Bei russischen Raketen- und Drohnenangriffen auf die ukrainische Grossstadt Charkiw und eine Siedlung am Stadtrand wurden mindestens zwei Menschen verletzt. Eine Rakete traf auch ein Büro der Schweizerischen Stiftung für Minenräumung und richtete grossen Sachschaden an.
Laut einer Mitteilung der Hilfsorganisation Fondation suisse de déminage (FSD) war das Büro am Mittwochmorgen getroffen worden. Die Mitarbeitenden der Stiftung kamen mit dem Schrecken davon und blieben unverletzt.
Das Gebäude wurde laut der Mitteilung erheblich beschädigt, ebenso einige Fahrzeuge und Ausrüstungen. Die Verantwortlichen machten sich zunächst ein Bild des Ausmasses der Schäden und arbeiteten an einem Plan, um die Arbeit so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, wie die FSD schrieb.
Das Schweizer Aussendepartement verurteilte den russischen Beschuss. Angriffe gegen zivile Infrastrukturen seien ein Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) der Nachrichtenagentur Keystone-SDA in einer Stellungnahme mit. Die FSD sei eine wichtige Partnerin bei der Umsetzung des Programms zur humanitären Minenräumung der Schweiz in der Ukraine.
«Trotz dieses Rückschlags bleibt die FSD standhaft», erklärte die Organisation. Man wolle sich in der Ukraine weiter für die humanitäre Minenräumung einsetzen und die Menschen dort unterstützen.
This morning, FSD office in Kharkiv, Ukraine, was hit by a missile, damaging the building and some equipment. We are relieved to confirm that all FSD staff members are safe.
— FSD (Fondation suisse de déminage) (@fsd__ch) July 24, 2024
Our press release: https://t.co/onTfu1feF3 pic.twitter.com/WHGuqLTklX
Der Angriff zeige die schwierigen und gefährlichen Bedingungen, unter denen humanitäre Organisationen in Konfliktgebieten arbeiteten, hiess es in der Mitteilung. Die FSD rief alle Parteien auf, das humanitäre Völkerrecht zu achten und die Sicherheit und den Schutz der humanitären Mitarbeitenden zu gewährleisten.
Die Stiftung hat ihren Sitz in Genf. Sie ist nach eigenen Angaben seit über 25 Jahren aktiv und weltweit tätig. Sie beschäftigt 800 Personen. Ihre Aufgabe ist es, Minen zu finden und unschädlich zu machen. Ausserdem leistet sie Aufklärungsarbeit. In Charkiw und Cherson ist sie unter anderem mit Drohnen auf Minensuche und setzt Schleifendetektoren ein.
Die Schweiz engagiert sich stark in der Minenräumung und unterstützt auch die Tätigkeit der von der Rakete getroffenen Schweizer Nichtregierungsorganisation. Der Bundesrat hatte Ende September 2023 Mittel in der Höhe von 100 Millionen Franken genehmigt, um zivile und landwirtschaftliche Gebiete in der Ukraine zu entminen.
Der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis bezeichnete an einer Konferenz im Februar in New York die Minenräumung als eine Vorbedingung für den Wiederaufbau der Ukraine.
Die Folgen der Verminung und Kontamination des Landes durch Kriegsrückstände gingen weit über die Grenzen der Ukraine hinaus, sagte er. Die für zahlreiche Länder wichtige Agrarexportfähigkeit der Ukraine und der ganzen Region könne dauerhaft geschwächt sein.
Bei den russischen Angriffen gab es laut Angaben des Gouverneurs Oleh Synjehubow auf Telegram neben den mindestens zwei Verletzten Schaden an Wohngebäuden und einem Industriegebäude sowie einem Pferdestall. Mehrere Autos wurden zerstört.
Im nordostukrainischen Gebiet Sumy beschoss russische Artillerie mehrere Gemeinden. Eine Frau ist nach Behördenangaben dabei verletzt worden. Bereits am Dienstag wurden im ostukrainischen Gebiet Donezk nach Angaben von Gouverneur Wadym Filaschkin durch russischen Artilleriebeschuss und Bombardements hauptsächlich auf die Stadt Lyman mindestens drei Zivilisten getötet und sechs verletzt worden.
In der Südukraine wurde in der Stadt Cherson nach Angaben der Gebietsverwaltung bei einem russischen Artillerieangriff eine Frau getötet; eine weitere musste in ein Spital gebracht werden. Im Gebiet Odessa hat es zudem Angriffe auf die Hafeninfrastruktur des Donauhafens Ismajil gegeben. Drei Menschen sind den Behörden zufolge verletzt worden. Mehrere Gebäude und Lastwagen seien zerstört worden. In sozialen Netzwerken verbreitete Videoaufnahmen legten jedoch nahe, dass auch Treibstoffdepots getroffen wurden.
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigener Darstellung in der Nacht 17 von 23 eingesetzten russischen Kampfdrohnen abgefangen. Zwei auf das Gebiet Charkiw abgefeuerte Raketen konnten demnach nicht abgeschossen werden.
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zwei Jahren gegen die russische Invasion. Russland kontrolliert einschliesslich der Schwarzmeer-Halbinsel Krim gut ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets. (sda/dpa/afp)