Bundesrätin Karin Keller-Sutter will den Schweizer Einkaufstouristen ans Portemonnaie: Statt 300 Franken sollen künftig nur noch Waren im Wert von 150 ohne Mehrwertsteuer in die Schweiz eingeführt werden dürfen. Gemäss dem «Tages-Anzeiger» startet der Bundesrat demnächst eine entsprechende Vernehmlassung, holt also die Meinung der Parteien und wichtigen Verbände ein.
Der Grund für die geplante Anpassung der Wertfreigrenze: Gemäss einer Studie der Universität St. Gallen von 2022 geben Schweizerinnen und Schweizer im Ausland rund 8,5 Milliarden Franken aus. Vor allem Schweizer Detailhändler in Grenzregionen haben aufgrund des Einkaufstourismus einen Wettbewerbsnachteil.
Denn wer heute im Ausland shoppen geht, ist unter Umständen gleich doppelt bevorzugt: Für Einkäufe ab der Bagatellgrenze von 50 Franken bis zur Wertfreigrenze von 300 Franken kann man die ausländische Mehrwertsteuer zurückfordern und muss gleichzeitig die Schweizer Mehrwertsteuer nicht zahlen.
Das klingt reichlich kompliziert und es wird gar noch komplizierter. Denn für einige Waren wie Tabak oder Alkohol muss ab einer bestimmten Einfuhrmenge zusätzlich zur Schweizer Mehrwertsteuer auch Zoll bezahlt werden.
Schauen wir uns deshalb einige konkrete Beispiele von Einkäufen im Ausland an. Nehmen wir an, du machst vor deinem grossen Geburtstagsfest einen Shopping-Trip nach Deutschland und kaufst zollfreie Nahrungsmittel für 500 Euro ein. Was denkst du, was dich das am Ende in Schweizer Franken kostet?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Sonstige Nahrungsmittel dürfen zollfrei in die Schweiz eingeführt werden. Ein reduzierter Mehrwertsteuer-Satz von 2,5 Prozent kommt dabei zur Anwendung.
Resultat: Durch die Mehrwertsteuer-Rechnerei sparst du aktuell rund 20 Franken ein. Du zahlst zwar die Schweizer Mehrwertsteuer von 11.28 Franken, kriegst aber die deutsche Mehrwertsteuer von 31.59 Franken zurück. Beachtet werden muss zusätzlich, dass in der Schweiz die Preise für Nahrungsmittel gemäss dem Bundesamt für Statistik rund 1,6 Mal so hoch sind wie in Deutschland. Und so hätte derselbe Einkaufswagen in der Schweiz 772 Franken gekostet.
Kommen wir zum nächsten Beispiel: Du kaufst in Frankreich für eine grosse Grillparty 5 Kilogramm Fleisch für 200 Euro ein. Was denkst du, was dich das am Ende in Schweizer Franken kostet?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Du darfst nur 1 kg rohes oder verarbeitetes Fleisch (Rind, Kalb, Schwein, Schaf, Ziege, Pferd, Esel, Maultier, Geflügel) pro Person zollfrei in die Schweiz einführen. Alles, was darüber liegt, muss verzollt werden.
Resultat: Weil der Einkaufsbetrag mit 200 Euro unter der Wertfreigrenze liegt, musst du keine Schweizer Mehrwertsteuer bezahlen, doch du kannst die französische zurückverlangen. Die Zollgebühren schlagen jedoch ordentlich drauf und so kostet dich die geplante Grillparty 251.05 Franken. Hättest du das Fleisch in der Schweiz gekauft, hätte es dich allerdings 360 Franken gekostet.
Weiter geht's: Du willst das längste Lachsbrötchen der Welt belegen und greifst in Finnland zu. 10 Kilogramm Lachs für 500 Euro – was kostet dich das nach der ganzen Steuer-Rechnerei?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Fisch darf zollfrei in die Schweiz importiert werden. Von ausserhalb der EU ist die Menge auf 20kg pro Person beschränkt.
Resultat: Beim grossspurigen Lachseinkauf in Finnland sparst du dank der Mehrwertsteuer fast 50 Franken. Die grosse Differenz macht aber das unterschiedliche Preisniveau von Lachs in den beiden Ländern aus: In der Schweiz ist Fisch rund 1,6 Mal teurer als in Finnland, der Lachs hätte hierzulande also 772 Franken gekostet.
