Der Krieg in der Ukraine wird in der Schweizer Medienlandschaft relativ eindeutig beurteilt. Bis auf wenige Ausnahmen ist der Tenor klar: Verantwortlich für den Krieg ist Russland und dessen Machthaber Wladimir Putin. Kaum ein Medium bringt Verständnis für den russischen Präsidenten auf.
In der breiten Bevölkerung ist das Bild nicht ganz so klar: Vor allem die jüngeren Generationen sympathisieren mit Putin und der russischen Seite. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Tamedia-Zeitungen.
Dabei wurden 12'437 Personen verschiedenen Alters zum Krieg befragt. Während fast alle Personen angaben, den Krieg zu verurteilen, sagten in der Alterskategorie der 18- bis 34-Jährigen über ein Drittel der Befragten, dass sie Putins Motive verstehen. Bei den 35- bis 49-Jährigen sind es 28 Prozent, bei den über 65-Jährigen nur noch 14 Prozent.
Mehr Verständnis für Putin und Russland haben die Jungen auch in Ländern wie Frankreich, Grossbritannien oder der USA. Gemäss einer Umfrage von «The Economist» gaben im März in den Vereinigten Staaten 92 Prozent aller über 64-Jährigen an, dass sie mehr mit der Ukraine sympathisieren würden als mit Russland. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen beträgt dieser Wert nur rund 56 Prozent.
Grund für diese Diskrepanzen dürfte der veränderte Medienkonsum der jüngeren Generationen sein. Über den Zeitraum der letzten zehn Jahre haben publizistische Angebote kontinuierlich an Bedeutung verloren. Jugendliche lesen immer weniger Zeitungen und Zeitschriften – sowohl online als auch in gedruckter Version. In den sozialen Medien bewegen sich hingegen fast alle Jugendliche. Das geht aus der «JAMES»-Studie aus dem Jahr 2020 hervor. Seit 2010 bilden die Studien den Medienumgang von Jugendlichen in der Schweiz ab.
Das Problem dabei: «Jugendliche sind in den sozialen Medien vielen unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt – eben auch den Lügen der gut funktionierenden russischen Propaganda», sagt der Zürcher Politologe Michael Hermann gegenüber den Tamedia-Zeitungen.
Gerold Brägger, Erziehungswissenschaftler und Geschäftsführer der Lernplattform «IQES online», ist gleicher Meinung: «Wir stehen vor dem grossen Problem, dass viele Jungen keine Qualitätsmedien mehr konsumieren und sich höchstens noch über die sozialen Medien informieren. Diese Newsabstinenz führt genau zu dieser Anfälligkeit für Propaganda, wie wir sie von russischer Seite momentan sehen.»
Um diesem Trend etwas entgegensetzen zu können, bräuchte es ein Verständnis dafür, welchen Informationen man trauen könne und welchen nicht, sagt Brägger. «Aber es fehlt bei vielen schlicht und einfach an der Medienkompetenz.» Dabei wäre es gerade in der Schweiz mit ihrer direkten Demokratie elementar, diese zu fördern.
Gefragt wären hier die Schulen, um die nötige Medienkompetenz zu vermitteln. Mit der Einführung des Lehrplans 21 sollten Schülerinnen und Schüler auf die digitalisierte Welt vorbereitet werden. Dafür wurde das Modul «Medien und Informatik» geschaffen. Darin enthalten sind sowohl die technische Anwendungskompetenz – also wie man mit Computern und Co. richtig umgeht – als auch die inhaltliche Medienkompetenz.
In welchem Umfang dieses Modul in den Schulen der Schweiz gelehrt wird, ist von Kanton zu Kanton verschieden. Während beispielsweise in den Kantonen Nid- und Obwalden nur in den Schuljahren neun bis elf insgesamt zwei Wochenlektionen für Medien und Informatik vorgesehen sind, besuchen Schülerinnen und Schüler im Kanton Solothurn vom fünften bis zum elften Schuljahr die eigens dafür geschaffene Wochenlektion in Medien und Informatik.
