In mehreren Schweizer Städten haben am Samstag hunderte Personen gegen die Massnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus demonstriert.
Am meisten Menschen versammelten sich in Bern zu einer nicht bewilligten Kundgebung. Auf dem Bundesplatz und auf dem Bärenplatz in der Berner Innenstadt fanden sich mehrere hundert Menschen ein, unter ihnen auch zahlreiche Personen aus den Risikogruppen, sowie Familien und Kinder. Der Protest richtete sich vor allem gegen die Corona-Massnahmen, welche gegen die Grundrechte verstossen sollen.
Auch auf dem Sechseläutenplatz in der Stadt Zürich versammelten sich am Samstagnachmittag über hundert Menschen. Die Demonstranten forderten unter anderem die Aufhebung der Notstandsmassnahmen.
Auf dem Basler Marktplatz wollten rund hundert Personen auf die Grundrechte während der Coronakrise aufmerksam machen. Dabei teilten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in kleine Gruppen auf und hielten den Mindestabstand ein.
Erneute Anti-Lockdown-Demo in Bern. Und die Polizei so? @PoliceBern pic.twitter.com/BYERz7jYu9
— Adrian Müller (@mueller_adrian) May 9, 2020
Ansammlungen von mehr als fünf Personen sind gemäss der Covid-19-Verordnung des Bundesrats derzeit nicht erlaubt. Die grundrechtliche Umsetzung des Menschenansammlungs-Verbots ist nicht ganz unumstritten. So kam es auch zu unterschiedlichen Reaktionen von der Polizei vor Ort.
Die Übersicht zusammengestellt von der Nachrichtenagentur SDA bzw. aus Polizei-Medienmitteilungen:
Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause sagte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass er «irritiert» über das Verhalten der Demonstrierenden sei. «Aus epidemiologischer Sicht blutet mir das Herz.» Leute hätten sich umarmt und um die Vorschriften foutiert. Er gehe davon aus, dass es zu Neuansteckungen gekommen sei.
Nause steht in der Kritik wegen seiner Linie bezüglich einem angeblichen «Kundgebungsverbot». In einer Interview Anfang Woche sagte er, dass nach seiner Auslegung nicht mal eine einzelne Person mit einem Transparent durch die Stadt ziehen dürfe: «Weil sonst genau das passiert, was wir am Samstag gesehen haben. Plötzlich sind es 15, dann 35, dann 500 Personen. Das Verbot gilt absolut.» Berner Polizisten setzten dies um und tolerierten während der Parlamentssession nicht mal Kleinstdemos, bei der Mundschutz getragen und Abstand eingehalten wurde.
Irritiert zeigte sich auch der Zürcher SP-Kantonsrat Nicola Siegrist. Der Jungpolitiker wurde am 1. Mai von der Polizei weggewiesen, als er laut eigenen Aussagen sich ein Bild der Demonstrationen machen wollte. Dass nun über hundert Anti-Lockdown-Demonstrierende auf den Sechseläutenplatz schreiten durften, ärgert ihn, wie er auf Twitter schreibt.
Auf Anfrage von watson wirft er der Polizei vor, bei Kundgebungen «verschiedene Massstäbe anzusetzen»: «Bei Kleinstdemos mit Mundschutz und Abstand durch den Klimastreik oder am 1. Mai wird konsequent geräumt. Bei grossen Ansammlungen mit grossem Übertragungsrisiko schaut man 1,5 Stunden zu.»
Ich kämpfe dafür, dass Demos unter Einhaltung der Sicherheitsmassnahmen wieder durchgeführt werden.
— Nicola Siegrist (@Nicola_Siegrist) May 9, 2020
Wieso zur Hölle aber kassierte ich fürs beobachten letzte Woche eine Wegweisung, während diese "Corona-Rebell*innen" uns alle gefährden dürfen?? @StadtpolizeiZH @KarinRykart pic.twitter.com/0VfXJ6fap8
(sda/pit)
wo ist da die Logik bitteschön?