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Das nennt man wohl eine «geheime Kommandosache»: Unter dem Codenamen «007» soll Christoph Blocher bei verschiedenen Druckereien Offerten eingeholt haben. Dies berichtet das Magazin «Schweizer Journalist» in seiner aktuellen Ausgabe. Dahinter verbirgt sich ein Plan mit Zündstoff: «Agent» Blocher arbeitet demnach an der Lancierung einer Gratis-Sonntagszeitung.
Dabei will der SVP-Übervater angeblich mit der grossen Kelle anrichten: Mit einer Auflage von 500'000 Exemplaren und einem Umfang von 64 Seiten wäre die neue Zeitung ein Grossangriff auf die bezahlten Sonntagsblätter. Markus Somm, Autor einer Blocher-Biographie und derzeitiger Chefredaktor der «Basler Zeitung», soll die publizistische Leitung übernehmen.
Wie ernst ist es Christoph Blocher mit seinen ambitionierten Plänen? Der «Schweizer Journalist» zitiert ihn mit der Aussage: «Ich würde es gerne noch erleben, eine Pressestimme in der ganzen Deutschschweiz zu haben.» Das allerdings ist keine Neuigkeit. Blocher träumt seit Jahren davon, sich und der SVP eine stärkere Präsenz in der Schweizer Medienszene zu verschaffen.
Obwohl Blocher ein Dauergast in den Medien ist, lästerte er bei jeder Gelegenheit über ihre angeblich uniforme und linkslastige Berichterstattung. Als Bundesrat und Gastredner warf er 2004 am Jahrestreffen der Schweizer Verleger den Medien fehlende Meinungsvielfalt und übertriebene Staatsnähe vor: «Einige Themen werden tabuisiert, abweichende Meinungen kriminalisiert.»
Wiederholt hat Christoph Blocher aktiv versucht, in der Presselandschaft Fuss zu fassen. Mit überschaubarem Erfolg. So übernahm er 1986 als SVP-Nationalrat und Eigentümer der Ems Chemie das serbelnde «Bündner Tagblatt», um es als rechtsbürgerliche Konkurrenz zur «Bündner Zeitung» (der heutigen «Südostschweiz») von Verleger Hanspeter Lebrument zu positionieren.
Der Markt in Graubünden erwies sich jedoch als zu klein für zwei Tageszeitungen. Nachdem er zehn Jahre lang Millionendefizite gedeckt hatte, trat Blocher das «Bündner Tagblatt» 1996 faktisch an Lebrument ab, der heute beide Zeitungen unter einem Dach herausgibt. Einzig bei der Wahl des «Tagblatt»-Chefredaktors konnte sich Blocher ein Mitspracherecht sichern.
In den 90er Jahren nahm Blocher Einsitz im Verwaltungsrat der Medien Z in Zürich, deren Volksmusiksender Radio Eviva danach die Albisgüetli-Tagung der SVP live übertrug. 2010 übernahm er die Mehrheit der Lobster Studios, einer Filmproduktionsgesellschaft Schlieren. Beide Engagements sorgten in der Öffentlichkeit für wenig Resonanz.
Seine nächste grosse Übernahme startete der SVP-Vordenker auf einem heiklen Terrain: 2010 kauften der Anwalt Martin Wagner und der Tessiner Financier Tito Tettamanti die «Basler Zeitung». Blochers Robinvest AG hatte ein Beratungsmandat. Kurz darauf trat der am Rheinknie populäre Crossair-Gründer Moritz Suter als Verleger auf. Die Ernennung von Blocher-Biograph Markus Somm zum Chefredaktor sorgte jedoch von Beginn an für Misstrauen.
Schliesslich liess Blocher die Maske fallen, er übernahm die «BaZ». Sein Engagement und Somms strammer Rechtskurs sorgten für einen Exodus der Leserschaft. Trotzdem gilt die «BaZ» heute als profitabel, nachdem sie die hoch defizitäre Druckerei abstossen konnte. Publizistisch aber war Blochers Einstieg ein Reinfall. Weder konnte er die «Basler Zeitung» als Titel mit nationaler Ausstrahlung positionieren, noch gelang es ihm, das linkslastige Basel auf eine bürgerlichere Linie zu bringen.
Überschaubar ist auch der Erfolg seines Online-Kanals «Teleblocher». Er wird höchstens von seinen Hardcore-Fans angeklickt – und von Journalisten der Sonntagspresse, die sich die Plauderei mit Matthias Akeret antun, in der meist vergeblichen Hoffnung auf ein knackiges Quote. Unklar ist, wie weit Blocher beim gescheiterten Versuch involviert war, seinen Intimus Somm als Chefredaktor der NZZ zu installieren. Er selber hat eine Beteiligung stets dementiert.
Als publizistischen Erfolg könnte man allenfalls die «Weltwoche» verbuchen, die es immer wieder schafft, für mächtigen Wirbel zu sorgen. Wobei Blocher zumindest offiziell nie an ihr beteiligt war. Es ist jedoch alles andere als ein Geheimnis, dass zwischen ihm und «Weltwoche»-Chef Roger Köppel eine starke Symbiose besteht.
Mit einer eigenen Sonntagszeitung würde Christoph Blocher tatsächlich in neue mediale Sphären vorstossen. Ein solches Unterfangen wäre allerdings mit beträchtlichen Kosten verbunden, die auch für eine Person mit seinen tiefen Taschen nicht ohne Weiteres zu stemmen wären. Blocher selbst bezifferte sie gegenüber dem «Schweizer Journalist» auf mindestens 100 Millionen Franken und fügte an: «Das ist für einen wie mich eine Schuhnummer zu gross.»
Aufhorchen lässt auch eine Aussage von Rolf Bollmann, Verwaltungsratspräsident der «Basler Zeitung» und angeblicher Projektleiter des Sonntagsblatts. «Ich kann nur bestätigen, dass wir eine neuartige Idee für den Sonntagsmarkt in der Schublade haben», sagte er dem «Schweizer Journalist». Der Begriff Schublade ist mehrdeutig. Tatsache ist, dass die «BaZ» 2012 eine eigene Sonntagsausgabe gestartet und mangels Erfolg nach nur einem Jahr wieder eingestellt hatte.
Gerüchten zum Trotz: Verkauf oder Tausch von BZ und Zürcher Regionalzeitungen ist kein Thema #schweizerjournalist https://t.co/JZ1KRvvJHL
— Christoph Zimmer (@christophzimmer) August 3, 2016
Neben dem Sonntagsprojekt soll Blocher an einem weiteren Plan arbeiten. Angeblich will er die «Basler Zeitung» an den Tamedia-Verlag abtreten und im Gegenzug dessen Zürcher Landzeitungen übernehmen. Publizistisch würde eine solche Transaktion wenig Sinn ergeben, denn in den ländlichen Gebieten des Kantons Zürichs hat die SVP schon heute ein dominante Stellung. Tamedia betont, ein Verkauf oder Abtausch der Regionalzeitungen sei kein Thema.
Es bleibt fraglich, ob sich Blochers Träume erfüllen lassen. Dabei ist die von ihm beklagte Linkslastigkeit der Journalisten zunehmend ein Mythos. Viele Zeitungen sind in den letzten Jahren aufgrund stetig schrumpfender Auflagen nach rechts gerückt in der Hoffnung, damit neue Leserschichten zu erschliessen. «Schweizer Journalist»-Chefredaktor Kurt W. Zimmermann hat dies kürzlich in seiner Kolumne in der «Weltwoche» selbst konstatiert: «Die These vom linken Medien-Mainstream hat ausgedient. Die wichtigen Redaktionen sind nun bürgerlich.»