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Ukraine

Butscha ein Jahr nach russischem Abzug: Die Auferstehung eines toten Ortes

Die Auferstehung von Butscha

08.06.2023, 20:1109.06.2023, 13:39
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Der Kiewer Vorort Butscha geht als besonders trauriges Kapitel in die Geschichtsbücher ein. Hier wurden die russischen Invasoren im Frühjahr 2022 zur Umkehr gezwungen. Doch bevor sie die Kleinstadt verliessen, massakrierten sie die Bevölkerung, zerstörten und plünderten Wohnhäuser, hinterliessen Tod und Verderben.

März 2022 vs. Mai 2023

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Einwohnerin Olga versteckte sich im Keller des Hauses, das von ihrem Vater gebaut wurde. Zwei Panzer suchten hinter ihrem Haus Deckung, das Getöse war ohrenbetäubend: «Wir verabschiedeten uns vom Leben.»alle bilder Free Radio Europe/Radio Liberty/Serhiy Nuzhnenko

Als Kriegsbeobachter den Schauplatz betraten, lagen Leichen von Exekutierten in den Strassen und Hinterhöfen, gefolterte und ermordete ukrainische Soldaten steckten kopfüber in Abwasserkanälen. Das Bild eines erschossenen Pensionärs, der mit seinem Fahrrad unterwegs war, ging um die Welt.

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Die Vokzalna-Strasse war der Schauplatz der intensivsten Kämpfe. Heute suchen Kriegsschauplatz-Touristen vergebens nach den Anzeichen dafür. alle bilder free radio europe/radio liberty/serhiy nuzhnenko

Einer der Ersten, der damals die Stadt betrat, war der ukrainische Journalist Serhiy Nuzhnenko (Twitter, Instagram). Für Radio Free Europe/Radio Liberty dokumentierte er Leid und Zerstörung von Butscha und sprach mit Überlebenden. Ein Jahr später besuchte er den schrecklichen Kriegsschauplatz erneut.

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Und noch einmal die Vokzalna-Strasse. Nichts erinnert hier daran, dass vor einem Jahr noch alles in Schutt und Asche lag. alle bilder free radio europe/radio liberty/serhiy nuzhnenko

Die Zeichen haben sich geändert. Dank eines amerikanischen Hilfsfonds, dank privater Spenden und Landverkäufen vor dem Krieg kann hier renoviert und gebaut werden. Und es wird geklotzt und nicht gekleckert – wenigstens äusserlich: Wo sich Panzerwracks türmten, stehen heute moderne Busstationen.

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Der Panzer mit der Aufschrift «V» ist einem Auto der Marke VW gewichen. Und auch das Haus im Hintergrund wurde totalsaniert. alle bilder free radio europe/radio liberty/serhiy nuzhnenko

Die Vokzalna – die Hauptstrasse durch Butscha in Richtung Kiew – wurde totalsaniert, erhielt neue Gehwege und einen neuen Fahrbelag, zerstörte Häuser wurden abgerissen oder renoviert.

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«Eigentlich dachten wir, dass wir in einer sicheren Gegend leben», sagten Natalja und Rustem gegenüber Radio Free Europe, «die Zeit im Keller war furchteinflössend, während oben die Schlacht tobte». Heute steht wenigstens der Schuppen wieder. Die Einschusslöcher im Haus erinnern daran, dass noch viel Arbeit vor dem Paar liegt.alle bilder free radio europe/radio liberty/serhiy nuzhnenko

Nichts darf hier noch an die russischen Kriegsverbrechen erinnern. Mörtel und Farbe trocknen schnell. Die psychischen Wunden, das zeigte der Besuch eines NZZ-Teams, werden hingegen noch Jahrzehnte schmerzen.

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Noch wird geteert. Doch auch hier werden die Spuren des Krieges so schnell wie möglich entfernt.alle bilder free radio europe/radio liberty/serhiy nuzhnenko

Um möglichst deckungsgleiche Bilder zeigen zu können, wurden einige der Fotos von watson.ch bearbeitet. Die Originale findest du hier.

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kanzo
08.06.2023 20:31registriert Mai 2022
Schön. Da sehen wir, das die Ukraine anscheinend gut mit den Geldern umgehen kann auch wenn es hin und wieder gewisse Fälle gibt. Anscheinend hat der Patriotismus und der eusserliche Druck, zu liefern, was gemacht (und das überall die Medien nach Stecheln und die Welt sie dadurch beobachtet.).
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_kokolorix
08.06.2023 22:30registriert Januar 2015
Was für ein Unterschied zu Mariupol. Die russen haben es erst geschafft einen Sichtschutzzaun vor den übelsten Ruinen hochzuziehen ...
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Leo L.
09.06.2023 01:21registriert März 2019
Dieser Bericht berührt mich sehr, vielen Dank. ganz besonders weil wir bei uns in der Firma seit ein paar Wochen eine neue Mitarbeiterin aus Butscha angestellt haben und ich mir nicht vorstellen kann, was sie durchmacht. Möge das Gute doch irgendwann Siegen, auch wenn es zur Zeit so düster aussieht. Diese Bilder sind zumindest ein Zeichen der Hoffnung.
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