In Spanien besichtigst du eine Olivenölfabrik und kaufst für dich und deine Freunde/Familie 20 Liter für 250 Euro ein. Wie viel bezahlst du am Ende dafür?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Du darfst pro Person nur 5 Liter/Kilogramm Öle und Fettprodukte zollfrei in die Schweiz einführen.
Resultat: Du zahlst zwar keine Schweizer Mehrwertsteuer, dafür aber Zollgebühren. Die 20 Liter Olivenöl kosten dich am Ende deshalb 262.12 Franken. Hättest du es in der Schweiz gekauft, hättest du 452 Franken bezahlt.
Wer im Sommer nach Italien reist, füllt gerne seinen Weinvorrat auf. Nehmen wir an, du kaufst auf einem Weingut 20 Flaschen (15 Liter) Wein für 300 Euro ein – wie viel kostet dich das am Ende in Schweizer Franken?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Du darfst 5 Liter Alkohol unter 18 Prozent zollfrei in die Schweiz einführen.
Resultat: Du zahlst zwar Zollgebühren und die Schweizer Mehrwertsteuer, trotzdem kommst du am Ende noch etwas günstiger. Dank des unterschiedlichen Preisniveaus gar deutlich günstiger: 431 Franken hätte derselbe Wein in der Schweiz gekostet.
Für dich und deine Freunde kaufst du in deinen Schottland-Ferien in der Distillery deines Vertrauens für 750 Pfund 10 Flaschen Single Malt und packst sie in deinen Koffer. Wie viel hat dich das gekostet, wenn du wieder in der Schweiz bist?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Du darfst 1 Liter Alkohol über 18 Prozent zollfrei in die Schweiz einführen.
Resultat: Du zahlst Zollgebühren und die Schweizer Mehrwertsteuer, erhältst aber die britische Mehrwertsteuer zurück. Ab Ende beträgt deine Abgabe nur rund 20 Franken. In der Schweiz hätte der Whisky 1152 Franken gekostet.
In der Slowakei sind die Zigarettenpreise mitunter am tiefsten in ganz Europa. Du greifst also zu und kaufst 10 Stangen für 450 Euro. Was kostet dich das am Ende in Schweizer Franken?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Du darfst 250 Zigaretten (etwas mehr als eine Stange) pro Person zollfrei einführen.
Resultat: Die Zollgebühren für Tabak schenken ganz schön ein: 437.50 Franken kostet dich die Einfuhr der 10 Stangen Zigaretten. Deshalb zahlst du am Ende 827.48 Franken. Definitiv nicht lohnenswert: Denn in der Schweiz hättest du für die Zigaretten lediglich 779 Franken gezahlt.
In einem Elektronikgeschäft «ennet» der Grenze hast du ein TV-Gerät für 800 Euro gesehen, das du unbedingt kaufen möchtest. Doch lohnt sich das wirklich?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Alle Elektronikartikel dürfen zollfrei in die Schweiz importiert werden.
Resultat: Weil du keine Zollgebühren zahlst, kommst du dank der Mehrwertsteuer-Rechnerei am Ende etwas günstiger. In der Schweiz würde der gleiche TV gemäss dem BFS-Preisniveauindex 810 Franken kosten.
Zum Abschluss der Klassiker: In deinen USA-Ferien hast du dich mit frischen Kleidern eingedeckt – 600 Dollar hast du für neue Sneakers, Jeans und T-Shirts ausgegeben. Was kostet dich das am Ende in Schweizer Franken?
Info zur folgenden Aufschlüsselung: Kleider und Schuhe dürfen zollfrei in die Schweiz importiert werden.
Resultat: Du zahlst zwar keine Zollgebühren für die Kleider, musst aber die Schweizer Mehrwertsteuer von 41.81 Franken berappen. Dank der tieferen US-Preise für Kleider kommt du damit dennoch günstiger, als wenn du in der Schweiz eingekauft hättest. Bekleidung kostet hierzulande nämlich rund 1,4 Mal so viel wie in den USA.
Macht die Rechnung mal mit 4 Personen und 1 kg Fleisch, 5 Liter olivenöl, 5 Liter Wein und 1 Liter Schnapps pro Person, da kommt man auf GANZ andere Zahlen...
Ausserdem wissen Einkaufstouristen ganz genau welche Produkte sich lohnen und welche nicht, und setzen den Einkaufskorb ganz anders zusammen als der Vergleich ALLER Lebensmittel.
Hierbei geht es um Waschmittel, Weichspüler etc. etc. etc.