Der Einkaufstourismus nimmt rasant an Fahrt auf – vor allem aus diesen Kantonen
Seien es Shampoos, Nasensprays oder Bodylotions: Im Ausland sind nach wie vor viele Produkte im Detailhandel günstiger als hierzulande - Prix Garantie, M-Budget, Aldi und Lidl zum Trotz. Zwar sorgte die Covidpandemie über längere Zeit für geschlossene Grenzgänge und bei so manchen Kundinnen und Kunden für eine erhöhte Sensibilität für Regionalität und Nachhaltigkeit.
Doch die Coronakrise scheint lange her. Präsent ist dafür die Teuerung, die viele Konsumenten an die Preisvorteile im Ausland erinnern dürfte. So hat der Einkaufstourismus im ersten Halbjahr rasant zugelegt. Zu diesem Schluss kommt eine Auswertung der Branchenvereinigung Swiss Retail Federation, der unter anderem Händler wie Landi, Manor und Orell Füssli angehören. Sie hat die Debit- und Kreditkartentransaktionen der ersten sechs Monate von 2023 analysiert. Fazit: Insgesamt nahmen die Zahlungen im Detailhandel in den Nachbarländern um 10.2 Prozent zu gegenüber der Vorjahresperiode.
Starke Zunahme aus Basel, Genf und St.Gallen
Die Analyse zeigt zudem, in welchen Kantonen die Lust am Grenz-Shopping am stärksten zugenommen hat. Die höchsten Wachstumsbeiträge liefern demnach Grenzkantone wie Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf, Jura, Neuenburg, St. Gallen und Tessin.
Der Branchenverband ist ob dieser Zunahme nicht erfreut: «Durch den Einkaufstourismus in die Nachbarländer der Schweiz fliessen jährlich gut 8.5 Milliarden Schweizer Franken ins Ausland ab», schreibt er in einer Mitteilung. Die Auswirkungen des Einkaufstourismus auf den Handel in den Grenzregionen seien immens.
Die Swiss Retail Federation äussert in der Folge Kritik: «Aus Sicht des Detailhandels ist die Situation stossend, weil der Gesetzgeber den Einkaufstourismus mit falschen Anreizen zusätzlich begünstigt.» Nach wie vor werde der In- und Auslandkonsum steuerlich unterschiedlich behandelt.
Wertfreigrenze auf 50 Franken senken?
Der Vereinigung ist es ein Dorn im Auge, dass die Kundschaft, die aus dem Ausland Waren innerhalb der Wertfreigrenze von 300 Franken einführt, sich die ausländische Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen kann und keine schweizerische Mehrwertsteuer bezahlen muss. «Die Swiss Retail Federation fordert deshalb, den doppelten Steuervorteil für Auslandseinkäufe so anzupassen, dass die Schweizer Kundschaft nicht schlechter gestellt wird.»
Eine pragmatische Umsetzung bestünde laut dem Verband in der Senkung der Wertfreigrenze auf 50 Franken, denn die Wertfreigrenze sei ein massgeblicher Treiber des Einkaufstourismus. So habe eine Studie der Universität St. Gallen gezeigt, dass mit einer Senkung auf 50 Franken die Kundschaft rund 33 Prozent weniger Einkäufe im Ausland tätigen würde.
Unerwähnt bleibt in der Branchenmitteilung der Fakt, dass in der Schweiz mit den beiden Detailhandelsriesen Coop und Migros nach wie vor ein faktisches Duopol existiert, das mit überdurchschnittlich hohen Bruttomargen operiert. Auch das dürfte denn auch mit ein Grund sein, weshalb Konsumentinnen und Konsumenten mit dünnerem Portemonnaie den Weg über die Grenze auf sich nehmen. (aargauerzeitung.ch)
