Schweiz
Coronavirus

Warum die Booster-Impfung einen Lockdown verhindern könnte

Tanja Stadler, Praesidentin der Nationalen Covid-19 Science Task Force, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur aktuellen Situation des Coronavirus, am Dienstag, 17. August 2021 in Bern. (KEYSTONE/ ...
Tanja Stadler, die Chefin der Corona-Taskforce des Bundes, wirbt für die Booster-Impfung. Bild: keystone

Warum die Booster-Impfung einen erneuten Lockdown in der Schweiz verhindern könnte

23.11.2021, 16:5323.11.2021, 16:55
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Die Drittimpfung wird immer wichtiger. Das zeigt auch das am Dienstag veröffentlichte wissenschaftliche Update der Corona-Taskforce des Bundes. «Der Booster ist ein sehr effizientes Werkzeug», sagte die Taskforce Chefin Tanja Stadler am Dienstag vor den Medien.

Die Drittimpfung schütze einerseits vor einem schweren Krankheitsverlauf und andererseits vor Ansteckungen. Vor allem ersteres sei momentan enorm wichtig, heisst es aus Bern. Die Fallzahlen stiegen weiter an und damit auch die Hospitalisierungen.

«Die Drittimpfung ist dringend notwendig. Damit können wir zwischen 10'000 bis 20'000 Spitaleinweisungen vermeiden», sagte Mathematikerin Stadler eindringlich am Dienstag.

Die zwei Schutzwirkungen der Booster-Impfung
1. Schutz vor schwerem Verlauf: Die Schutzwirkung der ersten zwei Impfungen nehmen im Laufe der Zeit ab. Bei älteren Menschen nimmt dieser Impfschutz nach einem halben Jahr deutlicher ab als bei jüngeren. Das Risiko für einen schweren Verlauf sinkt bei den Älteren auf rund 80 Prozent, bei den jüngeren Infizierten bleibt der Schutz mit über 90 Prozent hoch.

2. Schutz vor Ansteckung: Die Impfung schützt auch vor einer Ansteckung. Doch hier sind wissenschaftlich kaum Unterschiede beim Alter nachweisbar. Das heisst, dass sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Geimpften der Schutz nach sechs Monaten von weit über 90 auf 40 bis 60 Prozent absinkt.

Das rechnet auch die Taskforce in ihrem wissenschaftlichen Update vor:

«Wenn die meisten doppelt Geimpften eine dritte Impfdosis erhalten, bevor sie infiziert werden, könnten damit in der Schweiz rund 10’000-20’000 Hospitalisierungen bei Menschen über 70 Jahre verhindert werden. Alle noch nicht geimpften Menschen doppelt zu impfen, bevor sie infiziert werden, reduziert die Krankheitslast ebenfalls um 10’000 bis 20’000 Hospitalisierungen.»

Zusammengefasst heisst das: Die Booster-Shots verhindern, dass Menschen schwere Krankheitsverläufe haben und ins Spital müssen. Das führt auch dazu, dass das Gesundheitssystem vor einer Überlastung bewahrt wird. Und kann dies verhindert werden, braucht es auch keinen Lockdown.

90'000 Booster pro Tag wären nötig

Die Drittimpfung müsste dafür jedoch so schnell wie möglich verimpft werden. Auch hier rechnet Taskforce-Chefin Stadler vor: 90'000 Menschen müssten ab sofort täglich den Booster erhalten. Das entspricht der Impfkapazität vom Juni.

Doch soweit ist man in den Kantonen (noch) nicht. Das sagt auch Patrick Matyhs, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Nur 200'000 über 65-Jährige erhielten bislang einen dritten Stich.

Ausweitung steht bevor

Bis Ende November werde das BAG seine Empfehlungen auch für die Booster-Impfung aller über 16-Jährigen anpassen. Dies diene nicht in erster Linie dem Selbstschutz, sondern der Eindämmung der Weiterübertragung des Virus, so Mathys.

Zwar könnten nicht alle Kantone gleichzeitig mit der Drittimpfung für alle beginnen. Er gehe aber davon aus, dass der Booster «bereits in diesem Jahr in einer Grosszahl der Kantone zur Verfügung stehen wird».

Aber auch wenn in den kommenden Wochen die Anzahl Drittimpfungen hochgeschraubt wird, um strengere Massnahmen wird die Schweiz nicht herumkommen. Darauf weist auch Taskforce-Chefin Tanja Stadler hin: «Kurzfristig reichen Impfungen nicht aus, um den Anstieg der Fallzahlen zu bremsen.» Es seien weitere Massnahmen nötig, wie beispielsweise das Tragen einer Maske in Innenräumen (trotz 3G-Regel), regelmässiges Lüften und das Reduzieren von Kontakten. «Es sind die kleinen Dinge, die wir jetzt tun können», so Mathys vom BAG.

(ohe/sda)

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quelle: keystone / urs flueeler
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114 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fairness
23.11.2021 17:21registriert Dezember 2018
Wie konnte man das Boostern bloss dermassen verschlafen? Seit Mitte Jahr war bekannt, dass es notwendig ist. Echt unverantwortlich!
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Vision2060
23.11.2021 17:33registriert April 2021
Das mit dem booster wusste man schon im Sommer. Meine Frage ist, warum wurden die impfkapazitäten in den Kantonen herunter geschraubt.? Um Kosten einzusparen? Das was jetzt passiert, kostest uns ein Vielfaches…
Die impfwoche war ein Flop. Wurden aber 300 mio. bereitgestellt, anstatt die boosterimpfung zu priorisieren. Nach 2 Jahren Pandemie ist man immer noch am beobachten und dann zu spät am reagieren anstatt endlich zu agieren. Zusätzlich immer wieder das politische Taktieren und Zögern wegen Stimmen die man verlieren könnte. Eine Pandemie kann man nicht politisch beherrschen.
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Harri Hirsch
23.11.2021 18:11registriert September 2015
Es wird von den Kantonen jetzt plötzlich mit den Kosten argumentiert. Bloss, jeder verhinderte IPS-Aufenthalt würde vermutlich mehr kosten als eine 4-stellige Anzahl Boosterimpfungen. Und von den Spitalkosten berappen die Kantone ja dann auch 55%.
Es wird wieder einmal am falschen Ort ‚gespart‘!
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