Wenn eine Ära zu Ende geht, gibt es jene Zeitgenossen, die nicht gerne loslassen und umso lieber lamentieren. «Wetten, dass..?» ist nun Geschichte – räumen wir also mit 5 grossen Märchen auf.
«‹Wetten, dass..?› ist die einzige Show, die die grossen Hollywoodstars zu uns gebracht hat», sagen manche Fans. Und: «Wenn die Stars kommen, dann zu ‹Wetten, dass?›.» Aber alle, die kommen, kommen nur, um Werbung zu machen. Damals wie heute.
Als Moderator Thomas Gottschalk einst Schauspieler Götz George mit persönlichen Fragen nervte, pflaumte der ihn an: «Komm auf den Film zu sprechen jetzt!» Und der Ausschnitt wird im Finale sogar nochmal gezeigt!
Finale in Nürnberg: Die Trauergäste bei der im TV übertragenen Beerdigung des Show-Dinosauriers bekunden allesamt, dass sie einst «Wetten, dass..?» im Kreis der Familie geschaut haben – und wie sehr das fehle.
Mit der letzten Wetten, dass...? Sendung ist das lineare Fernsehen endgültig tot.
— Harald R. Fortmann (@HRFortmann) 3. Dezember 2011
Allerdings gab es in den 80ern auch weniger Fernseher in den Haushalten und zudem deutlich weniger Sender. Grosi, der Herr Papa und die Kids haben deutlich mehr Auswahl auf deutlich mehr Kanälen: Unzählige Spartenkanäle bieten neben dem Internet Dauerfeuer rund um die Uhr.
Einheitsfernsehen wäre aber auch keine Alternative. Und mal ehrlich: Glauben Sie, dass sich junge und alte Generationen so was zusammen hören wollen?
Früher, als alles besser war, wurden bedeutend weniger TV-Sendungen gedreht. Heute gibt es eine gewisse Auswahl an Talentshows: Die Konkurrenz für «Wetten, dass..?» hat zugenommen – und spannende Menschen mit kuriosen Geschichten wachsen ja bekanntlich nicht auf Bäumen. Hinzu kommt der Abnutzungseffekt: Es braucht immer mehr, um den Zuschauer noch zu beeindrucken.
Dazu sechs Zitate aus der Altherren-Runde featuring Katarina Witt. Sie kommen allesamt von ... Ach, sehen Sie selbst:
Auf ein Wort. lieber Leser:
Ich mache diesen Job schon einige Jahre und hatte schon unter Spass-Diktator Gottschalk grosse Mühe mit der Show. Vor allem, weil der Thomas immer so jovial und altmännerhaft flirtig war. Als das Moderator abgesetzt wurde, habe ich drei Kreuze gemacht.
Ich Narr!
Vielleicht hätte Gottschalk auch geschwafelt, ein Rennfahrer sei «einer, der sich ans Steuer setzt, weil er maximal Gas gibt».
Oder hätte einem Gast erzählt: «Ben Stiller ist gerade raus.»
Oder den jungen Cheerleadern erklärt: «Davon könnt ihr später noch euren Kindern erzählen.» (Nur um dann bald darauf zu verkünden, dass die Mädchen Letzte geworden sind.)
Aber Lanz ist so oberflächlich, dass es unredlich wirkt. «Wenn sie jetzt keine Taschentücher zur Hand haben, würde ich mir jetzt welche holen», will er uns vor einem Werbefilmchen für «Ice Age» weismachen.
Oder er sagt zu einem Schweizer: «Ein Wahnsinn! So. Heute lebst du in den Schweizer Bergen, zurückgezogen ...» Köbi, der sechs Mal erfolgreich Wetten eingereicht hat, antwortet: «Nicht ganz, nein, nein.» Lanz so: «Egal, machst irgendwas Schönes auf jeden Fall.»
Ben Stiller fragt er nach einem Trailer pseudo-betroffen: «Wir müssen einmal jetzt ernst werden: Robin Williams hat man da gesehen.» Als Stiller endlich gehen muss, nein, darf, faselt Lanz was von einem Gast, «der sich sehr souverän hier verabschiedet.»
Und dann kommt Samuel Koch. Den fragt Lanz gleich zwei Mal, wie es ihm geht. Und allen Ernstes, ob es etwas Sinnhaftes an seinem Unfall vor vier Jahren gab – seit dem der junge Mann im Rollstuhl sitzt. Koch selbst flüchtet sich in Zynismus. «Als ich das letzte Mal [hier] war, bin ich frühzeitig gegangen. Ich hatte einen steifen Hals.»
Aber als Til Schweiger später die anderen Gäste dazu bewegen will, bei einer angedachten Stiftung Kochs mitzumachen, würgt Lanz die gute Sache ruppig ab. Doch wozu die Aufregung über Heuchlerei? Es ist nun Schicht im Schacht, ein Stück TV-Geschichte ist begraben – und Tote soll man ruhen lassen. RIP, «Wetten, dass..?».