Nach dem Tod von George Floyd gibt es weltweit Proteste gegen den vielerorts grassierenden Rassismus. Wie erleben junge Schwarze den Alltag in der angeblich so toleranten Schweiz? watson hat bei zwei jungen Menschen nachgefragt.
Der 26-jährige Mohamed Abdirahim vertritt die Afro-Community im Berner Stadtrat. Er ist durch und durch ein Bärner Giel. Seine Eltern, eine Engländerin und ein US-Amerikaner mit somalischen Wurzeln, zogen einst mit dem sechsjährigen Mohamed aus dem Wallis nach Bümpliz, dem «Schwamendingen der Bundesstadt».
Doch selbst in der links-grünen Hochburg Bern ist Abdirahim immer wieder mit Rassismus konfrontiert. Etwa wenn er in die Reitschule in den Ausgang geht. «Es gab Zeiten, da wurde ich bei der Schützenmatte zweimal pro Monat von der Polizei kontrolliert. Das ist nichts anderes als struktureller Rassismus», sagt der Juso-Politiker zu watson. Wenn er alleine nach Hause läuft, hat er oft ein mulmiges Gefühl im Bauch. Darum geht er jetzt immer zusammen mit einem weissen Kollegen auf den Heimweg. «Es ist schon mega traurig, dass das sogar in einer kunterbunten Stadt wie Bern nötig ist.»
Im Alltag ist Abdirahim immer wieder mit passivem Rassismus konfrontiert. Er selbst spricht von «Mikro-Aggressionen». Etwa wenn er mit dem Zug unterwegs ist und er abwertende Blicke von älteren Damen kassiert. «Es passiert sogar, dass sich Leute aus dem Viererabteil entfernen, wenn ich mich dazusetze. Bloss, weil ich schwarz bin.»
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Auch wenn Abdirahim in der Stadt einkaufen geht, wird er vom Personal anders behandelt als weisse Menschen. Verkäuferinnen sprechen ihn in den Geschäften sehr oft auf Englisch an. «Wenn ich Deutsch spreche, sind sie dann mega erstaunt und machen mir für mein Berndeutsch Komplimente, obschon es ja meine Muttersprache ist.»
Als Juso-Stadtrat muss sich Abidrahim immer wieder «Schlötterlige» anhören. Etwa in den Kommentarspalten der lokalen Medien oder auf seinem Twitter-Profil. «Geh zurück, wo du herkommst. Hör auf zu jammern», seien noch die «netteren» Beiträge von Usern.
Die in Indien geborene Tabea Rai ist grundsätzlich froh, dass sie in Bern ein normales Leben führen kann. Die 26-Jährige ist jedoch immer wieder mit unterschwelligem Alltagsrassismus konfrontiert. Sie selbst bemerke dies oft gar nicht mehr, ihre weissen Freundinnen machen sie darauf aufmerksam, dass sie anders behandelt werde. Früher bekam sie etwa öfters Probleme, wenn sie gekaufte Kleider im Laden umtauschen wollte. «Trotz Quittung wurde mir vorgeworfen, dass die Artikel geklaut seien. Darum versuche ich das mittlerweile schon gar nicht mehr.»
Auch sie werde speziell behandelt, wenn sie im Zug unterwegs sei. «Bei Stichproben-Kontrollen im Zug muss ich oft als einzige mein Billett zeigen. Das kann kein Zufall sein», sagt die Jungpolitikerin, die für die Alternative Linke im Berner Stadtrat sitzt.
Rai ist ebenfalls schon in Polizeikontrollen geraten. Etwa als sie 2019 in einem Affenkostüm an die Fasnacht ging und auf das Tram wartete, ohne dabei die Maske zu tragen. Minuten zuvor wurde in der Nähe eine Person ausgeraubt. Dann fuhr ein Streifenwagen an ihr vorbei und machte kehrt. «Der Polizist stieg aus, fragte mich, was ich dort mache und lachte mich aus. Ich stand dort wie ein ‹kläpfter Aff›.»
Tabei Rai fühlt sich in Bern eigentlich sicher. Trotzdem verspürt sie «diffuse Ängste», die sie sich selbst nicht genau erklären kann. Ihr ist etwa sehr wichtig, dass ihre Wohnadresse nicht öffentlich wird. Dann und wann werde ihr bewusst, dass sie gegen aussen nicht so schweizerisch sei, wie sie sich selbst fühle. «Immer wieder fragen mich Leute, woher ich komme. Erst dann wird mir richtig bewusst, dass ich eben doch anders bin.»
Früher waren es die “Tschingge“, dann die “Yugos“ und heute die Araber oder wieder Menschen anderer Couleur.
Geändert hat sich aber die Institutionalisierung durch die ideologisierte Politik vor allem einer Partei, die dies in gewissen Kreisen auch noch gesellschaftsfähig gemacht hat, ganz unter dem Motto “Das darf man ja noch sagen“.
Wie immer unter dem Motto:
Ich bin kein Rassist, aber...