Vor den Tücken der Videokonferenz bleiben die Mächtigen dieser Welt nicht verschont. Am virtuellen Klimagipfel, zu dem US-Präsident Joe Biden am letzten Donnerstag geladen hatte, wurde das Statement des französischen Staatschefs Emmanuel Macron «abgewürgt». Der russische Präsident Wladimir Putin, der nach ihm reden sollte, war sichtlich verwirrt.
Die Panne sorgte für Spott im Netz. Dabei war es ein Erfolg, dass die Oberhäupter der 40 Länder mit dem grössten Ausstoss an Treibhausgasen teilnahmen und sich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens bekannten. Dazu gehörten auch Putin und Chinas Präsident Xi Jinping, trotz ihres schwierigen Verhältnisses zu Gastgeber USA.
A uniquely 2021 moment in Zoom diplomacy at the Climate Summit as a tape of President Macron inadvertently cut over midway to President Putin pic.twitter.com/wEt7WOwCij
— Betsy Klein (@betsy_klein) April 22, 2021
Joe Biden hatte in seiner Eröffnungsrede die Richtung vorgegeben. Sein Vorgänger Donald Trump war aus dem Pariser Abkommen ausgetreten. Der neue Präsident machte diesen Entscheid am ersten Arbeitstag rückgängig. Am Donnerstag versprach der Staatschef des weltgrössten «Klimasünders», die CO2-Emissionen bis 2030 mindestens zu halbieren.
Bis zur Umsetzung ist es ein weiter Weg. Präsident Biden wird im US-Kongress einige Überzeugungsarbeit leisten müssen, auch bei skeptischen Demokraten. Die anderen Staats- und Regierungschefs haben ebenfalls primär Versprechungen gemacht. Der indische Ministerpräsident Narendra Modi wollte gar keine konkreten Ziele angeben.
Den Vogel abgeschossen hatte einmal mehr der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro. Er versprach ein Ende der illegalen Abholzung im Amazonasgebiet bis 2030, obwohl dies nach Ansicht von Klimaschützern sofort geschehen müsste. Schon einen Tag später kürzte Bolsonaro das Budget des Umweltministeriums, statt es wie versprochen zu erhöhen.
Klimastreik-Ikone Greta Thunberg bewertete das Resultat des Klimagipfels nicht unerwartet als «viel zu lasch». Positiver äusserte sich der WWF: Die Ergebnisse des Gipfels seien «ein enorm wichtiger Beitrag zur globalen Antwort auf die Klimakrise», liess sich Manuel Pulgar-Vidal, Leiter Klima und Energie beim WWF International, in einer Mitteilung zitieren.
Sein Schweizer «Pendant» Patrick Hofstetter sieht es ähnlich: Das Bekenntnis der 40 grössten Verursacher von CO2-Emissionen zum Pariser Abkommen sei «ein totaler Glücksfall für ein kleines Land wie die Schweiz», sagte er im Gespräch mit watson. Und ein wichtiges Signal im Hinblick auf die Abstimmung über das CO2-Gesetz am 13. Juni.
Die Schweiz war am Gipfel vom Donnerstag – dem globalen Earth Day – nicht vertreten. Die zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga nahm dafür am Freitag an einem Roundtable des US-Klimadelegierten John Kerry teil. Dabei begrüsste sie die Rückkehr der USA in das Pariser Abkommen sowie das neue Klimaziel von Präsident Biden.
«Die Schweiz setzt zur Stärkung des Klimaschutzes auf das CO2-Gesetz», heisst es in einer Mitteilung des Departements UVEK. WWF-Klimaexperte Patrick Hofstetter glaubt, dass der Volksentscheid vom 13. Juni eine umgekehrte Signalwirkung haben kann: «Es ist die weltweit erste und für lange Zeit einzige Volksabstimmung zum Pariser Klimaziel.»
«Ein Ja wäre ein wunderbares Signal an andere Länder», ist Hofstetter überzeugt. Bei einem Nein müsse man hoffen, dass die Welt nicht zu genau hinschaue. Ein Nein führe dazu, dass für den Klimaschutz viel Zeit und Dynamik verloren gehe. Während sich etwa die EU ebenfalls letzte Woche auf eine Reduktion der Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 geeinigt hat.
Joe Biden will sein Klimaziel nicht zuletzt mit wirtschaftlichen Argumenten durchbringen. Der grüne Umbau der US-Wirtschaft könne «Millionen gut bezahlter Jobs» schaffen, hatte der Demokrat bereits im Wahlkampf argumentiert. Auch Patrick Hofstetter betont die Chancen, die sich für die Schweiz bei einem Ja zum CO2-Gesetz eröffnen würden.
Aufgrund ihrer Bekenntnisse am Washingtoner Klimagipfel würden viele wirtschaftsstarke Länder in den nächsten Jahren Umwelttechnologie einkaufen wollen. «Dadurch entsteht ein riesiger Markt auch für die Schweiz», ist der WWF-Klimaexperte erzeugt. In den letzten Jahren allerdings habe sie in diesem Bereich an Terrain verloren, das dank dem neuen CO2-Gesetz wieder gut gemacht werden könne, sagt Hofstetter.
«Die Schweiz kann bei der Entwicklung neuer Technologien zuvorderst mit dabei sein. Dies sichert Arbeitsplätze», sagte auch Bundesrätin Sommaruga im Interview mit CH Media. Das CO2-Gesetz unterstütze die Unternehmen dabei. Die Klimapläne der US-Regierung seien «eine riesige Chance, die auch wir packen müssen», betonte Sommaruga.
Die nächsten Jahre würden für den Klimaschutz entscheidend sein, ist die UVEK-Chefin überzeugt. Die Staats- und Regierungschefs der grössten Verursacher haben letzte Woche eine Duftmarke gesetzt. Am 13. Juni wird man wissen, wie das Schweizer Stimmvolk auf dieses Ausrufezeichen der Mächtigen reagieren wird.
Ja zum CO2 Gesetz!
Ich bin aber schon etwas erstaunt, wie weit links er für US-Verhältnisse regiert. Mir soll's recht sein.