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Naher Osten

Wo Russland, China und die arabischen Länder im Krieg Nahost Krieg stehen

Putin, Xi Jinping und der Kronprinz von Riad und wo sie im Krieg von Israel gegen den Iran stehen.
Putin, Xi Jinping und der Kronprinz von Riad und wo sie im Krieg von Israel gegen den Iran stehen.bild: watson/keystone

Wo Russland, China und die arabischen Länder im Krieg zwischen Israel und Iran stehen

Die mit dem Iran verbündeten Regime in Moskau und Peking sowie die Staaten im Nahen und Mittleren Osten spielen im Iran-Israel-Krieg besondere Rollen. Ein Überblick über die verschiedenen Positionen.
19.06.2025, 22:1319.06.2025, 22:19
Fabian Kretschmer, Remo Hess, Michael Wrase / ch media
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Russland

Regime-Sturz wäre für Putin eine Tragödie

Auf den ersten Blick kommt der Krieg zwischen Iran und Israel dem Kreml gelegen: Die Aufmerksamkeit für die Ukraine ist weg. Präsident Wladimir Putin kann seinen Raketen-Terror ungestört weiterführen, so wie am Dienstag, als bei einem der tödlichsten Angriffe seit Kriegsbeginn in Kiew 14 ukrainische Zivilisten getötet und über hundert verletzt wurden.

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Will seinen Verbündeten im Iran nicht fallen sehen: Kreml-Chef Wladimir Putin.Bild: keystone

Zweitens spült der gestiegene Ölpreis Geld in Putins Kriegskasse. Wenn weniger iranisches Öl verfügbar ist, steigt die Nachfrage nach russischem Ersatz. Längerfristig aber wäre ein Sturz des iranischen Regimes ein herber Verlust für Putin. Die beiden Länder sind strategische Partner und haben erst im Januar ein militärisches Kooperationsabkommen geschlossen. Iranische Schahed-Drohnen sind ein unverzichtbarer Teil von Russlands Angriffswaffen gegen die Ukraine. Dies, auch wenn ein signifikanter Teil der Kamikaze-Drohnen mittlerweile in Russland selbst produziert wird.

Nach dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad im Dezember würde Russland mit dem Iran seinen zweiten Alliierten in der Region verlieren. Trotzdem wird Putin den Mullahs nicht zu Hilfe kommen, wie er auch beim Aufstand gegen Assad untätig blieb. Der Grund ist, dass Putin seine Freundschaft mit US-Präsident Donald Trump nicht gefährden will.

Ausserdem bemüht sich der Kreml, seine Beziehungen zu anderen arabischen Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien zu verbessern. Diese werden wegen der internationalen Sanktionen gegen Russland immer wichtiger.

China

Stabilität steht über allem

Während die chinesische Botschaft in Teheran bereits ihre Landsleute mit Fernbussen an die über tausend Kilometer entfernte Landesgrenze nach Turkmenistan evakuiert, meldet sich am Dienstag erstmals Xi Jinping zu Wort. «Alle Parteien sollten sich für eine möglichst schnelle Deeskalation des Konflikts einsetzen und eine weitere Verschärfung verhindern», sagte der 72-Jährige.

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Chinas Präsident Xi Jinping: Peking hält das Regime in Teheran durch Öl-Einkäufe am Leben.Bild: keystone

Es fällt auf, dass Xi Israel nicht direkt kritisiert, sondern stattdessen eine vage Formulierung wählt. Schliesslich kündigt der chinesische Parteivorsitzende vollmundig an: «China ist bereit, eine konstruktive Rolle bei der Wiederherstellung von Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu spielen.» Doch dabei dürfte es sich vor allem um ein Lippenbekenntnis handeln.

Oberflächlich betrachtet scheinen die chinesischen Interessen in Nahost klar verteilt: Peking deckt grosse Mengen seines Energiebedarfs mit iranischem Öl, während Israel als enger US-Verbündeter ein ideologisches Feindbild darstellt. Grundsätzlich falsch ist diese Analyse zwar nicht, doch greift sie zu kurz: Chinas tatsächliche Rolle im Krieg zwischen Israel und dem Iran ist ambivalenter.

