Donald Trump und LVMH-CEO Bernard Arnault eröffneten vor sechs Jahren eine Louis-Vuitton-Fabrik im US-Bundesstaat Texas. Diese läuft aber nicht so, wie erhofft.
Die Produktion der Designertaschen wird aufgrund mehrerer Probleme immer weiter beschränkt, sagen elf ehemalige Louis-Vuitton-Angestellte gegenüber Reuters. Laut drei der Mitarbeitenden sowie einem höherrangigen Branchenkenner sei der Standort in Texas der weltweit leistungsschwächste und liege weit unter der Qualität der anderen Standorte.
Die bislang unbekannten Probleme der Fabrik sind ein Beispiel für die Schwierigkeiten des Konzerns LVMH, seine Produktion in den USA auszuweiten und Trumps angedrohten Zöllen auf EU-Ware zu entgehen.
«Der Produktionsanlauf war schwieriger als wir dachten», sagte Ludovic Pauchard, Industriedirektor von Louis Vuitton, in einem Interview als Antwort auf detaillierte Fragen zu den Reuters-Ergebnissen. Der texanische Standort auf einer 250 Hektar grossen Ranch kämpft mit Problemen, da es an qualifizierten Lederarbeitern mangelt, die die Qualitätsstandards der Marke erfüllen können, erklären drei ehemalige Arbeiter gegenüber Reuters.
«Sie haben Jahre gebraucht, um mit der Herstellung der einfachen Taschen, der Neverfull-Handtasche, zu beginnen», sagt eine mit den Abläufen im Werk vertraute Quelle und meinte damit die klassische Louis-Vuitton-Schultertasche.
2019 sah das Ganze noch ganz anders aus. Donald Trump wurde in der texanischen Fabrik als Ehrengast empfangen. Bernard Arnault, der CEO und Hauptaktionär des Luxuskonzerns LVMH, zu dem Louis Vuitton gehört, war auch präsent und erwähnte mehrmals, dass er mit der Schaffung von Arbeitsplätzen in die USA investieren wolle. Dies hätte perfekt in Donald Trumps «America first»-Agenda gepasst.
Doch es kam nicht so, wie erhofft.
Fehler beim Zuschneiden der Taschen, der Vorbereitung und der Fertigung führten zu einem Ausschuss von bis zu 40 Prozent der Lederhäute, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter. Normal sei eine Ausschussrate von 20 Prozent.
Laut der ehemaligen Angestellten herrscht beim texanischen Standort ein hoher Druck. Um die Produktionszahlen in die Höhe zu treiben, drücken die Vorgesetzten routinemäßig ein Auge zu, wenn es darum geht, Mängel zu verbergen, und in einigen Fällen fördern sie diese sogar.
Gemäss Pauchard habe es in der Vergangenheit tatsächlich solche Fälle gegeben, das Problem sei laut ihm aber gelöst. «Das geht auf das Jahr 2018 zurück und betrifft einen bestimmten Manager, der nicht mehr zum Unternehmen gehört», meint er.
Schlecht verarbeitete Handtaschen, die nicht mehr verkauft werden können, werden vor Ort geschreddert und in Lastwagen zur Verbrennung abtransportiert, sagen zwei Quellen.
Nach Aussage eines ehemaligen Produktionsleiters soll Louis Vuitton den Standort vor allem für weniger anspruchsvolle Handtaschenmodelle nutzen. Die teureren Modelle würden woanders produziert werden.
Pauchard meint, das Unternehmen sei mit einer «jungen Fabrik geduldig». «Jede Tasche, die hier herausgeht, muss eine Louis-Vuitton-Tasche sein. Wir stellen sicher, dass sie genau die gleiche Qualität aufweist», sagt er. Er führt fort: «Mir sind keine Probleme bekannt, die darauf hindeuten, dass die Qualität aus Texas sich von der aus Europa unterscheidet.»
Die Arbeiter vor Ort fertigen einzelne Teile und ganze Modelle von Louis-Vuitton-Handtaschen wie Félicie Pochettes und Pochette Métis an. Alle versehen mit dem Etikett «Made in USA». Die Taschen werden in Luxusboutiquen für 1500 bis 3000 US-Dollar verkauft.
