Sie hätten Beweise für das Fehlverhalten von Präsident Biden und seiner Familie gefunden, wird behauptet. Dieses Fehlverhalten könnte auf dem Niveau von schweren Verbrechen zu liegen kommen, argumentieren die Republikaner. Deshalb wurden nun, auf Vorstoss des Vorsitzenden des Repräsentantehauses, Kevin McCarthy, Ermittlungen für ein Amtsenthebungsverfahren angeordnet.
Im Zentrum steht – wieder einmal – Bidens Sohn Hunter: Nun gebe es glaubhafte Anschuldigungen, dass Biden selbst in illegale Geschäfte seines Sohnes Hunter verwickelt gewesen sei. Dazu seien aber weitere Nachforschungen nötig. Andere wiederum bezweifeln, dass es tatsächliche neue Beweise gibt – und sehen den Entscheid McCarthys vielmehr als strategischen Schritt.
Ob am Ende ein Amtsenthebungsverfahren eröffnet werden könnte, ist noch völlig unklar – die Erfolgsaussichten gelten aber generell als gering.
Das ist bislang bekannt:
Die Republikaner treiben mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus seit Monaten Untersuchungen zu Finanzgeschäften der Biden-Familie voran. Unter anderem geht es um Geschäfte von Hunter Biden im Ausland und darum, ob Joe Biden als damaliger US-Vizepräsident seinen politischen Einfluss dafür eingesetzt haben könnte.
Konkret behauptet McCarthy zum Beispiel, Joe Biden habe falsche Aussagen über die Geschäfte seines Sohnes gemacht, und was er darüber wusste. Ausserdem soll der Präsident (damals noch Vize-Präsident) aktiv um Aufträge für seinen Sohn geworben haben, die «dazu führten, dass Autos und Millionen von Dollar an seine Söhne und die Geschäftspartner seines Sohnes gingen.» Zudem mache es den Anschein, als dass der Familie von Joe Biden von seiner eigenen Verwaltung eine Sonderbehandlung zuteil kam – eine Behandlung, «die sie sonst nicht erhalten hätten, wenn sie nicht mit dem Präsidenten verwandt wären.»
«Es geht um Vorwürfe des Machtmissbrauchs, der Verschleierung und der Korruption, und sie rechtfertigen weitere Ermittlungen», erklärte McCarthy.
Ein Sprecher des Weissen Hauses hielt allerdings dagegen: In neun Monaten hätten die Republikaner keinerlei Beweise für ein Fehlverhalten Bidens gefunden.
Während einige Republikaner McCarthys Vorstoss begrüssten, meldeten sich andere Parteikollegen ungewöhnlich offen mit Skepsis zu Wort.
Der Abgeordnete Ken Buck sagte dem Sender NBC, er müsse Beweise sehen – bislang habe er keine Verbindung zwischen Joe Biden und den Geschäften seines Sohnes erkennen können. «Daher zögere ich, dem Vorsitzenden McCarthy zuzustimmen.» Ein nicht namentlich genannter republikanischer Senator sagte dem Nachrichtenportal «The Hill»: «Das ist Zeitverschwendung. Das ist unnütz.» Im Senat, der am Ende über eine Amtsenthebung zu entscheiden hätte, gäbe es keine Chance für einen Schuldspruch Bidens, betonte er. Das Ganze sei nicht hilfreich im Wahlkampf. (Hier erfährst du mehr über die konkreten Vorwürfe.)
Die republikanische Senatorin Shelley Moore Capito sagte dem Portal, die Aktion sei «frustrierend». Der ranghohe Republikaner John Thune aus dem Senat erklärte, McCarthy sei unter grossem Druck in seiner Fraktion. «Ich glaube, es wäre nicht vorteilhaft, diese Sache voranzutreiben – bei all den anderen Dingen, die wir zu tun haben.»
Für Überraschung sorgte, dass McCarthy einfach verkündete, er habe die zuständigen Ausschüsse «angewiesen», Ermittlungen aufzunehmen – anstatt im Repräsentantenhaus eine Abstimmung dazu anzusetzen. Zuvor hatte er jeweils betont, vor dem Start von Ermittlungen müsse es ein Votum in der Kammer geben.
US-Medien berichteten, es gebe unter Republikanern nicht genügend Stimmen für den Vorstoss. Daher sei McCarthy alleine vorgeprescht. Der Grund: Er könnte damit rechte Hardliner aus dem Kongress besänftigen wollen. Diese fordern seit Langem den Start eines Impeachment-Verfahrens gegen Joe Biden – mutmasslich als Rache für dasselbe Verfahren gegen Ex-Präsident Trump.
McCarthy ist in einer denkbar schwachen Position. Im Januar wurde der Republikaner infolge einer internen Rebellion erst nach 15 Wahlgängen auf den wichtigsten Posten im Repräsentantenhaus gehievt. Mehrere Abgeordnete vom rechten Rand der Fraktion liessen sich lange bitten, für ihn zu stimmen, und erwarteten im Gegenzug seither Zugeständnisse von ihm. Sie setzten auch einen Passus durch, womit der Vorsitzende im Zweifel einfacher wieder aus dem Amt entfernt werden kann.
Rechte Teile der Fraktion machten nicht nur in der Impeachment-Frage Druck auf McCarthy, sondern auch mit Blick auf den Bundeshaushalt. Der Kongress muss bis zum Monatsende den Bundesetat beschliessen, andernfalls kommt es zu einem Stillstand der Regierungsgeschäfte, einem sogenannten «Shutdown».
Republikaner vom rechten Rand fordern grössere Einschnitte bei den Ausgaben. Geschehe das nicht, wollen sie eine Verabschiedung des Budgets sabotieren. Matt Gaetz, der als Hardliner gilt, forderte am Dienstag diesbezüglich einmal mehr Bewegung von McCarthy. Ausserdem nannte er den Impeachment-Vorstoss lediglich einen «Baby-Schritt» und drohte unverhohlen damit, ein Misstrauensvotum gegen McCarthy zu erzwingen.
Um nach Ermittlungen am Ende tatsächlich ein Impeachment-Verfahren gegen Biden zu eröffnen, wäre eine Mehrheit im Repräsentantenhaus nötig. Die Republikaner haben dort zwar eine knappe Mehrheit. Doch die Fraktion ist extrem zersplittert, McCarthy hat seit seinem Start grösste Schwierigkeiten, die eigenen Reihen zu schliessen.
Selbst wenn eine Mehrheit im Repräsentantenhaus zustande käme, hätte am Ende der Senat über eine mögliche Amtsenthebung Bidens zu entscheiden. Im Senat haben Bidens Demokraten aber eine knappe Mehrheit. Dass der Präsident am Ende des Amtes enthoben werden könnte, gilt daher als faktisch ausgeschlossen. Theoretisch könnten die Republikaner die Ermittlungen einfach lange ins Wahljahr tragen, um stetig unliebsame Schlagzeilen für Biden zu produzieren – ohne das Verfahren weiter zu forcieren.
(lak/sda/dpa)
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