Vorwerfen kann man den Chinesen, dass sie das islamische Regime mit ihren massiven Öl-Einkäufen nachhaltig stützen. Nicht wenige Kritiker behaupten, dass das Regime in Teheran ohne den Handel mit China bereits kollabiert wäre.

Doch sollte man dabei nicht übersehen, dass Peking tatsächlich auf beiden Seiten der Konfliktlinien strategische Interessen verfolgt. Denn auch mit der Türkei und insbesondere den Golfstaaten hat China zuletzt seine Geschäftsbeziehungen intensiviert. Die Staatsführung will sich dementsprechend weder uneingeschränkt auf eine Seite positionieren, noch möchte es überhaupt einen Krieg in der Region. Ganz im Gegenteil: Pekings vorrangiges Ziel für Nahost lautet Stabilität. Denn wenn die Schiffsrouten, auf denen das Öl ins Reich der Mitte fliesst, durch den Krieg blockiert werden, dann wäre nicht nur Chinas Energiesicherheit, sondern auch das Wirtschaftswachstum des Landes massiv bedroht.

Irak

Demos für die Mullahs

Trotz der arabischen Solidarität mit Iran gab es bislang nur ein Land im Nahen Osten, in dem die Menschen für die Islamische Republik auf die Strasse gingen und lautstark gegen die USA und Israel demonstrierten. In den für Schiiten heiligen Städten Kerbala und Nadschaf skandierten Tausende Iraker den Sprechchor «Tod den USA» und hielten Bilder des iranischen Revolutionsführers Ali Khamenei in die Höhe.

Wie einst Saddam Hussein könnte nun auch der Teheraner Ayatollah durch eine ausländische Militärintervention gestürzt werden. Der durch den Einmarsch der USA in den Irak herbeigeführte «Regime Change» im Irak hatte im Jahr 2003 einen mehrjährigen Bürgerkrieg im Zweistromland ausgelöst. Es folgte der Aufstieg der Terrororganisation Islamischer Staat, die nicht nur den Nahen Osten, sondern auch Europa mit verheerenden Attentaten in Paris, Istanbul, Berlin und Barcelona traumatisierte.

Bei den arabischen Nachbarländern des Iran ist die Sorge vor einem solchen Szenario durchaus vorhanden. Denn ein Nachfolger für Khamenei, dem zugetraut wird, den riesigen Vielvölkerstaat zusammenzuhalten, ist bislang nicht in Sicht.

Saudi-Arabien

Der Kronprinz spricht vorsichtig

In Riad ist die Angst gross, dass sich der Konflikt auf ihre Länder ausweiten könnte, sollten auch die USA militärisch in den Konflikt eingreifen. Vor diesem Hintergrund bemüht sich das saudische Königshaus um besonders freundliche Worte, wenn es, wie zuletzt am Montag, von der «brüderlichen islamischen Republik Iran» spricht.

Tatsächlich hatten die Saudis bis noch vor drei Jahren den Iran als ihren Erzfeind in der Region betrachtet und mit Israel über einen Friedensvertrag verhandelt. Der Krieg im Gaza-Streifen führte zu einer Entfremdung zwischen Riad und Jerusalem und zu einer Wiederannäherung an Iran. Erst im April hatte der saudische Verteidigungsminister, Prinz Khaled bin Salman al-Saud, den iranischen Revolutionsführer Ali Khamenei besucht. Wichtigstes Thema soll eine rasche Verhandlungslösung im Atomstreit mit den USA gewesen sein.

epa12096941 Saudi Crown Prince Mohammed bin Salman bin Abdulaziz Al Saud attends the Keynote Address at the Saudi-US Investment Forum in Riyadh, Saudi Arabia, 13 May 2025. The forum is taking place du ...
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.Bild: keystone

