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Corona-Virus: Kantönligeist bei Veranstaltungen sorgt für Kritik

Kantönligeist bei Verbot von Veranstaltungen sorgt für Kritik – so regeln's die Kantone

Manche Kantone verbieten wegen des Virus auch kleinere Veranstaltungen. Die Stadt Chur untersagt sogar grundsätzlich alle Anlässe ab 50 Personen. Die Situation sei unübersichtlich, sagt Swiss Olympic, der Dachverband des Schweizer Sports. Das soll sich nun ändern.
02.03.2020, 05:31
Maja Briner / ch media
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Im Zeichen des Corona-Virus: Während im Fussball alle Partien abgesagt wurden, spielten die Eishockeyaner wie hier Davos gegen Rapperswil unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Betroffen von den Veranstaltungs-Einschränkungen ist aber nicht nur der Spitzensport.Bild: KEYSTONE

Das Corona-Virus wirbelt die Freizeitpläne vieler Schweizer gehörig durcheinander. Die Basler Fasnacht und der Genfer Autosalon wurden abgesagt, Fussballspiele verschoben – auf Anordnung des Bundesrats. Betroffen sind jedoch nicht nur Grossanlässe.

Der Bundesrat hat zwar einzig Veranstaltungen mit über 1000 Personen verboten. Für kleinere Anlässe spielte er den Ball aber den Kantonen zu. Zusammen mit den Veranstaltern müssen sie eine Risikoabwägung durchführen. Dazu hat sie der Bundesrat am Freitag verpflichtet.

Die Kantone reagierten unterschiedlich darauf: Manche erliessen bereits restriktive Vorgaben, andere sehen es weniger eng. Anders gesagt: Der Kantönligeist griff innert Kürze um sich. Das weckt Kritik. Und da teilweise auch kleinere Anlässe verboten werden, sind in manchen Kantonen plötzlich ganz viele Veranstaltungen gefährdet. So wurde im Thurgau etwa die Mitgliederversammlung eines Quartiervereins untersagt.

Und was ist mit dem Kinder-Fussballturnier?

Das bekommen auch viele Hobbysportler im Land zu spüren. Denn der Breitensport ist ebenfalls betroffen. Der Schweizerische Fussballverband etwa hat alle Spiele vom Wochenende verschoben – auch jene in den unteren Ligen. Und schweizweit stellen sich den Sportvereinen Fragen wie: Ist ein Kinder-Fussballturnier mit einigen hundert Teilnehmenden und Zuschauern noch erlaubt? Wie steht es mit dem Volleyballverein, der in einer Halle drei Spiele gleichzeitig austragen lässt?

«Es herrscht eine Verunsicherung, wie die unterschiedlichen Regelungen umgesetzt werden sollen», sagt Roger Schnegg, Direktor von Swiss Olympic, dem Dachverband des Schweizer Sports. «Für uns ist es aktuell schwierig, weil je nach Kanton – und teilweise sogar je nach Gemeinde – unterschiedliche Regelungen gelten», sagt er. «Das macht die Situation unübersichtlich und entsprechend anspruchsvoll.»

Roger Schnegg, Direktor von Swiss Olympic spricht anlaesslich des traditionellen Mediengespraech von Swiss Olympic ueber die Olympischen Jugendspiele 2020 in Lausanne, Olympische Spiele 2020 in Tokio  ...
Roger Schnegg, Direktor von Swiss Olympic.Bild: KEYSTONE

«Föderalismus stösst an seine Grenzen»

Es geht um eine grosse Anzahl an Anlässen. 15'000 bis 20'000 Meisterschaftsspiele finden laut Schnegg über alle Sportarten hinweg an einem durchschnittlichen Wochenende statt. Die grosse Anzahl an Sportanlässen bedeutet auch: Fragen alle betroffenen Vereine bei den Behörden nach, werden diese mit Anfragen überrannt.

Und es geht nicht nur um die Matches: «Auch bezüglich Trainings stellt sich die Frage, ob diese in jedem Fall noch möglich sind», sagt Schnegg. «Teilweise sind die Regelungen derart streng, dass es faktisch ein Veranstaltungsverbot gibt.» Beispiel Chur: Dort sind alle Veranstaltungen ab 50 Personen untersagt.

Schnegg betont: «Wir haben Verständnis für das föderale System.» Dieses sei im Normalfall gut. «Jetzt stösst es aber an seine Grenzen. Es wäre einfacher für den Sport, wenn es eine national einheitliche Regelung gäbe.»