Ein anderes, vielleicht viel grösseres Problem, sind die Lehrmittel. «Es gibt in den Schulen nur Lehrmittel, die im Rückgriff auf vergangene Zeiten Themen bearbeiten», sagt Gerold Brägger. «Dabei sagen wir bereits seit zehn Jahren, dass wir Lehrmittel mit authentischen, aktuellen Medieninhalten in den Schulalltag integrieren müssen». Die jetzigen Unterrichtsmaterialien seien viel zu sehr auf die technische Anwendungskompetenz fokussiert. «Die Jugendlichen haben jedoch bereits intuitiv eine sehr starke technische Anwendungskompetenz. Bei der inhaltlichen Medienkompetenz kann man das nicht behaupten.»
Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft «fög» der Universität Zürich hat «IQES online» deswegen ein Medienkompetenzprojekt namens «CHECK News» ins Leben gerufen. Dieses Open-Source-Projekt ist für alle Schulen zugänglich und bietet qualitativ hochwertige Lernumgebungen mit aktuellen Medienbeiträgen an, mit dem Ziel, dass die Schülerinnen und Schüler professionelle Medienangebote zu schätzen lernen und sich mit aktuellen, für sie bedeutsamen Inhalten auseinandersetzen können.
Weniger kritisch sieht es Dagmar Rösler, die oberste Lehrerin der Schweiz. Sie glaubt nicht, dass es den jungen Leuten an Medienkompetenz fehle. «Sie bewegen sich natürlich sehr oft in den sozialen Medien. Aber in den Schulen setzt man sich sehr intensiv mit dem Thema Medienkompetenz auseinander», sagt die Zentralpräsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz.
Wie die Informationen in den sozialen Medien einzuordnen sind oder wie man qualitativ hochwertigen Journalismus erkenne, habe einen hohen Stellenwert an den Schulen, so Rösler. «Es wird viel dafür getan, dass die Schüler lernen zu erkennen, dass nicht alles, was man liest und hört, auch stimmt.»
Die Medienkompetenz zu fördern wäre jedoch nicht der einzige Weg, die heutige Jugend vor dem Abdriften in alternative Weltanschauungen zu bewahren. Man könnte sich auch der Wurzel des Problems annehmen: den grossen Techkonzernen.
«Man müsste die sozialen Medien mehr in die Verantwortung nehmen», findet Erziehungswissenschaftler Gerold Brägger. Die grossen, globalen Medienkonzerne wie Facebook oder TikTok hätten billigen Content, den sie kostenlos kriegen. Sie profitieren von den kostenlosen Inhalten der Nutzer und den journalistischen Medien. «Und dabei machen sie keine Qualitätskontrollen. Und wenn doch, dann sind das höchstens Alibi-Übungen», sagt Brägger.
Das werde sich auch nicht ändern, weil das Geschäftsmodell von Social Media durch Algorithmen hergestellte Emotionalisierung und Polarisierung sei, mit dem Ziel, User möglichst lange bei der Stange zu halten. «Was dieser Situation Abhilfe schaffen könnte, wäre eine Digitalsteuer, mit welcher der Qualitätsjournalismus quer finanziert wird.» Die viel beschworene Selbstverantwortung funktioniere offensichtlich nicht. «Die Techgiganten sind hochraffinierte Propagandamaschinen, welche unsere Demokratie gefährden und unsere Schulen vor ganz neue anspruchsvolle Aufgaben stellen.»
Trotzdem ist er ein elender Kriegsverbrecher.
Verstehen ist nicht gleich gutieren.
Bei Putin muss man definitiv hinterfragen. Der Typ ist wie Hitler krank im Kopf, das sehen aber nicht alle... insbesodere Junge, die in einer unbesorgten Zeit aufgewachsen sind, höhren immer noch zu, wo wir ältere halt schon lange das Muster erkannt haben.