Wie Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am frühen Samstagnachmittag auf X schreibt, sei Nawalnys Anwälten vor einer Stunde mitgeteilt worden, dass die «Ermittlungen abgeschlossen» seien und «nichts Kriminelles» festgestellt worden sei. Ihr Frust ist gross:
Only an hour ago, the lawyers were informed that the investigation had been concluded and that something criminal had not been established.
— Кира Ярмыш (@Kira_Yarmysh) February 17, 2024
They literally lie every time, driving us around in circles and covering their tracks.
Erst kurz davor twitterte Jarmysch, dass ihnen vom Untersuchungsausschuss mitgeteilt worden sei, dass ihnen der Leichnam nicht übergeben würde, bis die Ermittlungen abgeschlossen seien. Die Todesursache von Nawalny stünde noch nicht fest und es sei eine neue, histologische Untersuchung durchgeführt worden. Zudem hiess es noch, dass die Ergebnisse erst nächste Woche vorliegen würden.
Am Morgen hatte das Team des Kremlgegners Alexej Nawalny dessen Tod bestätigt. Das teilte Jarmysch am Samstag bei X unter Berufung auf Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja mit. Diese war in das Straflager im Norden Russlands gereist und habe dort die Todesnachricht erhalten. Der Tod des 47-Jährigen soll demnach am 16. Februar um 14.17 Uhr Ortszeit (10.17 Uhr MEZ) eingetreten sein. Zuvor hatte bereits der russische Strafvollzug über Nawalnys Tod informiert, der seit 2021 inhaftiert war.
Ein Mitarbeiter des Straflagers jenseits des Polarkreises habe ihnen zunächst mitgeteilt, dass sich Nawalnys Leichnam in der Stadt Salechard zur Untersuchung befinde, hatte Jarmysch am Morgen weiter geschrieben. Die Stadt liegt rund 50 Kilometer vom Straflager entfernt.
«Wir fordern, dass der Körper von Alexej Nawalny der Familie umgehend übergeben wird», forderte Jarmysch.
Wie Jarmysch weiter berichtete, konnten Nawalnys Mutter und deren Anwalt im Leichenschauhaus der Stadt Salechard keine Spur vom Leichnam entdecken. Das Leichenschauhaus sei geschlossen, und über die am Eingang ausgehängte Kontakt-Telefonnummer sei der Anwalt auch nicht zu einer zufriedenstellenden Antwort gekommen. «Ihm wurde gesagt, dass er bereits der siebte Anrufer an diesem Tag sei», schrieb Jarmysch. «Und der Leichnam Alexejs befinde sich nicht bei ihnen im Leichenschauhaus.»
Alexey's lawyer and his mother have arrived at the Salekhard morgue. It's closed, however, the colony has assured them it's working and Navalny's body is there. The lawyer called the phone number which was on the door. He was told he was the seventh caller today. Alexey's body is… pic.twitter.com/CsPbONUBrn
— Кира Ярмыш (@Kira_Yarmysh) February 17, 2024
Sie betont:
Der nach vielen Tagen in immer wieder angesetzter Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny war nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang im Straflager bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche waren nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos.
Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Auch die Mitarbeiter des prominenten Anti-Korruptionskämpfers gingen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde.
Nach dem Tod Nawalnys trauern die Menschen in Russland trotz Festnahmen und Drucks der Behörden weiter um den Oppositionellen. Es gab auch am Samstag zahlreiche Festnahmen etwa in Moskau und in St. Petersburg. Medien in vielen Teilen Russlands berichteten, dass trotz Räumungsaktionen und Festnahmen weiter frische Blumen niedergelegt, Kerzen angezündet und Bilder zur Erinnerung an Nawalny aufgestellt wurden.
Nach Informationen von Menschenrechtlern gab es landesweit mehr als 100 Festnahmen. Das Internetportal ovd.info berichtete am Samstagmorgen, dass seit Freitag allein in St. Petersburg mehr als 60 Menschen festgenommen worden seien. Festnahmen gab es demnach in zehn Städten, darunter auch in Moskau, Brjansk und Krasnodar. Die Bürgerrechtler gaben auch juristische Hinweise für das Niederlegen von Blumen und veröffentlichten die Nummer einer Telefon-Hotline für anwaltliche Hilfe. Viele Russen hatten nach dem Tod Nawalnys öffentlich ihre Wut geäussert.
«Wie gross doch selbst die Angst des Machtapparates vor einem Toten ist, wenn sogar das Ablegen von Blumen zu seinem Andenken als Verbrechen angesehen wird», schrieb der russische Friedensnobelpreisträger und Gründer der kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta», Dmitri Muratow, am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram.
Nawalny habe als weltweit anerkannter, russischer Oppositionsführer die Hoffnung auf eine Zukunft nach der Diktatur verkörpert, schrieb der Experte Alexander Baunow für die Denkfabrik Carnegie am Samstag. Auch im Straflager sei der Politiker für den Kreml ein Ärgernis geblieben. «Doch zeugt das Streben selbst, eine solche Reizfigur loszuwerden, auch davon, dass das Regime nicht so von sich und seiner Zukunft überzeugt ist, wie es selbst gern erscheinen mag.»
Russlands Machtapparat geht immer wieder mit Gewalt gegen Andersdenkende vor. Proteste werden in dem Land schon seit Jahren nicht erlaubt. (saw/sda/dpa)
Und dann gibt es noch Leute in der Schweiz, welche die Putin-Diktatur für erstrebenswert halten. Muss man nicht verstehen - und kann ich ganz sicher nicht.