LVMH wollte sich nicht dazu äussern, welche Handtaschenmodelle vollständig oder teilweise in Texas hergestellt werden. Gemäss den ehemaligen Arbeitern handle es sich aber um die Handtaschenlinien Carryall, Keepall, Metis, Félicie und Neverfull.
Die Arbeiter der texanischen Fabrik erhielten zunächst 13 Dollar pro Stunde. Ab 2024 beträgt der Grundlohn für einen Lederarbeiter im Werk 17 US-Dollar pro Stunde. Der Mindestlohn in Texas beträgt 7,25 US-Dollar pro Stunde.
Eine ehemalige Lederarbeiterin sagte, sie sei stolz gewesen, als sie für die bekannte französische Marke arbeiten konnte. Einige Arbeiter hätten jedoch Probleme gehabt, die Qualitätsstandards und Produktionsziele der Marke zu erfüllen. «Wir standen unter grossem Druck, die Tagesziele zu erreichen», meint ein ehemaliger Angestellter.
Ein anderer schildert, er habe an allen Stellen gespart, indem er beispielsweise Segeltuch und Leder mit einer heissen Nadel «geschmolzen» habe, um Mängel bei einem besonders schwierigen Stück zu verstecken. Auch weitere Mitarbeiter sollen Material geschmolzen haben, um Löcher oder andere Mängel in Nähten zu verbergen.
Damien Verbrigghe, der internationale Produktionsleiter von Louis Vuitton, gibt zu, dass einige Mitarbeiter des texanischen Standorts wegen der strengen Qualitätsanforderungen den Arbeitsplatz gewechselt hätten.
Ehemalige Arbeiter sollen eine fünfwöchige Schulung erhalten haben. Dies sei üblich, da die Angestellten den Grossteil der Arbeit direkt am Fliessband unter Aufsicht erfahrenerer Handwerker lernen. «Kenntnisse im Nähen von Leder/Leinwand sind ein Plus, aber keine Voraussetzung. Wir bieten eine umfassende Ausbildung an», hiess es in einer Stellenanzeige. Verbrigghe bestätigt den Ablauf der Ausbildung.
LVMH erhielt von der Stadt zahlreiche Steuererleichterungen wie eine zehnjährige Senkung der Grundsteuer um 75 Prozent, die dem Unternehmen Einsparungen von etwa 29 Millionen US-Dollar ermöglichen sollte.
In seinem Antrag für die Steuerermässigung aus dem Jahr 2017, das Reuters vorliegt, erklärte LVMH, man wolle innerhalb der ersten fünf Jahre 500 neue Mitarbeiter einstellen. Bei der Eröffnungsfeier 2019 sagte Arnault: «Wir werden hier in Rochambeau in den nächsten fünf Jahren rund 1000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze schaffen.»
Laut ehemaligen Mitarbeitern soll das Personal Anfang 2025 lediglich aus rund 300 Mitarbeiter bestanden haben. Verbrigghe bestätigt dies. Das Weisse Haus wollte keinen Kommentar dazu abgeben.
Pauchard sagt, die anfänglichen Probleme bei der Personalbeschaffung seien vor allem auf die Corona-Pandemie und den Lockdown zurückzuführen gewesen. Dazu sei ein Rückgang der lokalen Nachfrage gekommen.
Trotz der Schwierigkeiten möchte LVMH in Texas noch mehr wachsen. In einem Antrag von 2017 gab LVMH an, dass die erste Produktionsstätte in Texas rund 30 Millionen Dollar kosten werde. Ein zweiter Antrag aus dem Jahr 2022 bezifferte die Kosten für die im vergangenen Jahr fertiggestellte zweite Produktionsstätte auf 23,5 Millionen Dollar.
Bei einer Versammlung im vergangenen Herbst wurde den Arbeitern an einem von zwei Produktionsstandorten in Kalifornien mitgeteilt, dass dieser im Jahr 2028 geschlossen werde und sie entweder nach Texas ziehen oder kündigen könnten. Pauchard bestätigte dies. Er erklärt jedoch, wieso dies nicht gut funktionierte: Die Führungskräfte hätten «unterschätzt, wie weit Texas von Kalifornien entfernt ist».
(kek)
Die Trump-Regierung wird sich selbst demontieren.