Katar

Klar an der Seite des Iran

«Israel ist der verrückte Freund des Westens, der in der Lage ist, dort zu handeln, wo andere es nicht tun», empörte sich der in Doha ansässige Fernsehsender Al Dschasira am Sonntag über die israelischen Luftangriffe im Iran. Die Station berichtet rund um die Uhr über den Kriegsverlauf und lässt dabei keinen Zweifel, dass sie an der Seite des Irans steht. «Sie sind unsere Brüder», wird ein Sprecher des katarischen Herrscherhauses Al Thani zitiert, das sich hinter den Kulissen bisher vergeblich um einen Waffenstillstand bemühte. Dass das Emirat die grösste amerikanische Militärbasis im Nahen Osten beherbergt, wird in der Berichterstattung ausgeblendet.

Vereinigte Arabische Emirate

Der Krieg gefährdet den Tourismus

Sie wollen alles vermeiden, was im Iran als feindselige Handlung ausgelegt werden könnte. Schliesslich liegt die Islamische Republik nur eine gute Speedboot-Stunde von Dubai entfernt. Das Emirat lebt vom Tourismus und internationalen Geschäften. Ein kriegsbedingter Einbruch wäre verheerend. Als «Worst-Case-Szenario» gilt eine Blockade der Strasse von Hormuz durch Iran, durch die 20 Prozent des weltweiten Ölbedarfs transportiert wird. Befürchtet wird zudem eine längere Sperrung des Luftraums, sollten die USA mit ihren in den Persischen Golf verlegten Flugzeugträgern auf der Seite Israels in den Krieg gegen Iran ziehen.

Syrien

Damaskus ignoriert die Raketen

Mit Ahmed al-Scharaa beerbte ein populärer Dschihadist den gestürzten Diktator Baschar al-Assad. Das neue Regime in Damaskus ist das einzige in der arabischen Welt, das den Krieg zwischen Israel und Iran bisher ignoriert hat. «Obwohl die Flugzeuge und Raketen jede Nacht über unsere Köpfe fliegen, ist das nicht unser Krieg», sagte ein lokaler Beobachter in Damaskus, der ungenannt bleiben wollte, dem auf den Nahen Osten spezialisierten Newsportal «The Media Line».

Libanon und Ägypten

Sorge vor Chaos

Der Libanon wird Jahre brauchen, bis er sich von den Folgen der schweren israelischen Luftangriffe im Herbst letzten Jahres erholt hat. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah war damals von Israel getötet worden. Seine Nachfolger haben zum Krieg gegen den langjährigen Verbündeten bisher geschwiegen.

Die schiitische Extremistenorganisation, sagt Maha Jahja, eine Nahost-Expertin bei der Denkfabrik Carnegie, befinde sich in einer Art existenziellen Krise. Würde sie sich jetzt am Krieg gegen Israel beteiligen, würde dies vermutlich ihr endgültiges Ende bedeuten. Der neue libanesische Staatspräsident und Hoffnungsträger der Zedernrepublik, Joseph Aoun, hatte dagegen auf der Plattform X betont, dass Israel «nicht nur das iranische Volk, sondern alle internationalen Bemühungen für Stabilität im Nahen Osten angegriffen» habe.

Diese Einschätzung teilt auch der Aussenminister von Ägypten, Badr Abdel-Atti. Die israelischen Angriffe könnten den Nahen Osten ins Chaos stürzen, sagte er. Die «Arroganz der Macht» werde keiner Nation Sicherheit bringen.

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Die beliebtesten Kommentare
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Dominik Egloff
20.06.2025 10:29registriert November 2015
Ja, die Saudis führen nach einer längeren Pause wieder diplomatische Beziehungen mit dem Iran. Allerdings heisst dies absolut nicht, dass die zwei Erzkonkurrenten im intramuslimischen sunnitisch schiitischen Konflikt nun Partner wären. Dass die Saudis darauf hoffen und darauf setzen, dass Israel die iranischen Atombomben militärisch verhindert, ist in ihrem eigenen Interesse. Ich würde die Saudis deshalb eher, auch wenn dies von aussen nicht immer klar erkennbar ist, bezüglich des Irankrieges, als Partner Israels betrachten.
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