiz einen Strafzoll von 32 Prozent aufbrummt. Er liegt 12 Prozent höher als jener der EU und bringt dem Land Wettbewerbsnachteile.
Am Abend darauf sagte Trump vor Journalisten an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One, man schaue sich auch die Pharmaindustrie genau an:
Damit sieht sich die Schweiz als Exportnation in einer sehr schwierigen Situation wieder. Umso mehr, als der Bundesrat keinen direkten Draht hat zu jenem Mann und seinem engsten Umfeld, der all diese Entscheide im Alleingang fällt: Donald Trump. Das räumte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter an einer Medienkonferenz ein.
Der Bundesrat schafft es damit auch nicht, mit seinen Argumenten bis ins Oval Office in Washington vorzudringen: Die Schweiz hat die Industriezölle bereits abgeschafft. Sie ist sechstgrösster Investor in den USA. Und sie bietet 400'000 hoch bezahlte Jobs an.
Strategisch stellen sich damit zwei zentrale Fragen:
Alt-Bundesrat Adolf Ogi sagt scherzend auf Anfrage:
Ogi denkt an den finnischen Präsidenten Alexander Stubb, der Trump vor kurzem einen informellen Überraschungsbesuch in Florida abstattete, mit ihm eine Runde Golf spielte und über die Ukraine diskutierte. Kurz darauf wurde bekannt, dass Trumps Ungeduld gegenüber Russland stark wächst.
«Die Schweiz muss alle Kanäle nutzen, die eine Chance bieten, zu einem Treffen mit US-Präsident Trump zu kommen», sagt Ogi. Er hat in seiner Bundesratszeit lange währende Kontakte mit globalen Spitzenpolitikern wie Frankreichs Ex-Staatspräsident François Mitterrand und US-Ex-Präsident Bill Clinton geknüpft. Ogi sieht drei Personen, die helfen könnten, eine Zusammenkunft mit Trump zu vermitteln.
Klaus Schwab ist der Mann, der wohl die meisten Natelnummern von Staatschefs hat. Er gründete das Weltwirtschaftsforum WEF in Davos. 2018 und 2020 gelang es Schwab, Trump als US-Präsidenten nach Davos zu holen. 2025, unmittelbar nach Trumps zweiter Wahl, brachte er ihn dazu, am WEF eine Ansprache per Video zu halten. Schon da lud WEF-Präsident Børge Brende Donald Trump für nächstes Jahr nach Davos ein, was dieser mit einem Lächeln quittierte.
Schwab war auch die erste Person aus der Schweiz, die eine Einladung nach Mar-a-Lago erhielt. Ogi sagt: «Es würde sich lohnen, Klaus Schwab in Genf zu besuchen und ihn zu fragen, ob er den Kontakt zu Donald Trump herstellen kann.»
Donald Trump persönlich hat Ende 2024 die Ernennung von Callista Gingrich zur neuen US-Botschafterin in der Schweiz vorgeschlagen, auf seiner eigenen Social-Media-Plattform «Truth Social». Gingrich und ihr Mann Newt gelten als enge Verbündete von Trump. Newt Gingrich war von 1995 bis 1999 Sprecher des Repräsentantenhauses.
«Die Schweiz sollte den Kontakt mit Callista Gingrich suchen», sagt Ogi. «Ihr Mann ist ein sehr einflussreicher Republikaner.» Ogi sagt, die Schweizer Botschaft in Washington müsste diesen Kontakt herstellen – «falls sie es nicht schon gemacht hat». Noch muss Gingrich offiziell ernannt werden.
Der schweizerisch-italienische Fifa-Chef Gianni Infantino hat zwar in der Schweiz nicht den besten Ruf. Doch er verfügt über einen sehr guten Draht zu Donald Trump und war sogar schon im Oval Office – weil die Fussball-Weltmeisterschaften 2026 in den USA, Kanada und Mexiko stattfinden. Trump nennt Infantino den «König des Fussballs» und die deutsche «Sportschau» schrieb von «zwei Autokraten, die sich verstehen». «Ich würde Infantino einsetzen», sagt Ogi. «Er und Trump verstehen sich. Es würde helfen, wenn er Trump sagt, er solle doch Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in Florida empfangen, weil das auch der Fifa nütze.»
Für die Schweiz geht es aber nicht nur um den Zugang zu Trump. Zentral ist auch die Frage, wie sie in den USA kommunizieren soll. Eine Idee, die in Bundesbern kursiert, nimmt Bezug auf das Freihandelsabkommen mit Indien. Die Schweiz hatte die indische Regierung mit riesigen Investitionen geködert. Die Efta-Staaten strebten an, ihre ausländischen Direktinvestitionen in Indien in 15 Jahren um 100 Milliarden US-Dollar zu erhöhen, wie es in der Botschaft des Bundesrats heisst. Dadurch solle eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden.
Nun wird eine ähnliche Vereinbarung auch mit US-Präsident Trump ins Spiel gebracht. Damit hätte er die Trophäe, die er braucht, um als Sieger dazustehen und die Zölle gegenüber der Schweiz wieder herunterzufahren.
Beim Wirtschaftsverband Economiesuisse will man allerdings nicht in Alarmismus verfallen. Nachdem die Zölle von einem sehr engen Kreis um Donald Trump beschlossen wurden, seien für die Umsetzung nun US-Handelsdiplomaten in den Ministerien verantwortlich, sagt Jan Atteslander, Leiter Aussenwirtschaft. «Diese kennen die wirtschaftliche Bedeutung der Schweiz und die Qualität der bilateralen Beziehungen.» Die Schweiz habe gute Argumente in den nun bevorstehenden Verhandlungen über die Zollpolitik, diese kämen jetzt zum Tragen.
Unter anderem seien US-Unternehmen stark in der Schweiz investiert, sagt Atteslander – darunter der Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson oder das Medtech-Unternehmen Medtronic.
Die konkreteste Hoffnung beruht freilich auf dem Frühjahrstreffen der Weltbank in Washington. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter wird ab dem 23. April daran teilnehmen. Und Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat eigens seine Reisepläne umgestellt: Statt an die Weltausstellung in Japan reist auch er in die USA. Auf allen diplomatischen Kanälen versucht der Bund nun, hochrangige Treffen zu organisieren: mit der Entourage des Präsidenten oder ihm selbst – um Trump all die guten Argumente der Schwesterrepublik Schweiz gegen die Strafzölle persönlich zu erläutern. (aargauerzeitung.ch)
Gopf SVP, was ist mit eurem Rückgrat passiert? Ich kann mich nicht erinnern, das Wilhelm Tell mit Gessler golfen ging.