Richtlinien sollen Mitte Woche vorliegen

Das sehen auch die Behörden so. Sie sind daran, Kriterien für Anlässe mit unter 1000 Personen zu erarbeiten. Derzeit können die Kantone zu einem Vorschlag des Bundes Stellung nehmen. Die Richtlinien sollen bis spätestens Mitte Woche vorliegen, heisst es bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK).

«Eine einheitlichere Regelung ist im Interesse aller ...»

... sagt GDK-Generalsekretär Michael Jordi. Dass dies bisher nicht der Fall sei, liege an der fehlenden Zeit. «Wir wurden etwas überrascht von der Geschwindigkeit», erklärt er. «Der Bundesrat hat – zurecht – rasch entschieden; die Veranstalter wollten danach rasch wissen, was Sache ist.» Nun müsse man im Nachhinein die Richtlinien festlegen und für mehr Einheitlichkeit sorgen.

Ein Knackpunkt ist die Frage, wie eng die Vorgaben für die Kantone sein sollen. «Es ist eine Gratwanderung», sagt Jordi: «Einerseits sollen die Kantone einen gewissen Spielraum haben, da je nachdem unterschiedliche Regelungen durchaus sinnvoll sein können. Andererseits geht es um die Gleichbehandlung.» Erschwerend kommt hinzu, dass bei der Risikoabschätzung nicht nur die Zahl der Teilnehmenden ausschlaggebend ist. Eine Rolle könnte zum Beispiel auch spielen, ob viele ältere oder chronisch kranke Personen an einem Anlass teilnehmen.

Swiss-Olympic-Direktor Schnegg ist erfreut darüber, dass der Bund zusammen mit der GDK Richtlinien erarbeiten will. «Dann wissen die Verbände und Vereine, woran sie sind.»

So regeln es die Kantone

  • Aargau: Für Veranstaltungen ab 150 Personen gilt eine Bewilligungspflicht.
  • Appenzell Ausserrhoden: Der Kanton empfiehlt eine Absage, wenn mehrere Hundert Personen zusammenkommen.
  • Appenzell Innerrhoden: Veranstalter sollen sich beim Kanton für eine Risikoabschätzung melden.
  • Basel-Landschaft: Ab 200 Personen entscheiden die Behörden.
  • Basel-Stadt: Ab 200 Personen braucht es eine Genehmigung durch den Kanton.
  • Bern: Die Veranstalter müssen nachweisen, dass keine Personen anwesend sind, die sich in Risikogebieten aufgehalten haben. Die Kontaktdaten aller Besucher müssen erfasst werden.
  • Glarus: Veranstaltungen mit unter 1000 Personen können stattfinden, solange es im Kanton keine Corona-Fälle gibt.
  • Graubünden: Veranstalter müssen mit den Behörden eine Risikoabwägung zu machen.
  • Graubünden: Veranstalter müssen mit den Behörden eine Risikoabwägung zu machen.
  • Luzern: Alle Veranstaltungen müssen dem Kanton gemeldet werden. Dieser entscheidet über die Durchführung.
  • Nidwalden: Veranstalter können für eine Risikobeurteilung mit dem Gesundheitsamt Kontakt aufnehmen.
  • Obwalden: Die Organisatoren müssen mit den Behörden Kontakt aufnehmen für eine Risikobeurteilung.
  • Schaffhausen: Anlässe mit weniger als 1000 Personen können durchgeführt werden, sofern keine offiziellen Teilnehmern aus Risikogebieten dabei sind.
  • Schwyz: Veranstaltungen mit weniger als 1000 Personen können bis auf weiteres durchgeführt werden.
  • Solothurn: Für Veranstaltungen ab 100 Personen empfiehlt der Sonderstab eine «restriktive Risikoabwägung». Der Veranstalter ist verpflichtet, mit dem Kanton Rücksprache zu nehmen.
  • St. Gallen: Veranstaltungen mit weniger als 1000 Personen dürfen durchgeführt werden, wenn der Veranstalter sicherstellt, dass keine Personen aus Risikogebieten teilnehmen.
  • Thurgau: Anlässe werden vom Kanton in Absprache mit den Veranstaltern beurteilt.
  • Uri: Veranstaltungen müssen dem Kanton zur Beurteilung gemeldet werden.
  • Zug: Veranstaltungen mit mehr als 200 Personen müssen vom Kanton bewilligt werden.
  • Zürich: Derzeit gibt es keine kantonalen Regeln. Anfang Woche will der Kanton eine Weisung dazu erlassen.

(aargauerzeitung.ch)

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18 Kommentare
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Töfflifahrer
02.03.2020 08:38registriert August 2015
Aber pendeln in der ÖV ist nach wie vor kein Thema?
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